Flüchtlinge in Calais: Keine Wahl als Weitermachen

Flüchtlinge in Calais: Keine Wahl als Weitermachen
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Von Anelise Borges
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In der französischen Küstenstadt Calais stranden viele Flüchtlinge, die nach Großbritannien wollen. Und sie werden es weiter versuchen.

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In der französischen Küstenstadt Calais stranden viele Flüchtlinge, die nach Großbritannien wollen. Und sie werden es weiter versuchen, ungeachtet aller Dramen, wie vor gut zwei Wochen, als 27 Menschen ertrunken sind, bei dem Versuch den Ärmelkanal zu überqueren.

Diese Gruppe ist kurz nach der Machtübernahme durch die Taliban aus Afghanistan geflohen, sie haben nichts mehr wohin sie zurückkehren könnten.

Mohammed, einer der Männer erzählt: "Es ist mehr als einen Monat her, seit ich das letzte Mal mit meiner Familie gesprochen habe. Ich weiß nicht, wo sie sind, wir sind aus unseren Häusern geflohen - berichtet einer der Männer. Alles, was wir in Afghanistan hatten, haben wir verloren. Und jetzt weiß ich nicht, was wir tun werden. Wir warten hier. Wenn wir nach England können, gibt es vielleicht Hoffnung für uns."

Im laufenden Jahr haben bisher mehr als 25 700 Menschen illegal den Ärmelkanal überquert. Das sind fast dreimal so viele wie im gesamten Jahr 2020. Etwa 7800 Menschen wurden aus Seenot gerettet,  mindestens 34 Menschen sind gestorben oder gelten als vermisst.

Frankreich versucht seit Jahren die Flüchtlinge abzuschrecken, damit sie nicht in der Region bleiben - doch ohne Erfolg.

"In den letzten Jahren sind Zehntausende Menschen durch Calais gekommen, in der Hoffnung, Großbritannien zu erreichen. Nach Angaben von NGOs verbleiben mindestens 1.000 in verschiedenen provisorischen Lagern in dieser Gegend. Und das - laut Aktivisten - trotz wiederholter Vertreibungsaktionen durch die Polizei und beschränktem Zugang zu humanitärer Hilfe" berichtet Euronews-Reporterin Anelise Borges aus Calais.

Als Reaktion auf das jüngste Unglück kündigte Frankreich die Schaffung neuer Polizeieinheiten an und die europäschen Grenzschützer von Frontex überfliegen den Kanal, um illegale Grenzübertritte zu verhindern. 

Für den Aktivisten Ludovic Holbein eine "Militarisierung" der Grenze, die die Flüchtlinge nicht von der Kanalüberquerung abhalten wird: "Hier in Calais sind sie fast am Ende ihrer Reise, sie sind bereit, alles was nötig ist zu tun. Menschen, die nach England wollen, werden weiterhin alle Risiken eingehen, um nach England zu kommen. Ein weiteres Flugzeug und zwei Helikopter mehr einzusetzen - das wird die Situation nicht ändern. Es wird die Leute nur dazu bringen, noch mehr Risiken einzugehen und vielleicht unter noch schlimmeren Bedingungen loszufahren, zum Beispiel bei Nebel, um nicht von den Flugzeugen gesehen zu werden."

Während Regierungen sich bemühen, eine Lösung für den anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen zu finden, sagen viele hier, sie haben keine andere Wahl als Weitermachen.

Adam ließ seine Frau und zwei Söhne im Sudan zurück, auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und seine Familie. Er hat von dem Schiffbruch mit 27 Toten gehört, dies ändere aber nichts für ihn. Die Frage der Reporterin, ob er versucht nach England zu gehen, bejaht er. Auf ihren Einwand, dass dies aber gefährlich sei, antwortet er:

"Ja, es ist gefährlich und schwierig, aber das ist mein Plan."

Eine Lösung für die andauernd dramatische Situation in Calais ist auch nach Jahren nicht in Sicht.

Journalist • Julika Herzog

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