Katars Jugend engagiert sich für mehr Nachhaltigkeit

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Von Aadel Haleem, Laila Humairah
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Umweltschutz dank Nachhaltigkeit ist kein neues Konzept. Vielmehr werden diese Werte seit Generationen weitergegeben, und zwar über alle Kulturen und Ethnien hinweg. In Katar engagiert sich besonders die Jugend für mehr Nachhaltigkeit im Alltag.

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"Spare in der Zeit, so hast du in der Not". "Was für den einen Müll ist, ist für den anderen ein Schatz". Diese Sprichwörter zeigen, dass ein nachhaltiger Lebensstil und der Schutz der Umwelt keine neuen Konzepte sind. Diese Werte werden seit  Generationen weitergegeben, und zwar über alle Kulturen und Ethnien hinweg.

In dieser Qatar 365-Folge stellen wir Nachhaltigkeits-Initiativen in Katar vor, die auch während des Ramadans laufen, des heiligen muslimischen Monats, der im März dieses Jahres begann.

Stadt der Bildung: Kampf gegen Lebensmittelverschwendung

Wenn die Sonne über Dohas Education City untergeht, versammeln sich 1.500 Menschen in einem Zelt, um gemeinsam das Fasten zu brechen - mit einer umweltfreundlichen Variante.

"Dieses Iftar [das Fastenbrechen im Ramadan] ist etwas Besonderes, denn uns geht es um Abfallvermeidung", erklärt Simon Jones, Experte für Engagement & Motivation bei der Qatar Foundation.

"Bei dieser Veranstaltung wird es keine Lebensmittel- und auch keine Verpackungsabfälle geben. Alle Verpackungen sind kompostierbar und biologisch abbaubar, alle überschüssigen Lebensmittelabfälle werden in einer separaten Tonne gesammelt und kompostiert, was dann für die Landschaftsgestaltung in der Education City verwendet wird."

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Simon Jones, Experte für Engagement & Motivation bei der Qatar Foundationeuronews

Neben der persönlichen Zeit der Besinnung während des Ramadan gibt es auch einen großen gemeinschaftsbildenden Aspekt. Bei diesem Null-Abfall-Iftar in der Education City ist eine gemeinschaftliche Anstrengung nötig, damit alle Lebensmittel kompostiert und recycelt werden, um den CO₂-Fußabdruck der Gemeinschaft zu reduzieren.

"Sobald die Leute ihre Mahlzeit beendet haben, stehen sie auf, gehen nach draußen. Es gibt zwei Behälter: Eine Tonne ist für die trockenen Abfälle, also die Verpackung des Essens. Die andere Tonne ist für die Essensreste. Die Lebensmittelabfälle werden gesammelt und zu dieser Kompostieranlage gebracht. Sie werden 24 Stunden lang umgewälzt und dann 14 Tage lang ruhen gelassen, dann ist daraus Kompost geworden."

"Unsere natürliche Umgebung ist unser Zuhause und die Grundlage unserer Existenz, sie bestimmt unsere Lebensweise."
Ali Taleb Al Henzab
Umweltaktivist

Dieses abfallfreie Iftar ist eine von vielen grünen Initiativen, die in der ganzen Stadt stattfinden.

Aisha Al Maadeed glaubt, dass kleine Aktionen, die von vielen Menschen durchgeführt werden, eine große Wirkung haben. Sie gründete 2018 die Jugendinitiative Greener Future in Katar, die die Menschen dazu auffordert, den Planeten an erste Stelle zu setzen.

"Wir verarbeiten Plastik und recyceltes Papier zu Kunstwerken, um den Kindern zu zeigen, dass wir unsere Sachen wiederverwenden können und sie nicht einfach wegwirft", sagte Aisha Al Maadeed.

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Aisha Al Maadeed, Gründerin von Greener Future, spricht mit Aadel Haleem von Euronewseuronews

"Es ist eine Botschaft, dass ich mich um die Umwelt kümmern und dieses Bewusstsein verbreiten muss. Aber nicht, indem ich über die Menschen urteile, sondern indem ich ihnen erkläre, warum es wichtig ist, denn es ist unsere Umwelt und unser Planet. Wir haben keinen anderen Planeten, es gibt keinen Planeten B."

Der Schutz des Planeten gehört zu den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen, die 2015 verabschiedet wurden. Oweis Al-Salahi hat SDGeneration Network gegründet, die einzige von Jugendlichen geleitete UN-Initiative für gute Praktiken in der Golfregion.

"Es begann 2019 als eine von Jugendlichen geführte Plattform für Jugendliche und von Jugendlichen, um die Stimmen derjenigen zu verstärken, die etwas verändern wollen", erklärte er.

