Lula da Silva - stolpert der Wandler zwischen den Welten?

Lula hat auf der internationalen Bühne für Irritationen gesorgt, insbesondere mit seinen Äußerungen zum Krieg in der Ukraine.
Lula hat auf der internationalen Bühne für Irritationen gesorgt, insbesondere mit seinen Äußerungen zum Krieg in der Ukraine. Copyright AP Photo
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Von Katherine Berjikian
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Als Lula da Silva im Oktober wieder zum brasilianischen Präsidenten gewählt wurde, empfanden viele Erleichterung, sollte doch der von Jair Bolsonaro praktitierte Populismus enden. Doch Lula hat seitdem auf der internationalen Bühne für Irritationen gesorgt.

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Als Luiz Inácio Lula da Silva im Oktober letzten Jahres wieder zum brasilianseichen Präsidenten gewählt wurde, atmete ein Großteil des Westens auf - und hoffte, dass damit die von seinem Vorgänger Jair Bolsonaro eingeleitete Phase des Populismus enden würde.

Doch Lula hat seitdem auf der internationalen Bühne für Irritationen gesorgt, insbesondere mit seinen Äußerungen zum Krieg in der Ukraine. Könnte Lulas Außenpolitik ihn also nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt in Konflikt mit Europa bringen?

"Lula hat die Wahl letztes Jahr gewonnen .... [und] die meisten Menschen feierten seinen Sieg." so Christopher Sabatini, Senior Research Fellow für Lateinamerika bei Chatham House, gegenüber Euronews. "Die internationale Wahrnehmung hat sich seitdem geändert, vor allem weil Lula jetzt eine sehr aggressive internationale Kampagne führt, die auf langjährigen Weltanschauungen basiert."

"Und diese Sichtweise ist in erster Linie der Versuch, eine multipolare Welt zu schaffen und Brasilien als Sprecher, als Stimme des globalen Südens, zu dem in vielerlei Hinsicht auch China und Russland gehören, dienen zu lassen."

Luiz Inácio Lula da Silva

Lulas kontroverse Kommentare

Lula löste im Westen eine Kontroverse aus, als er andeutete, dass die Verbündeten der Ukraine den Krieg verlängerten, indem sie Kiew mit Waffen, Informationen, Geld und Sanktionen unterstützen. 

"Die Vereinigten Staaten müssen aufhören, den Krieg zu fördern, und anfangen, über Frieden zu reden; die Europäische Union muss anfangen, über Frieden zu reden, damit wir Putin und Zelenskyy davon überzeugen können, dass Frieden im Interesse aller liegt und dass Krieg im Moment nur für die beiden interessant ist", sagte Lula vor kurzem während einer Reise nach China zu Reportern.

Das Weiße Haus reagierte prompt:  Lula plappere "russische und chinesische Propaganda nach, ohne die Fakten zu prüfen".

Der brasilianische Präsident hat seitdem die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine verurteilt -  und sich weiterhin für Friedensverhandlungen ausgesprochen.

Es war nicht das erste Mal, dass Lula sich über den außenpolitischen Konsens seiner westlichen Verbündeten hinwegsetzte. Im Januar erklärte er, dass sowohl Kiew als auch Moskau für die russische Invasion in der Ukraine Verantwortung trügen.

Er weigerte sich auch, eine UN-Erklärung zu unterzeichnen, in der die Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua kritisiert wurden, erlaubte zwei iranischen Kriegsschiffen, im Hoheitsgebiet seines Landes anzulegen und hat keine Waffen in die Ukraine geliefert.

Zuletzt forderte er die BRICS-Staaten - Brasilien, China, Russland, Südafrika und Indien - auf, den Dollar im internationalen Handel durch eine andere Währung zu ersetzen.

Diese Schritte könnten Sabatini zufolge für Aufregung sorgen, denn "für viele Menschen in Westeuropa und in den USA, die zuvor dachten, dass Lulas Engagement für den globalen Süden eher wertneutral sei, sieht es jetzt so aus, als würde es einige der wichtigsten Werte des entwickelten Nordens untergraben."

Kann Brasilien den Krieg in der Ukraine beeinflussen?

Nach Lulas ersten Äußerungen und dem Aufruf zu Friedensverhandlungen lud Kiew den brasilianischen Präsidenten ein, in die Ukraine zu kommen, damit er "die wahren Ursachen und das Wesen der russischen Aggression" verstehen könne.

Oleg Nikolenko, ein Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, sagte ebenfalls, dass Lulas Äußerungen "das Opfer und den Aggressor auf die gleiche Stufe stellen".

Diese Reaktion ist laut Fredrik Erixon, dem Direktor des Europäischen Zentrums für Internationale Politische Ökonomie, einer der Gründe, warum Brasilia trotz Lulas Bemühungen um die Aufnahme von Friedensgesprächen wenig Einfluss auf den Krieg in der Ukraine hat.

"Ich denke, es ist für Europa völlig klar, dass die Ukraine nicht daran glaubt. Und die Ukraine glaubt nicht, dass Lula ein ehrlicher Makler sein wird, der eine Art von Abkommen schließen kann, das die Parteien zum Frieden bewegen kann", sagte er.

Sabatini bezweifelte auch, dass Brasilien den Einfluss habe, um Friedensgespräche zu fördern. "Brasiliens außenpolitische DNA glaubt sehr an die Bedeutung des Dialogs und daran, dass es als Vermittler bei den Verhandlungen dienen kann."

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Großes Handelsabkommen in Arbeit

Aber es gibt nicht nur schlechte Nachrichten für Brasiliens Beziehungen zum Westen. Berichten zufolge befindet sich die Europäische Union in der Schlussphase ihres Mercosur-Handelsabkommens mit Brasilien und seinen Nachbarländern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.

Im Falle einer Unterzeichnung würde das Abkommen den Agrarerzeugern des südamerikanischen Handelsblocks einen besseren Zugang zur Europäischen Union verschaffen und im Gegenzug den Herstellern in der EU mehr Exportmöglichkeiten eröffnen. Die Europäische Union ist nach China der größte Handelspartner des Mercosur.

Das Mercosur-Handelsabkommen ist auch einer der Gründe, warum es unwahrscheinlich sei, "dass Europa versucht, eine bestimmte Antwort auf [Lulas Außenpolitik] zu finden", so Erixon.

Die ersten Verhandlungen über das Abkommen begannen vor 23 Jahren. Sie gerieten ins Stocken, weil sowohl die EU als auch Lula Schritte unternommen haben, um das Überleben des Amazonas-Regenwaldes zu sichern.

"Europa möchte wirklich an einen Punkt gelangen, an dem es sowohl ein Handelsabkommen als auch eine Art umfassenderes Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit dem Mercosur abschließen kann", sagte er.

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Und es ist derzeit in der Lage, dies zu erreichen. Das liegt daran, dass Schweden die rotierende Präsidentschaft des Europarates innehat, und laut Erixon ist Schweden tendenziell für mehr Handel.

"Nach Schweden wird Spanien folgen, das sich ebenfalls sehr für den Abschluss dieses Abkommens eingesetzt hat, weil es sowohl aus geografischen als auch aus kulturellen Gründen der Meinung ist, dass dies ein wichtiges Abkommen ist, von dem es profitieren wird."

"Die Sterne stehen also günstig, zumindest auf europäischer Seite, um die Probleme zu lösen, die bei diesem Handelsabkommen noch offen waren.

Etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung leben in Ländern, die Moskau nicht für seinen Einmarsch in der Ukraine verurteilt haben. 

In diesem Artikel, erfahren sie mehr über die Position des globalen Südens zum Krieg in der Ukraine.

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