Wer ist Jeanine Áñez (52), die Morales-Nachfolgerin?

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Copyright REUTERS/Carlos Garcia Rawlins
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Von Kirsten Ripper mit AFP, Reuters
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Die Senatorin und Morales-Kritikerin hat in Bolivien den Amtseid als Präsidentin abgelegt.

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Kaum hatte der zurückgetretene Präsident Bolivien verlassen und in Mexiko Asyl bekommen, schon legte die konservative Anwältin und Senatorin Jeanine Áñez in La Paz den Amtseid als Interims-Staatschefin ab.

Aus der Region Beni

Bekannt war Jeanine Áñez zuvor vor allem als scharfe Kritikerin von Evo Morales. Sie ist eine ehemalige TV-Moderatorin und kommt aus Trinidad in der Region Beni, die sie im Senat vertritt.

Jeanine Áñez war von 2006 bis 2008 Mitglied der verfassunggebenden Versammlung, die die aktuelle Verfassung des Landes ausgearbeitet hat. Seit 2010 ist Jeanine Áñez, eine Politikerin der konservativen Partei "Plan Progreso para Bolivia-Convergencia Nacional" (PPB), Vizepräsidentin des Senats.

Wahlen versprochen

Die Interimspräsidentin hat Wahlen sobald wie möglich und vor dem 22. Januar versprochen.

Von Mexiko aus kritisiert Evo Morales seine Nachfolgerin und sprach vom "ausgetüftelsten und abscheulichsten Putsch der Geschichte".

In einer ihrer ersten Reden erklärte Jeanine Áñez, das Votum der Bolivianer werde nie wieder verfälscht werden. Und sie gedachte der sieben bei den Protesten gegen Evo Morales get¨öteten Bolivianern.

Auch die Wiphala anerkennen

Zudem sprach sie sich dafür aus, die von Evo Morales bevorzugte Wiphala als zweite Fahne Boliviens anzuerkennen. Ihre Rede hielt Jeanine Áñez vor beiden Fahnen. Die Wiphala ist die traditionelle Flagge der Andenvölker, jede der darin gezeigten Farben des Regenbogens hat eine besondere Bedeutung. Rot steht für die Erde und den Andenmenschen, Orange für Gesellschaft und Kultur, Gelb für Energie und Kraft, Weiß für Zeit und Veränderung, Grün für natürliche Ressourcen und Reichtum, Blau für den Kosmos, Violett für die Andenregierung und Selbstbestimmung.

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Jeanine Anez in La PazREUTERS/Carlos Garcia Rawlins

Morales-Gegner Luis Fernando Camacho

Hinter die Interims-Staatschefin hat sich Luis Fernando Camacho gestellt. Der Jurist und Unternehmer, den die BBC in Anspielung auf den Präsidenten im Nachbarland als "bolivianischen Bolsonaro" bezeichnet, kommt aus der zweitgrößten Stadt Boliviens Santa Cruz. Dort hat er versucht, die anderen Unternehmer hinter sich zu versammeln. Der 40-Jährige stand auch an der Spitze der Proteste gegen Evo Morales, deren Erfolg Luis Fernando Camacho jetzt auf Twitter feiert.

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Camacho feiert Anez - Wiphala schwenkend in La PazREUTERS/Carlos Garcia Rawlins

In seiner Jugend war Camacho in einer paramilitärischen Gruppe aktiv, die Jagd auf Indigene machte.

Seine Unterstützung für Morales' Gegenkandidaten Carlos Mesa hat der Geschäftsmann aufgegeben, weil dieser ein gemäßigter Konservativer ist. Luis Fernando Camacho hat eher extreme und fremdenfeindliche Ansichten. Einige bezeichnen ihn als "christlichen Faschisten". Kurz vor dem Rücktritt von Evo Morales war er am 10. November mit einer Bibel in den Präsidentenpalast gekommen und hatte diese dort auf eine bolivianische Flagge gelegt.

 Mehrere Abgeordneten von Evo Morales Partei MAS kritisieren die Übernahme der Interimspräsidentschaft durch Jeanine Áñez. In einem Radiointerview erklärte die MAS-Anhängerin Diana Vargas, weder Áñez noch Camacho repräsentieren uns, sie sind Rassisten.

Jeanine Áñez, die 52-Jährige Interimspräsidentin, ist geschieden und Mutter von zwei Kindern.

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