Armenien und Aserbaidschan: Frieden im Südkaukasus?

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Von Anelise BorgesSabine Sans
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Nach Jahrzehnten der Konflikte führen Armenien und Aserbaidschan nun komplizierte Friedensverhandlungen, vermittelt durch die Europäische Union. Dazu äußern sich Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew und Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan in jeweiligen Exklusiv-Interviews.

Die von etwa 120.000 Armeniern bewohnte Region Bergkarabach war zu Sowjetzeiten ein autonomer Teil Aserbaidschans und erklärte sich 1991 für unabhängig. Armenier riefen die Republik "Arzach" (bis 2017 Republik Bergkarabach) aus, die international nicht anerkannt ist und um die es bis heute blutigen Streit gibt.

Die Spannungen in Bergkarabach, dem Schauplatz zahlreicher Konflikte zwischen Aserbaidschan und Armenien, sind deutlich spürbar. Bergkarabach ist international als Teil von Aserbaidschan anerkannt - Gebiete davon werden jedoch von Armeniern kontrolliert. Nach dem Aufflammen des Konflikts 2020 eine offene Wunde für die Menschen auf beiden Seiten, die sagen, dass sie für das kämpfen, was ihnen rechtmäßig gehört.

In dieser Global-Conversation-Sonderfolge sprechen wir mit den Regierungschefs der an diesem Streit beteiligten Länder darüber, ob und wie man Frieden erreichen kann. Euronews-Chefkorrespondentin Anelise Borges traf die beiden zum jeweiligen Exklusiv-Interview: Der aserbaidschanische Präsident sprach mit ihr in Susa und der armenische Ministerpräsident in Eriwan. 

Hinter den Kulissen

Anelise Borges erzählt von ihren Eindrücken:  "Wir haben monatelang verhandelt, um uns mit den Regierungschefs von Armenien und Aserbaidschan zusammensetzen zu können, die in einen der längsten Konflikte der Welt verwickelt sind.

Bergkarabach war Schauplatz einiger der gewalttätigsten Episoden in der jüngeren Geschichte des Südkaukasus, und trotz eines von Russland vermittelten Waffenstillstandsabkommens im Jahr 2020 sind die Spannungen noch lange nicht vorbei.

Die USA und die Europäische Union haben eine größere Rolle bei der Vermittlung in der Krise übernommen, da Russland (der traditionellere regionale Machtmakler, der jetzt in der Ukraine feststeckt) ein Vakuum hinterlassen hat. Und die Gespräche haben die Menschen mit Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden erfüllt.

Doch die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit den Meinungsverschiedenheiten über den Latschin-Korridor und die Behauptung, Aserbaidschan blockiere den einzigen Durchgang, der Armenien mit den Armeniern in Bergkarabach verbindet, scheinen darauf hinzudeuten, dass der Weg zum Frieden noch lang sein wird."

Eine Plattform für beide Seiten

Wir boten an, sowohl Ilham Alijew als auch Nikol Paschinjan dieselben Fragen zu stellen - und gaben ihnen die Möglichkeit, ihre Standpunkte ohne Unterbrechung oder Widerspruch darzulegen.

Die Idee war, beiden Seiten eine Plattform zu geben, um ihre Ansichten über den Konflikt und die Chancen auf Frieden zu äußern.

Als ich im Laufe der vergangenen Woche mit beiden Politikern zusammentraf, war klar, wer sich als Gewinner fühlte: Alijew kam lächelnd und sichtlich entspannt zu dem Treffen, während Paschinjan angespannt, ja fast wütend wirkte.

Beide hatten viel darüber zu sagen, warum sie sich in der entsprechenden Gemütsverfassung befanden.

Woher kommen die anhaltenden Feindseligkeiten?

Euronews-Reporterin Anelise Borges:  Herr Präsident Ilham Alijew, Herr Ministerpräsident Nikol Paschinjan, danke, dass Sie bei uns sind. Diese Region war Schauplatz einiger der gewalttätigsten Episoden in der jüngeren Geschichte des Südkaukasus. Und die Spannungen haben seit dem Friedensabkommen von 2020 nicht wirklich abgenommen. Worauf führen Sie die anhaltende Feindseligkeit zurück? 

