EuGH: Tradition gibt kein Recht auf Vogeljagd mit Leimruten

EuGH: Tradition gibt kein Recht auf Vogeljagd mit Leimruten
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Von su mit AFP, dpa
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Der Europäische Gerichtshof hat entschieden: Die zuletzt noch in Frankreich gebräuchliche Jagd auf Vögel mithilfe klebriger Äste ist mit Unionsrecht nicht vereinbar.

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„Leimjagd“ heißt eine traditionelle Methode, Vögel zu fangen. Dabei werden in der Natur Zweige aufgestellt, die mit Klebstoff bestrichen sind – natürlich oder künstlich. Die Vögel – vor allem Finken, Drosseln und Amseln – die sich da drauf setzen, gehen den Jägern buchstäblich „auf den Leim“.

Der Europäische Gerichtshof EuGH (Gerichtshof der Europäischen Union, Court of Justice of the European Union) hat entschieden, dass diese bis ins 19. Jahrhundert in ganz Europa praktizierte „Leimjagd“ in Frankreich aus Tierschutzgründen nicht erlaubt werden kann, das sei unvereinbar mit dem Unionsrecht. Frankreich war das letzte Land in der EU, in dem die Methode noch praktiziert wurde.

Das Urteil wurde von Umweltorganisationen begrüßt, wie auch von der französischen Ministerin für ökologischen Wandel, Barbara Pompili.

Jean Claude Bonichot, der Vorsitzende Richter:

“Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Vogelschutzrichtlinie so auszulegen ist: Die Tatsache, dass eine Fangmethode für Vögel traditionell ist, reicht an sich nicht aus, um andere Wege auszuschließen.”

Muriel Arnal, Gründerin der "One Voice"-Tierrechtsgruppe:

“Wir haben die Sache vor den Europäischen Gerichtshof gebracht, weil die Methode sehr grausam ist. Sie ist in allen europäischen Ländern außer Frankreich verboten und die Menschen wollen das nicht mehr sehen. Unsere Vögel verschwinden; sie sind aktuell sehr gefährdet und wir müssen sie beschützen. Und das ist ein äußerst grausamer Brauch.”

Der Vogelfang ist in der EU nach einer EU-Vogelschutzrichtlinie im Prinzip seit 1979 (aktuelle Version 2009) verboten – wurde aber, teils mit Ausnahmegenehmigungen, weiter praktiziert.

Die sogenannte Leimjagdquote der französischen Regierung war für diese Saison auf Null gesetzt worden. Zuvor hatte die Regierung jedes Jahr per Dekret die Anzahl der Drosseln und Amseln festgelegt, die in den fünf betroffenen südöstlichen Departements (Alpes-de-Haute-Provence, Alpes-Maritimes, Bouches-du-Rhône, Var und Vaucluse) so gefangen werden durften, meist insgesamt rund 40.000. Die endgültige Entscheidung über ein eventuelles Verbot muss jetzt der französische Staatsrat treffen (Rechtssache C-900/19).

In Frankreich gibt es mehr als 1,3 Millionen Jäger – einer von 48 Einwohnern (Deutschland rund 350.000, einer von 235 Einwohnern). Viele sehen im Jagdrecht ein bürgerliches Recht, ein Kulturerbe seit der Revolution.

su mit AFP, dpa

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