Entlassung von "Bild"-Chefredakteur Reichelt: Vorwürfe auch gegen Döpfner

In Deutschland sorgt die Entlassung des "Bild"-Chefredakteurs Julian Reichelt für Aufregung. Der Axel-Springer-Konzern hatte am Montagabend bekanntgegeben, den 42-Jährigen nach erneuten Berichten über Machtmissbrauch an untergebenen Kolleginnen mit sofortiger Wirkung von dessen Aufgaben zu entbinden.
Zuerst hatte die US-Zeitung "New York Times" am Sonntag darüber berichtet. Am Montag folgte dann ein Bericht des "Spiegel". Eigentlich hatte das Investigativ-Team der Ippen-Gruppe, zu der auch die Frankfurter Rundschau gehört, über die Vorwürfe gegen Reichelt berichten wollen. Verleger Dirk Ippen untersagte die Veröffentlichung jedoch - was bei den betroffenen Journalist:innen für Kritik sorgte.
Berichte über die Methode "vögeln, fördern, feuern" gab es bereits im Frühjahr
Reichelt soll Abhängigkeitsverhältnisse ausgenutzt haben, indem er Affären mit untergebenen Kolleginnen hatte und diese entsprechend des Verlaufs der Beziehung gefördert oder herabgesetzt haben. Zudem wird ihm Kokainkonsum am Arbeitsplatz vorgeworfen. Entsprechende Berichte gab es bereits im Frühjahr.
Springer prüfte die Vorwürfe und kam zu dem Ergebnis, dass Reichelt seinen Posten behalten sollte. Nach einer kurzen Freistellung kehrte er in seinen Job zurück. Die neuen Erkenntnisse hätten gezeigt, dass Privates und Berufliches weiterhin nicht trenne und den Vorstand belogen habe. Deswegen trenne man sich jetzt von ihm.
Im Zuge der Berichterstattung gibt es auch Kritik an Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner, der auch Chef des Bundess der Deutschen Zeitungsverleger ist.
Laut "Spiegel"-Bericht hat Döpfner Reichelt in einer privaten Nachricht als "letzten und einzigen Journalisten in Deutschland" bezeichnet, der noch "mutig gegen den DDR-Obrigkeitsstaat" aufbegehre. Die meisten anderen Journalisten seien zu "Propaganda-Assistenten" geworden. Die Nachricht bezog sich demnach auf einen kritischen Kommentar Reichelts zu den Pandemie-Maßnahmen. Springer reagierte und sagte, das Zitat sei aus dem Kontext gerissen. Döpfner halte die BRD selbstverständlich nicht für vergleichbar mit der DDR.