„Wir lassen uns nicht erpressen“ - so die EU in Richtung Erdogan

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Von Julika Herzog mit dpa
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Erdogan hatte am Samstag verkündet, die Türkei habe für die Flüchtlinge im Land die Grenzen zur EU geöffnet. Daraufhin machten sich viele Migranten auf den Weg.

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Erdogan hatte am Samstag verkündet, die Türkei habe für die Flüchtlinge im Land die Grenzen zur EU geöffnet. Daraufhin machten sich viele Migranten auf den Weg. Die Bilder – vor allem aus Griechenland - erinnern an die Szenen aus dem großen Flüchtlingssommer 2015: Menschen, die verzweifelt versuchen, in die EU zu gelangen.

Warum öffnet Erdogan jetzt die Grenze?

Der türkische Präsident Erdogan will mit seiner Strategie der Grenzöffnung den Druck auf die EU erhöhen. Er hatte schon früher mit der Öffnung der Grenzen gedroht, sollte die Türkei bei der Versorgung der Millionen Flüchtlinge nicht besser unterstützt werden. Denn es geht um viel Geld. Die Türkei gibt immer wieder an, rund 40 Milliarden für die Versorgung der Migranten ausgegeben zu haben.

Außerdem wünscht sich die Türkei Unterstützung für ihre Syrien-Politik. Lange warb Ankara etwa für eine hoch umstrittene sogenannte Sicherheitszone in Syrien, in die sie Flüchtlinge umsiedeln will. Derzeit geht es Erdogan vor allem um die Situation in der letzten großen Rebellenhochburg Idlib. Erdogan fordert ein Eingreifen der internationalen Gemeinschaft und einen Waffenstillstand.

Das Durchwinken der Flüchtlinge Richtung Europa ist aber auch eine Botschaft nach innen. Der Türkei geht es wirtschaftlich schlecht. Die Akzeptanz für die Flüchtlinge schwindet, Erdogan steht unter Druck.

Wie reagiert Europa?

EU-Migrationskommissar Margaritis Schinas hat scharfe Töne angeschlagen. «Niemand kann die Europäische Union erpressen und einschüchtern», sagte Schinas am Montag in Berlin.

Die aktuelle Situation sei eine Krise. Sie biete der EU aber die Chance, «gemeinsam die Außengrenzen zu verteidigen, Solidarität mit Griechenland und Bulgarien zu zeigen» und gleichzeitig eine umfassende Reform des Migrationsrechts fortzusetzen.

Schinas sagte, er habe die Innen- und Justizminister der Europäischen Union bereits zu einem außerordentlichen Treffen gebeten, um die Unterstützung Griechenlands zu koordinieren. Zudem habe er um «beträchtliche Verstärkung» durch Frontex in der Grenzregion gebeten.

Mit Kritik an Griechenland hält man sich in Brüssel zurück und zeigt größtmögliche Solidarität. «Die Herausforderung, der Griechenland jetzt gegenübersteht, ist eine europäische Herausforderung», sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Stattdessen wandte sich ein Sprecher an die Türkei: Man erwarte, dass das Land seinen Zusagen des Abkommens mit der EU gerecht werde. Bislang habe niemand das Abkommen offiziell gekündigt.

In Deutschland ist Tenor: „2015 wird sich nicht wiederholen“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wegen seines Umgangs mit Flüchtlingen harsch kritisiert. «Der türkische Präsident fühlt sich im Augenblick nicht ausreichend unterstützt», sagte Merkel am Montag in Berlin. Bei allem Verständnis sei es aber «völlig inakzeptabel, dass man das jetzt auf dem Rücken von Flüchtlingen austrägt. Denn die Flüchtlinge sind jetzt in eine Situation gebracht worden, dort an die Grenze zu gehen und im Grunde in einer Sackgasse zu landen».

In Deutschland lautet der Tenor, das Jahr 2015 dürfe sich nicht wiederholen. Die Bundesregierung hat Flüchtlinge und Migranten in der Türkei vor einem Aufbruch Richtung Europa gewarnt. „Wir erleben Flüchtlinge und Migranten, denen von türkischer Seite gesagt wird, der Weg in die EU sei nun offen, und das ist er natürlich nicht», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Auf die Frage, ob der Satz der Kanzlerin weiter gelte, dass sich 2015 nicht wiederholen werde, sagte er: «Der hat seine Gültigkeit.»

Das ist als Ansage nach innen und außen zu verstehen. Denn eine erneute, weitgehend unkontrollierte Einreise zahlreicher Migranten und der Anblick sichtbar überforderter Behörden würde der AfD sicher Wähler in die Arme treiben, was die anderen Parteien unbedingt verhindern wollen.

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