Die Schweiz will ein Atommüllendlager an der Grenze zu Deutschland bauen. Die Gemeinde Hohentengen fordert jetzt Antworten, die diese Entscheidung rechtfertigen. 2015 hatten die Eidgenossen Nördlich Lägern als Standort noch ausgeschlossen.
Die Schweizer Pläne, in unmittelbarer Nähe der Grenze zu Deutschland ein Atommüllendlager zu bauen, stoßen bei den angrenzenden Gemeinden auf Protest. Die Stadt Hohentengen in Baden-Württemberg forderte von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) eine "schlüssige und ausführliche Begründung", wie es dazu kommen konnte, dass Nördlich Lägern als Standort ausgesucht wurde.
Der Umschlagplatz für Anlieferungen und Abtransporte des Tiefenlagers soll in nur 650 Metern Entfernung der Stadtgrenze entstehen.
Man nehme die Standort-Wahl mit "Erstaunen zur Kenntnis" hieß es in einer Mitteilung des Bürgermeisters von Hohentengen an diesem Montag. Noch im Jahr 2015 hatten demnach Expert:innen entschieden, dass Nördlich Lägern für ein Atommüllendlager nicht geeignet sei. Damals sei kommuniziert worden, dass "jeder renommierte Experte im Fall Nördlich Lägern der Ansicht wäre, Finger weg von diesem Standort".
Jetzt will Bürgermeister Martin Benz wissen, wie es zu diesem Meinungsumschwung kommen konnte.
Die Nagra-Entscheidung war überraschend am Samstag veröffentlicht worden. In einer Pressemitteilung hieß es, Nördlich Lägern sei "der beste Standort mit den grössten Sicherheitsreserven."
"Die Geologie hat gesprochen",erklärt Nagra-CEO Matthias Braun in einer Stellungnahme des Unternehmens gegenüber Euronews. Untersuchungen hätten gezeigt, dass das Gestein im Untergrund dort den radioaktiven Abfall langfristig am besten einschließt.
Den Ängsten und Unmut der Menschen in der Region will man mit einer Telefon-Hotline entgegentreten. Wer Fragen lieber direkt stellen will, kann sich an den Info-Stand in der Gemeinde Stadel richten. "Wir wollen aber auch die konstruktive Zusammenarbeit mit der Region – dazu gehören auch die grenznahen Deutschen Gemeinden – weiterführen, beispielsweise wenn es um die Konkretisierung der Oberflächenanlage gehen wird."
Die deutschen Gemeinden wie Hohentengen fordern eine "maßgebliche Beteiligung am weiteren Verfahren und eine Gleichstellung mit Schweizerischen Infrastrukturgemeinde".
Angaben dazu, warum der Standort im Jahr 2015 ausgeschlossen wurde, machte das Unternehmen nicht. Bisher wurde auch die Angst der Bevölkerung, welche gesundheitlichen Auswirkungen ein Endlager in Wohngebietsnähe haben könnte, nicht adressiert.