Die EU ist heute fast der einzige Geber für humanitäre Hilfe auf Mindanao.
Zwei Jahre nach der Schlacht um Marawi leben 66.000 Filipinos auf Mindanao noch immer in Notunterkünften, Zelten oder bei Verwandten. Fast 24.000 Schüler wurden aus ihrem Schulalltag gerissen. Nur ein kleiner Teil von ihnen geht wieder regelmäßig zur Schule. Bildungsprojekte für Kinder in Notsituationen in Marawi ist das Thema dieser Folge von Aid Zone.
Zahlen & Fakten
Im Mai 2017 startete die philippinische Regierung eine Offensive gegen IS-nahe Gruppen, die die Stadt Marawi eingenommen hatten. Der [Kampf dauerte fünf Monate und endete mit über 1000 Toten und 400.000 Vertriebenen](https://reliefweb.int/report/philippines/philippines-humanitarian-country-team-2019-marawi-humanitarian-response-early-0, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Mindanao-Displacement-Dashboard-Aug-2019.pdf). Aktuell sind über 80 Prozent der Vertriebenen zurückgekehrt, aber 66.000 leben immer noch in Notunterkünften, Zelten oder bei Verwandten.
Geisterstadt Marawi
Heute ist Marawis Altstadt immer noch eine Geisterstadt. Ganz Mindanao steht unter Kriegsrecht. In verschiedenen Teilen der Insel gibt es immer noch gewaltsame Zusammenstöße. Die IS-nahen Rebellengruppen wurden geschwächt. Sie sind aber noch immer aktiv und eine Bedrohung - und nicht nur als Graffiti auf zerschossenen Häusern präsent. Zwischen den verkohlten Moscheen und Gebäuden, die mit Kugeln und Granatsplittern übersät sind, wurde fast ein Drittel der siebzig Schulen in Marawi beschädigt oder zerstört.
Die euronews-Reporterin erkundet eine der 20 zerstörten Schulen, die während der Schlacht um Marawi schwer beschädigt wurden: "Von 24.000 vertriebenen Schülern hat nur ein kleiner Teil wieder regulären Unterricht", so Monica Pinna.
80 Prozent der vertriebenen Schüler lernen zuhause. Die 13-jährige Pao Pao gehört zu den 20 Prozent, die regelmäßig in die Schule geht - auch ein Mittel, um ihre Kriegstraumata zu überwinden.
"Während der Belagerung flogen die Kugeln durch das ganze Haus. Wir lagen auf dem Boden, um uns davor zu schützen. Ich hatte Angst und wusste nicht, wo wir sicher waren", erzählt das Mädchen. "Während der Kämpfe hatte ich Angst, dass ich vielleicht nicht mehr zur Schule gehen könnte, weil viele Schulen getroffen wurden. Die Schule gibt mir die Möglichkeit, zu lernen und mich zu verbessern."
Fast 550 Binnenvertriebene wurden an der Grundschule Angoyao am Rande von Marawi aufgenommen. Sie machen mehr als ein Drittel der Anmeldungen aus. Fast die Hälfte der Klassenkameraden aus Pao Paos sechster Klasse wurde wie sie vertrieben.
EU-Bildungsprojekte für Kinder in Notsituationen
Die Angoyao-Gundschule ist Teil eines Bildungsprojekts der NGO "Save the Children". Es wird mit Mitteln aus dem humanitären Hilfsbudget der EU finanziert. Kinder in Notsituationen auf der ganzen Insel Mindanao profitieren davon. Ein Projektziel ist, den Zugang zur Bildung zu verbessern.
"Wir bieten temporären Lernraum in fünf Schulen, um die wesentlichen Lernanforderungen für die Schüler zu erfüllen" , sagt Mykiel Patcho, Save the Children, Philippinen. "Sie sollen möglichst gleich wieder mit der Schule beginnen, obwohl es in der Region Konflikte gibt. Gleichzeitig haben wir Lehrern in zehn Schulen Fortbildungen ermöglicht."
Pao Pao lebt in der Notunterkunft Boganga. Dort sind 3500 Menschen untergebracht. Seit Beginn des Konflikt ist die Familie von Ort zu Ort gezogen. Die Schule in der Nähe zu haben, ist für die Mutter ein entscheidender Faktor:
Die 9-köpfige Familie lebt in einer winzigen Hütte. Aber über 50.000 Binnenvertriebene hausen immer noch bei Verwandten oder in Zelten. Auf der anderen Seite von Marawi liegt die Zeltstadt Sarimanok. Dort sind die Lebensbedingungen noch schwieriger. Oft können sich Eltern die Ausbildung ihrer Kinder nicht leisten. Aus diesem Grund hat sich die EU eingeschaltet, sie ist heute fast der einzige Geber für humanitäre Hilfe auf Mindanao.
"Die EU gibt die Hälfte ihres humanitären Hilfsbudgets für Bildung in Notsituationen hier auf Mindanao aus. Warum?", will Monica Pinna von der EU-Vertreterin für Humanitäre Hilfe wissen.
"Mehr als 120.000 Kinder sind von diesem Konflikt betroffen", erklärt Arlynn Aquino. "Sie sind entweder nicht in der Schule oder laufen Gefahr, wegen des Konflikts und seiner Folgen nicht zur Schule gehen zu können. Die Priorität der EU ist es, diese Kinder wieder an die Schule zu bringen und sie an der Schule zu halten. Wenn sie nicht an der Schule sind, gibt es viele andere Probleme, die ihnen passieren können."
Schulen in Konfliktgebieten sind sichere Zufluchtsorte und schützen vor Kinderarbeit, früher Heirat und einer Rekrutierung als Kindersoldat.