Scholz zu Atomkraft: "Trotzdem kann das Sinn machen"

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Von euronews
Bundeskanzler Olaf Scholz in Mühlheim an der Ruhr
Bundeskanzler Olaf Scholz in Mühlheim an der Ruhr   -  Copyright  Bernd Thissen/(c) Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit einem Halbsatz zur Kernenergie für internationale Aufregung gesorgt. Bei einem Besuch in Mülheim an der Ruhr hatte Scholz im Zusammenhang mit der Debatte um längere Laufzeiten für die drei noch verbliebenen deutschen Atomkraftwerke gesagt, die Kraftwerke seien zwar "ausschließlich relevant für die Stromproduktion und nur für einen kleinen Teil davon", aber - und jetzt kommt der Aufreger-Halbsatz: "...trotzdem kann das Sinn machen."

Gleichzeitig erlaubte sich Scholz einen Seitenhieb gegen den Freistaat Bayern. Dort sei der Ausbau der Windenergie nur "langsam vorangegangen". Auch der Ausbau der Übertragungsnetze für Windenergie aus dem windreichen Norden in den Süden der Bundesrepublik sei "nicht so schnell vorangegangen, wie das geplant war." Hier hatte sich in den vergangenen Jahren insbesondere die CSU quergestellt.

Entscheidung erst nach Stresstest

Diese Aspekte müssten, so Scholz, bei der Entscheidung über eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten bedacht werden. Vor einer Entscheidung solle aber zunächst das Ergebnis des "Stresstests" zur Energieversorgung abgewartet werden, sagte Scholz weiter. In diesem Zusammenhang freute sich Scholz in Mülheim an der Ruhr darüber, dass die Gasspeicher in Deutschland derzeit besser gefüllt seien als in früheren Jahren. Zudem werde die baldige Inbetriebnahme der neuen Flüssiggasterminals die Unabhängigkeit Deutschlands von russischem Erdgas verbessern.

Wer will was? Werfen wir einmal einen kurzen Blick auf die derzeitige Positionierung der deutschen Parteien in dieser Debatte. Die Liberalen und die CDU/CSU haben sich klar für eine Verlängerung der Laufzeiten für die drei noch funktionierenden Atomkraftwerke ausgesprochen. Die Sozialdemokraten und die Grünen hatten das bislang skeptisch gesehen oder rundweg abgelehnt. 

Allerdings gibt es mittlerweile auch innerhalb der grünen Partei eine Debatte, insbesondere wenn man die Frage stellt: Dreckige Braunkohle oder gefährliche Atomkraft - sollte man zumindest vorübergehend die Atomkraft als "Brückentechnologie" wiederbeleben (statt weiterhin Kohle zu verfeuern)? Insbesondere jüngere Mitglieder der Grünen sind in dieser Frage weit weniger festgelegt als ältere Generationen.   

Laut Atomrecht, so die heutige Gesetzeslage, müssten die drei deutschen Rest-AKWs Ende des Jahres abgeschlatet werden. Für eine Laufzeitverlängerung - so sie denn kommen sollte - müsste erst einmal das Gesetz geändert werden.