Ilham Alijew, Präsident von Aserbaidschan: Die Erklärung, die am 10. November 2020 unterzeichnet wurde, hat keinen dauerhaften Frieden gebracht. Es war kein Friedensvertrag. Es war eine Erklärung, die de facto eine Kapitulation Armeniens darstellte. Deshalb haben wir Initiativen vorgeschlagen, um eine endgültige Lösung für unseren Konflikt mit Armenien zu finden - wie die gegenseitige Anerkennung der territorialen Integrität, der Souveränität, der internationalen Grenzen, der Grenzziehung, der Nichtanwendung oder der Androhung von Gewalt. Und wir haben diesen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Wir - das Land, das 30 Jahre lang unter der Besatzung gelitten hat und das Recht mit Gewalt wiederhergestellt hat - waren also die Urheber des neuen Friedensprozesses. Ich kann nicht behaupten, dass er sehr reibungslos verläuft. Wir sind immer noch optimistisch, weil es sehr aktive Verhandlungen auf der Ebene der Außenminister beider Länder gibt.

Nikol Paschinjan, Ministerpräsident Armeniens: Das am 9. November 2020 unterzeichnete Dokument ist kein Friedensvertrag oder ein Friedensabkommen im rechtlichen Sinne, aber de facto werden einige seiner Bestimmungen schwerwiegend und grob verletzt. Ich stimme mit Ihnen überein, dass es ein bestimmtes Konzept für die zukünftige Architektur sein kann und ist. Und leider werden viele Bestimmungen von Aserbaidschan regelmäßig und aktuell verletzt. Sie haben in Ihrer Frage von Bergkarabach gesprochen - und jeder versteht das - aber Aserbaidschan behauptet zum Beispiel weiterhin, dass es kein Bergkarabach gibt. 

Gibt es Hoffnung auf Frieden?

Euronews: Sie sind gerade aus Brüssel zurückgekehrt, wo Sie den aserbaidschanischen Präsidenten getroffen haben, Sie haben sich auch unter Vermittlung der EU mehrmals getroffen. Diese Friedensgespräche haben bei vielen Menschen die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden in dieser Region geweckt. Laut Ihrer Rede sollten wir uns also keine Hoffnungen machen? Kann es Frieden geben und was können Sie uns über die Ergebnisse dieser Gespräche sagen? 

Nikol Paschinjan: Es kann nicht nur Frieden geben, sondern es muss Frieden geben. Das ist meine Überzeugung, mein Standpunkt. Daran glaube ich. Aber damit das geschehen kann, ist es auch wichtig, dass die internationale Gemeinschaft sich wichtiger Nuancen bewusst ist, dass sie sich darüber im Klaren ist, warum es keine ausreichenden Fortschritte gibt. Lassen Sie mich auf unser vorletztes Treffen in Brüssel zurückkommen, als der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, anwesend war und ich und der Präsident von Aserbaidschan vereinbart haben - oder besser gesagt, wir haben uns darauf geeinigt, dass Armenien und Aserbaidschan ihre Gebiete gegenseitig anerkennen werden: das Gebiet Armeniens, 29.800 Quadratkilometer, und 86.600 Quadratkilometer Aserbaidschans. Die territoriale Integrität des jeweils anderen. Bislang hat der Präsident Aserbaidschans diese Vereinbarung nicht öffentlich bestätigt. Er hat sie aber auch nicht dementiert. Das ist eine Spitzfindigkeit, die kein Vertrauen schafft. 

