Zichorie: eine "biologische Fabrik"

Mit Unterstützung von The European Commission
Zichorie: eine "biologische Fabrik"
Von Claudio Rosmino
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Ein EU-Projekt züchtet neue Sorten für medizinische Zwecke.

**Chicorée oder auch Zichorie ist nicht nur eine essbare Pflanze, sondern auch eine Quelle von Ballaststoffen, die für die Gesundheit und die Herstellung von Medikamenten nützlich sind. Für diese Verwendung wird Chicorée in Europa mehr und mehr angebaut. Thema dieser Folge von Futuris. **

Chicorée - gut für die Gesundheit

"Viele kennen Chicorée als essbare Pflanze oder Kaffeeersatz, aber aus seiner Wurzel werden auch Fasern gewonnen, die wichtig und nützlich für unsere Gesundheit sind", erklärt euronews-Reporter Claudio Rosmino. "Deshalb arbeiten Wissenschaftler daran, durch kleine Veränderungen an seiner DNA neue Sorten herzustellen."

Chicorée ist eine robuste Pflanze, die bereits vor 5000 Jahren in Ägypten als Heilpflanze angebaut wurde. Die Wurzel dient auch zur kommerziellen Produktion von Inulin, das Nahrungsmitteln als Ballaststoff und Süßstoff zugesetzt wird. Inulin wirkt auch als Präbiotikum und hat positive Auswirkungen auf den Darm und das Immunsystem.

Chicorée ist eine biologische Fabrik

An der niederländischen Universität Wageningen erforscht man neue Einsatzmöglichkeiten der Pflanze. Dirk Bosch ist Biochemiker und Projektkoordinator des europäischen CHIC-Projekts:

_"Chicorée ist eine biologische Fabrik, aus der man viele medizinischen Verbindungen herstellen kann: Medikamente und Fasern, die gut für die Gesundheit sind. Weniger bekannt ist, dass die Chicoréewurzel sogenannte Terpene enthält. Viele Terpene in der Natur haben eine heilsame Wirkung. Deshalb prüfen wir, ob die Terpene im Chicorée auch diese Wirkung haben, ob man sie für Medikamente verwenden und ob man die heilsame Wirkung dieser Terpene in den Wurzeln verstärken kann."
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Aktuell werden nur die Fasern extrahiert, die Terpene werden aufgrund ihres bitteren Geschmacks entfernt. Ziel des europäischen Forschungsprojekts CHIC ist, durch die Entwicklung neuer Chicorée-Sorten die medizinischen Eigenschaften zu nutzen. Die Wissenschaftler entwickeln neue Pflanzenzüchtungstechniken, die auf kleinen Veränderungen im Chicorée-Genom basieren.

"Wir verändern die Pflanzen genetisch und dann stimulieren wir sie, zuerst die Blätter und später das Wurzelgewebe herzustellen", erklärt Katarina Cankar, Forscherin an der Universität Wageningen.

Für die Veränderungen wird die CRISPR-Technik (Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) genutzt. Das Verfahren ist in der Landwirtschaft und der Humanmedizin weit verbreitet. Dabei wird die Pflanze nicht mit fremden genetischem Material verändert, sondern das Pflanzen-Genom an sich. Das EU-Projekt wird von einem Unternehmen unterstützt, das sich auf die Verbesserung von Nutzpflanzen durch Molekularzüchtung spezialisiert hat:

"Wir fügen nichts hinzu, wir mutieren die Pflanze bzw. wir verändern einen kleinen Teil der DNA, um Pflanzen mit positiven Eigenschaften zu produzieren", so Paul Bundock von KeyGene. _"Das ist eine moderne Art der Mutagenese-Technik, die es schon lange gibt. Aber mit den neuen Technologien können wir viel präziser und schneller arbeiten."
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Die Forscher untersuchen die Pflanzen-DNA, um zu überprüfen, ob die genetische Veränderung erfolgreich war. Und sie analysieren die Qualität der Terpenverbindungen in den Wurzeln:

"Anstatt nur eine Chicorée-Sorte zu haben, soll der Landwirt in Zukunft aus 20 Sorten diejenige aussuchen können, die gerade am Markt verlangt wird, was gerade an Antibiotika oder Fasern gebraucht wird", schaut Dirk Bosch in die Zukunft: "Der Landwirt kann dann die entsprechende Sorte anbauen, aus der das entsprechende Produkt extrahiert wird."

Vielfältiger Einsatz möglich

Die Terpene aus den Chicoréewurzeln können vielfältig eingesetzt werden: in Antibiotika, Hautcremes oder als natürliches Lebensmittelkonservierungsmittel. Die letzte Stufe vor der Vermarktung ist die Entwicklung eines Terpen-Extraktionsverfahrens.

Hinter dem CHIC-Projekt steht auch eine Kunst- und Wissenschaftsinitiative. Jill Scott und Marille Hahne forschen über den Geschmack, das molekulare Verhalten und die gesundheitlichen Vorteile der Chicorée-Pflanze. Das "Aftertaste Project" besteht aus drei Teilen: Eine interaktive skulpturale Installation, die auf dem Geruchs- und Geschmackssystem und molekularen Informationen basiert, eine öffentliche Verkostung und dem Dokumentarfilm "Chicory Unpacked". Ziel ist es, die Öffentlichkeit über die Zukunft der Lebensmittelproduktion und die Beziehung zwischen Biotechnologie und Landwirtschaft aufzuklären.

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