Horrorszenario Coronavirus im Gazastreifen

Im Al Shefa Krankenhaus in Gaza werden nur noch Notfälle behandelt, ansonsten ist es geschlossen. Ein Ausbruch des Coronavirus im Gazastreifen wäre katastrophal, so das israelische Informationszentrum für Menschenrechte B'Tselem. Wegen der Blockade und der Überbevölkerung sei der Gesundheitssektor in Gaza bereits zusammengebrochen, bevor überhaupt der erste Corona-Fall gemeldet wurde.
Gesundheits- oder Ernährungsicherheit?
Der Direktor der Abteilung für Infektionskontrolle in Gaza, Dr. Rami Al Abadlah erklärt die Lage: "Wir stehen vor zwei Problemen Ernährungssicherheit und Gesundheitssicherheit und sie sind miteinander verbunden, 70 Prozent der Menschen hier muss geholfen werden. Die Ernährungssicherheit ist die größte Herausforderung, die uns daran hindert, eine Ausgangssperre zu beschließen. Denn wenn wir dies tun, wer wird diese Familien mit Lebensmitteln versorgen?"
Horrorszenario: Ausbreitung des Coronavirus
Das Coronavirus ist bereits im blockierten Gazastreifen und auch im Westjordanland angekommen: Laut John-Hopkins-University ist das neuartige Coronavirus hier bisher bei 117 Menschen nachgewiesen geworden, ein Mensch starb.
Eine starke Ausbreitung in dem dicht besiedelten Gaza-Küstenstreifen gilt als Horrorszenario. Rund zwei Millionen Palästinenser leben unter sehr schlechten Bedingungen in dem Küstenstreifen am Mittelmeer. Die dort herrschende islamistische Hamas wird von Israel, den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft. Israel hatte 2007 eine Blockade des Gazastreifens verschärft, die inzwischen von Ägypten mitgetragen wird. Beide Länder begründen die Maßnahme mit Sicherheitserwägungen.
70 Prozent der Menschen leben unter Armutsgrenze
Nach Schätzungen des WHO-Büros im Gazastreifen könnten hier noch die ersten 100 Fälle des Virus medizinisch behandelt werden. Doch dann wären das Gebiet auf Unterstützung von außen angewiesen.
"Fast 70 Prozent der Menschen hier werden als arm eingestuft, sie haben schon heute nicht die Möglichkeit, ihren Familien zwei Mahlzeiten pro Tag zu bieten. Diese Krise bringt weitere Schwierigkeiten mit sich. Die Mehrheit der Bevölkerung hier sind Flüchtlinge, wir sprechen von 75 Prozent der Bevölkerung. Sie sind extrem abhängig von unserer Hilfe", so Adnan Abu Hasna vom Uno-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) in Gaza.
Ausnahmezustand, keine Ausgangssperre
Das Gesundheitsministerium hat den Ausnahmezustand erklärt, alle palästinensischen Schulen und Universitäten sind geschlossen, sowie alle Moscheen, Hochzeitssäle, Cafés, Sportvereine und Märkte. Auch private Feiern und Versammlungen wurden verboten. Doch eine komplette Ausgangssperre wäre für die Menschen hier fatal.