Es ist der höchste Mindestlohn der Welt: in Genf verdient man nun mindestens 21 Euro pro Stunde.
Es ist der höchste Mindestlohn der Welt: in Genf verdient man nun mindestens 21 Euro pro Stunde. In insgesamt vier Schweizer Kantonen gibt es nun einen Mindestlohn.
Ein Grund für Anhebung des Mindestlohns: Corona
Am Sonntag stimmten Wählerinnen und Wähler bei einer Volksabstimmung dieser Anhebung zu. Ein Grund dafür ist die Corona-Pandemie, die den Befürworterinnen und Befürwortern des Mindestlohns den nötigen Aufschwung gegeben habe, lautet der einstimmige Tenor in Genf. Die Krise habe deutlich vor Augen geführt, wie viele sogenannte «working poor» in Genf leben.
Dies bestätigt auch eine Frau auf der Straße in Genf: "In der Zeit der Pandemie haben wir Warteschlangen von Menschen gesehen, die auf Essen warteten. Das hat viele Menschen schockiert."
Finanzielle Belastung für Arbeitgeber
In der Schweiz arbeiten die Menschen 42 Stunden pro Woche. Die Stunde wird nun mit 23 Franken, bzw 21 Euro brutto vergütet, was 3800 Euro brutto im Monat entspricht.
Doch für manchen Chef sind die zusätzlichen 5 Schweizer Franken pro Stunde für die Angestellten schwer zu stemmen, gerade in Krisen-Zeite, so auch für Frisör Sébastien Carpentier:
"Es ist schon sehr hoch, wir können doch nicht einfach unsere Preise anheben, wir befinden uns immer noch in einer Rezession. Wir haben aktuell die Corona-Pandemie und die Konkurrenz, es ist einfach zu viel."
Mit Abstand: Höchster Mindestlohn in Europa
Zum Vergleich: Der Mindestlohn in den EU-Ländern liegt weit unter dem Lohn im Kanton Genf. Luxemburg liegt mit einem Mindestlohn von 2142 Euro vorn, in Deutschland gibt es nur mindestens 1584 Euro brutto, das entspricht 9,35 Euro pro Stunde.
Doch in einigen EU-Ländern gibt es weiterhin überhaupt keinen Mindestlohn, wie zum Beispiel in Italien oder Dänemark.
Bei den weniger wohlhabenden Ländern gehört Bulgarien mit einem Mindestlohn von 312 Euro brutto zu den Schlußlichtern.
Schweiz hat wesentlich höhere Lebenshaltungskosten
Doch auch wenn der Lohn in Genf für viele wie ein Traum erscheint- die Lebenshaltungskosten sind in der Schweiz auch wesentlich höher. Gerade in Genf, dem europäischen Standort der Vereinten Nationen mit Tausenden gut bezahlten Beamten.
Milch, Brot, Eier, Käse, Salat, Bier sind mehr als doppelt so teuer wie in Deutschland. Bei Schweizer Arbeitgebern gibt es anders als in Deutschland keinen Zuschuss zur Krankenkasse. Zu den Gebühren kommt eine hohe Eigenbeteiligung bei Arztbesuchen und Medikamenten.
Der Präsident der Grenzgänger-Vereinigung Frankreich-Schweiz, Michel Charrat unterstreicht dies:
"Wenn wir die Mietpreise anschauen, die sehr oft bei mindestens 2000 Schweizer Franken liegen, wenn wir die Kosten für Sozialversicherungen betrachten, insbesondere die Krankenversicherung. Manchmal braucht man zusätzliche Versicherungen, die sich die Menschen nicht leisten können. Diese Menschen befinden sich heute in Schwierigkeiten. Es gibt oft Rechnungen zu bezahlen, wenn Sie hier ins Krankenhaus müssen."
Das Medianeinkommen liegt in der Schweiz bei umgerechnet etwa 6000 Euro - das heißt, die Hälfte der Löhne und Gehälter liegen darüber, die andere Hälfte darunter. In Genf werden nun 30.000 Menschen von einer Gehaltserhöhung profitieren, zwei Drittel davon sind Frauen.