Dublin-Abkommen nicht absolut: Britischer Richter stoppt Spanien-Rückflug von Asylsuchern

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Von Tadhg Enright, su
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Ein britscher Richter am Obersten Gerichtshof hat einen Charterflug gestoppt, der bis zu 20 Asylbewerber, die mit kleinen Booten den Ärmelkanal überquert hatten, in Anwendung des „Dublin-Abkommens“ nach Spanien bringen sollte – hier hatten sie zum ersten Mal europäischen Boden betreten

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Ein britscher Richter am Obersten Gerichtshof hat einen Charterflug gestoppt ("Guardian"), wenige Stunden bevor bis zu 20 Asylbewerber, die mit kleinen Booten den Ärmelkanal nach Großbritannien überquert hatten, in Anwendung des „Dublin-Abkommens“ gewaltsam nach Spanien gebracht werden sollten – hier hatten sie zum erstenmal europäischen Boden betreten.

In diesem Jahr kamen mehr als siebentausend Menschen über den Ärmelkanal – Tendenz steigend. Anfang September wurden an einem Tag mehr als 400 gezählt, die es versuchten.

HASSAN, HAMZA UND HAZEM

Mitten drin: Hassan und seine Brüder Hamza und Hazem. Sie wurden in Saudi-Arabien als Söhne jemenitischer Eltern geboren und mussten weg, als ihr Vater seine Arbeitserlaubnis verlor.

Sie hatten die Wahl: Mitten im Bürgerkrieg an einem Ort zu leben, den sie bisher nur von Besuchen kannten ... oder auf ein neues Leben zu setzen.

Hassan am Telefon:

"Wir haben versucht, in den USA und in Europa Asyl zu beantragen - immer abgelehnt. Der legale Weg funktioniert nicht."

Von Saudi-Arabien aus ging es in die Türkei, dann quer durch die Welt, um nach Europa zu gelangen. Schmuggler in Equador berechneten zehntausend Dollar, um sie nach Spanien zu bringen. Landung in Madrid und später nach Amsterdam.

Kein Geld, keine Unterstützung und kein Dach über dem Kopf... sie lebten mehrere Monate als Obdachlose. Hassan sagte, es sei das erste Mal gewesen, dass er gezwungen war, Leute um Geld fürs Essen anzubetteln.

Dann der familiäre Durchbruch: Der Vater bekam ein Visum für Großbritannien und beantragte dort Asyl.

... also eilten seine Söhne nach Calais, um über den Ärmelkanal zu ihm zu kommen.

Hassan:

"Sie setzen uns in das kleine Boot. Aber da sind mehr Leute als auf das Boot passen. Der Bootsführer weiß nicht, wie man ein Boot lenkt. Die Polizei sieht uns und schaut zu uns rüber. Wir schreien, wir schreien, aber denen ist das wurscht. Nach vielleicht vier oder fünf Stunden kommen sie und sagen: "Brauchen Sie Hilfe? Nach fünf Stunden Schreien und Warten fragen sie:" Brauchen Sie….? "

Im Dublin-Vertrag ist ein Ermessensspielraum vorgesehen
Helen Baron
Anwältin

Die Anwältin der Brüder ist überzeugt, dass man ihre Geschichte anhören sollte.

Helen Baron, Anwältin:

"Im Dublin-Vertrag selbst ist vorgesehen, dass Großbritannien bei der Behandlung seiner Fälle einen Ermessensspielraum hat. Wenn es die Fairness verlangt, wenn Menschen extrem gefährdet sind und wo es konsequent wäre oder im Interesse der Familie, wie hier, wo es einen Vater gibt und drei Söhne in den Zwanzigern - für alle wäre es viel besser, wenn sie hier zusammensein könnten."

Tadhg Enright, Euronews:

"Der Flug wurde gestoppt, nachdem Anwälte auf den Fall von elf Syrern verwiesen hatten, die Anfang dieses Monats nach Spanien zurückgeschickt wurden. Das Asylsystem war überfordert. Sie bekamen keine Unterstützung und schliefen auf der Straße. Ein Gericht stellte fest, dass das britische Innenministerium die Pflicht habe, andere vor der gleichen Erfahrung zu schützen."

Die britische Regierung will Menschen davon abhalten, die Überfahrt zu machen, aber nächstes Jahr kommt der Brexit-Einschnitt. Die Dublin-Regel – Asylverfahren da, wo zuerst europäischer Boden betreten wird - gilt dann nicht mehr. Wird keine neue Einigung erzielt, muss Großbritannien sich allen Asyl-Anträgen stellen, unabhängig davon, wo die Menschen zuvor waren.

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Tadhg Enright, su

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