"Alles beginnt mit dem Bewusstsein für die Ziele. Es fängt damit an, dass wir das Problem erkennen und Lösungen dafür vorschlagen. Ich glaube fest daran, dass es wichtig ist, dass die Jugend mit am Tisch sitzt. Zusammenarbeit und die Ausrichtung auf dieselben Ziele ist ein wichtiger erster Schritt zu einer nachhaltigen Entwicklung."

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Oweis Al-Salahi ist der Gründer von SDGeneration Networkeuronews

Im Ramadanzelt ist das Ziel, weniger Abfall zu produzieren, noch nicht erreicht, aber die Verantwortlichen der Gemeinschaft haben sich zum Schutz des Planeten verpflichtet.

"Laut einem Ausspruch Mohammeds (Hadith) ist niemand wirklich gläubig, solange er sich nicht um seine Mitmenschen kümmert, wie um sich selbst. Genauso wie man selbst Wasser und Essen braucht, musst man auch daran denken, dass andere Personen essen wollen. Daran wollen wir die Menschen mit dieser Initiative erinnern: nachhaltig zu essen, nichts zu verschwenden, das aufzuessen, was in der Box ist", erklärt Sulaiman Timbo Bah, Koordinator für Engagement und Öffentlichkeitsarbeit in der Education City Moschee.

"Daran wollen wir die Menschen mit dieser Initiative erinnern: nachhaltig zu essen, nichts zu verschwenden, das aufzuessen, was in der Box ist."

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Gemeinschaftliches Iftar in der Education City Moschee in Katareuronews

Sulaiman Bah half bei der Organisation des gemeinschaftlichen Iftars - für ihn eine Säule des Glaubens:

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"Solange man an andere denkt, kann man sich nehmen, was man braucht. Es gibt viele Verse im Koran, in denen es heißt: 'kulu washrabu' - iss und trink. Das ist alles, was man braucht, aber verschwende es nicht."

Leben in Harmonie mit der Natur

Die Idee, der Umwelt nur das zu entnehmen, was wir brauchen, ohne ihr zu schaden, ist im Islam tief verwurzelt. Deshalb ruft ein Beduinen-Umweltaktivist jeden Menschen in Katar dazu auf, einen Baum zu pflanzen oder zu erhalten.

Ali Taleb Al Henzab besitzt eine Farm etwa eine Stunde westlich von Doha. Er glaubt, dass das Wissen der Einheimischen zum Schutz des Planeten genutzt werden kann.

"Wir betrachten Pflanzen als Fabriken für Sauerstoff. Unser Vieh wäre ohne die Vegetation in Gefahr", sagte er Euronews. "Wir bauen eine Vielzahl von Pflanzen und Bäumen an, um unser Vieh zu ernähren, uns vor Wetter-Kapriolen zu schützen und die Luft zu reinigen.

"Die Menschen, die in die Wüste gehen, sollten der Umwelt nicht schaden oder Feinde der Umwelt sein, wir müssen den Ort so lassen, wie er war. Zweitens pflanzen wir die Pflanzen in den Boden, je nachdem, woher sie stammen: Pflanzen aus den Bergen gehören in die Berge, Pflanzen aus der Wüste gehören in die Wüste. Drittens wählen wir die Bäume während der Anbausaison aus, indem wir die Positionen der Sterne und die Gebiete mit Niederschlägen berücksichtigen. Dieser Ansatz reduziert den Aufwand an Aufmerksamkeit und Pflege, den sie benötigen", fügte er hinzu.

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Der Umweltaktivist Ali Taleb Al Henzabeuronews

Ali Taleb Al Henzab erwarb viele seiner Fähigkeiten von seinem Vater und seinem Großvater, die ihn auch lehrten, wie wichtig es ist, im Einklang mit der Natur zu leben.

"Ich habe mein ganzes Leben mit meinem Großvater gelebt, er war meine Schule des Lebens. Er hat mir viele Dinge beigebracht. Als Erstes habe ich gelernt, dass unsere natürliche Umgebung unser Zuhause und die Grundlage unserer Existenz ist, sowie unsere Lebensweise bestimmt. Also müssen wir die ursprünglichen Wasservorräte und das Grundwasser soweit wie möglich erhalten und die Bäume bewahren, ohne sie unbedingt abzuholzen; wir holen aus dem Boden, was wir brauchen, und lassen den Rest für künftige Generationen, was genau das ist, was Nachhaltigkeit bedeutet. Daran haben wir uns instinktiv schon immer gehalten."

