EU erkennt Juan Guaidó nicht länger als Präsident von Venezuela an

Venezolanischer Oppositionsführer Juan Guaidó während eines Interviews mit der AP, in Caracas, Venezuela, 9.12.2020
Venezolanischer Oppositionsführer Juan Guaidó während eines Interviews mit der AP, in Caracas, Venezuela, 9.12.2020 Copyright Ariana Cubillos/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved.
Von Euronews mit dpa, AFP
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Die EU bedauert die Einführung des neuen Parlaments in Venezuela, vor allem wegen des intransparenten und nicht fairen Wahlprozesses. Gleichzeitig entzieht sie dem Oppositionsführer Guaido auch den Titel des amtierenden Präsidenten.

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Die Europäische Union "bedauert zutiefst" die Einführung des neuen Parlaments in Venezuela, das sie als das Ergebnis "undemokratischer" Wahlen betrachtet. Das erklärte Josep Borrell, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, in einer Mitteilung, die gleichzeitig durchblicken lässt, dass die EU den scheidenden Parlamentspräsidenten und Oppositionsführer Venezuelas, Juan Guaidó, nicht länger als "Interimspräsident" des südamerikanischen Landes anerkennt.

Guaidó hatte sich Anfang 2019 selbst dazu ernannt. Viele Länder, darunter auch Deutschland und die USA, hatten Guaidó in dieser Position anerkannt. Allerdings war es dem Oppositionsführer nicht gelungen, sich gegen den gewählten sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro durchzusetzen, der auf die Unterstützung des Militärs bauen kann.

Wahlprozess in Venezuela nicht "glaubwürdig, inklusiv oder transparent"

In einer offiziellen Mitteilung der EU heißt zu den Wahlen: " Der Mangel an politischem Pluralismus und die Art und Weise, wie die Wahlen geplant und durchgeführt wurden, einschließlich der Nichtanerkennung von Oppositionsführern, erlauben es der EU nicht, diesen Wahlprozess als glaubwürdig, inklusiv oder transparent anzuerkennen, noch erlauben sie es, sein Ergebnis als repräsentativ für den demokratischen Willen des venezolanischen Volkes zu betrachten."

Am Dienstag hatte die neu gewählte venezolanische Nationalversammlung ihre Arbeit aufgenommen. Sie wird nach den Wahlen am 6. Dezember von den regierenden Sozialisten dominiert. Ein Großteil der Opposition hatte die Wahlen jedoch boykottiert - zudem gab es eine hohe Zahl an Stimmenthaltungen. Die Regierungspartei erklärte sich zum Sieger, sie hält nun mit 256 die Mehrheit der 277 Sitze im Parlament.

Der ehemalige Kommunikationsminister Jorge Rodríguez wurde zum Parlamentspräsidenten ernannt. Er erklärte, dass man nach fünf Jahren des von der Opposition kontrollierten Parlaments "dem Exorzismus" verpflichtet sei. Die vergangenen beiden Jahre hatte Oppositionsführer Juan Guaidó das Amt des Parlamentspräsidenten innegehabt.

US-Außenminister Mike Pompeo teilte mit, dass die USA das neue Parlament als illegitim betrachteten und weiter Juan Guaidó als rechtmäßigen Präsidenten von Venezuela anerkennen würden. Kolumbien, Brasilien und rund ein Dutzend andere Länder der Lima-Gruppe und ihrer Unterstützer erkannten das neue Parlament ebenfalls nicht an.

Scheidendes Parlament versucht Mandatsverlängerung - erfolglos

Das scheidende Parlament hatte zuletzt noch unter der Kontrolle der Opposition selbst sein Mandat und das von Parlamentspräsident Guaidó verlängert, mit der Begründung, dass die Wahl im Dezember "eine Farce" gewesen sei. Venezuelas Oberster Gerichtshof erklärte diesen Schritt aber für ungültig.

Guaidós Parlament dankte am Mittwoch in einer Erklärung Borrell für seine "Unterstützung" für "die Sache der Freiheit". "Die Europäische Union hat durch ihren Hohen Repräsentanten den von der Diktatur begangenen Wahlbetrug zurückgewiesen und ist nicht der Ansicht, dass das Ergebnis repräsentativ für den demokratischen Willen des venezolanischen Volkes ist", heißt es in dem Text.

Am Dienstag rief der neue Parlamentschef Rodríguez zu einem "großen politischen Dialog" mit der gesamten Opposition auf, einschließlich der Parteien und ihrer Vorsitzenden, die die Wahlen im Dezember boykottiert hatten. Gleichzeitig warnte er aber, dass dies keine "Versöhnung mit Amnesie" sein würde.

Eine "friedliche, inklusive und nachhaltige Lösung" für Venezuela?

In der Erklärung rief Borrell die venezolanische Führung dazu auf, gemeinsam einen von "Venezolanern geführten Übergangsprozess einzuleiten", um eine "friedliche, inklusive und nachhaltige Lösung" für die politische Krise im Land zu finden. Die EU sei "weiterhin bereit, einen solchen Prozess zu unterstützen" und "zusätzliche gezielte Maßnahmen zu ergreifen". In den Augen der EU ist das von Guaidó geführte Parlament, das 2015 gewählt wurde, "die letzte freie Äußerung der Venezolaner in einem Wahlprozess".

Die EU hatte zudem eine Mission nach Caracas entsandt, um bei den venezolanischen Behörden eine Verschiebung der Parlamentswahlen für einen Zeitraum von mindestens fünf Monaten zu erreichen, um so eine Wahlbeobachtungsmission einzurichten - ohne Erfolg.

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