Weiter sagt er: "Die Jugend von heute steht im Zentrum unserer Existenz; sie ist die zukünftige Generation und die Arbeitskraft von morgen. Überall gibt es junge Menschen. Es ist wichtig, sie darüber aufzuklären, dass diese Umwelt ihnen und den zukünftigen Generationen gehört. Wenn unsere Kinder in der Zukunft mit Umweltproblemen konfrontiert werden, gibt es vielleicht keine sofortigen Lösungen. Deshalb habe ich eine Botschaft für alle Menschen auf der ganzen Welt: Pflanzt Bäume. Ob am Flussufer, auf blühenden Feldern oder sogar auf Dächern - Bäume zu pflanzen ist wichtig, denn unser Leben ist mit ihnen verwoben."

Verzicht auf Plastik für den Planeten

Einwegplastik und Verpackungsmüll sind die größten Verursacher der Millionen Tonnen Müll, die in den Weltmeeren und auf Mülldeponien landen. Die Lösung zur Verringerung dieses Problems ist denkbar einfach: der Umstieg auf umweltfreundliche oder biologisch abbaubare Materialien. In Katar finden immer mehr Unternehmen Wege, Plastik zu vermeiden.

Das Start-up Enavra stellt biologisch abbaubares Besteck aus Kompost und Lebensmittelabfällen her. Die Idee entstand 2019, als die Mitbegründer Saoud Al Emadi und Abdullah Shaat noch Ingenieurstudenten waren.

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"Wir waren in Cafés, die diese Papierstrohhalme hatten, aus denen man nur schwer trinken konnte", erzählt Saoud Al Emadi. "Und so schlugen wir den Besitzern die Idee vor, einen guten, umweltfreundlichen Ersatz anzubieten, und sie waren sehr interessiert."

Nachdem sie verschiedene Materialien getestet hatten, fanden sie heraus, dass Avocadokerne sehr viel kürzer als andere Stoffe brauchen, um sich zu zersetzen. Das brachte die Jung-Unternehmer auf eine Idee.

"Avocadokerne sind Abfallmaterialien, die sich für einen Biokunststoff eignen, der kompostierbar und biologisch abbaubar ist", fügte er hinzu.

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Saoud Al Emadi, Mitbegründer des Start-ups Enavraeuronews

Das Geschäft floriert. Von der Fabrik aus werden die biologisch abbaubaren Bestecke von Enavra an Cafés und Restaurants in ganz Katar geliefert. Immer mehr Unternehmen wollen auf Einwegplastik verzichten, deshalb entscheiden sich immer mehr Geschäftsinhaber für eine Zusammenarbeit mit Enavra.

"Wenn man zu Enavra-Produkten wechselt, entscheidet man sich für ein hochwertiges, umweltfreundliches Produkt, das innerhalb eines Jahres biologisch abbaubar ist. Man schont die Umwelt und reduziert den Plastikmüll", sagt Abdullah Shaat. "Außerdem entscheidet man sich für ein Produkt, das im Vergleich preislich sehr wettbewerbsfähig ist."

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Vom Upcycling zur Wiederverwendung

In einem anderen Viertel von Doha ist Victoria Hamade mit der Bearbeitung von Bestellungen für ihr umweltfreundliches Unternehmen Refill2Save beschäftigt.

Das Start-up setzt auf die Wiederverwendung von Plastikflaschen. Man bietet an, sie mit Reinigungsprodukten zu füllen: Von Handseife über Waschmittel bis hin zu Bodenreinigern - Victoria macht es den Kunden leicht, indem sie die Produkte zu ihnen bringt. 

"Wir wollen mobil sein, unsere Produkte nicht nur in Doha, sondern auch in anderen nahe gelegenen Gemeinden ausliefern. Es soll einfach für unsere Kunden sein, denn wir fordern sie auf, ihre Denkweise zu ändern", sagte sie.

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Victoria Marie Domini Hamade, Gründerin von Refill2Saveeuronews

An diesem Tag hat sie ihre mobile Nachfüllstation an der Awsaj-Akademie der Qatar Foundation geparkt, wo Schüler und Lehrer ihre eigenen leeren Plastikflaschen mitgebracht haben, um sie mit Reinigungsmitteln nachfüllen zu lassen.

Für die Schule ist die Zusammenarbeit auch eine Möglichkeit, Schüler zu erziehen und ihnen von klein auf umweltfreundliche Gewohnheiten beizubringen. Die Erziehung der Jugend gehört auch zu den Zielen der Unternehmerin, die das Bewusstsein auf weniger Konsum lenken will:

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"Ich möchte erreichen, dass die Menschen zur Wiederverwendungskultur zurückkehren, denn vor Jahrzehnten haben wir genau das getan. Wir haben Glasflaschen für Milch und andere Konsumgüter verwendet. Und dann kam diese Wegwerfkultur, die sich durchgesetzt hat. Ich möchte, dass wir zur Wiederverwendung zurückkehren", schloss sie.

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