Ilham Alijew: Es ist angebracht, hoffnungsvoll zu sein. Diese Treffen ermöglichen es uns, sehr heikle Fragen anzusprechen - wie wird die Grenze aussehen? Denn die Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan ist noch nicht festgelegt. Als die Sowjetunion zusammenbrach, waren wir mit dieser Aggression konfrontiert. Wie wird also die Grenze aussehen? Wie ist die Lage vor Ort? Wie sieht es mit der Kommunikation aus? Denn Armenien hat sich in der Folge des zweiten Karabach-Krieges verpflichtet, uns Zugang zu unserer Exklave Nachitschewan zu gewähren. Aber das ist immer noch nicht geschehen. Die Minister konzentrieren sich also hauptsächlich auf die Paragrafen des Friedensvertrags. Unsere Treffen schaffen eine gute Atmosphäre. Aber wenn wir einen konstruktiven Ansatz von armenischer Seite sehen und, was am wichtigsten ist, wenn sie alle ihre Bestrebungen, unsere territoriale Integrität anzufechten, vollständig aufgeben, dann können wir sehr bald eine Friedenslösung finden, vielleicht sogar bis zum Ende des Jahres.

Friedensverhandlungen - vermittelt durch die EU?

Euronews: Was bringt die EU in die Verhandlungen ein? 

Ilham Alijew: Die EU war nicht Teil des Vermittlungsprozesses während der Besatzungszeit seit unserer Verhandlungen ab 1992. Es war die Initiative des Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, der uns eingeladen hat. Wir haben das unterstützt, da die EU eine gute Zusammenarbeit zu Aserbaidschan und Armenien pflegt. Deshalb ist die EU am besten geeignet, weil unsere Beziehungen zur EU auf gegenseitigem Respekt, gegenseitigem Vertrauen und gegenseitigem Interesse beruhen. Diese Initiative entwickelt sich nun zu einem sehr aktiven Dialogformat, denn wir treffen uns nicht nur in Brüssel, sondern zum Beispiel auch am Rande der Europäischen Friedensinitiative. Das letzte Mal war das im moldawischen Chişinău. Das ist wichtig, denn wir dürfen nicht zulassen, dass die Situation stagniert, denn wenn sie stagniert, wenn es wieder zu einem Abbruch der Verhandlungen kommt, dann sind wir vor keinem gefährlichen Szenario sicher. 

Nikol Paschinjan: Zunächst möchte ich betonen, dass die Vorteile der Mediation seit langem allen bekannt sind. Aber alle Mediationen sind mit gewissen Mängeln behaftet. Und wenn Sie mir gestatten, werde ich über diesen Mangel sprechen. Ich gehe davon aus, dass eine wirksame Mediation, wenn eine Vereinbarung nicht eingehalten wird, zumindest eine politische Haltung gegenüber demjenigen zeigt, der sich nicht an diese Verpflichtung hält. Auf der Brüsseler Plattform zum Beispiel sehen wir das nicht. Ich spreche diese Frage immer wieder an. Ich verrate Ihnen sogar ein Geheimnis: Wir haben sogar ein Dokument erstellt, das wir als "Audit" bezeichnet haben und in dem wir die auf der Brüsseler Plattform getroffenen Vereinbarungen auflisten, die dann aber nicht eingehalten wurden. Und das ist ein ziemlich dickes Paket. Es ist ein ziemlich dickes Paket geworden, was alarmierend ist. 

Welche Rolle spielt Russland?

Euronews: Hat die Tatsache, dass der Westen hier eine größere Rolle spielt, - die USA und die EU, den traditionelleren regionalen Machtmakler - Russland - verärgert? Oder hat die Tatsache, dass Russland in der Ukraine feststeckt, anderen Akteuren mehr Raum gegeben, um zu versuchen, Ihnen und Aserbaidschan zu helfen, eine gemeinsame Basis zu finden?

Nikol Paschinjan: Ich möchte Sie daran erinnern, dass dieses internationale Kräftemessen nichts direkt mit uns zu tun hat. Sie wissen, dass die Ko-Vorsitzenden der "Minsker Gruppe" der OSZE aktiv waren, sie wurden geschaffen, um den Bergkarabach-Konflikt zu lösen. Aber seit dem 24. Februar 2022 haben die Ko-Vorsitzenden einfach aufgehört, miteinander zu kommunizieren. Einige von ihnen beschlossen, dass sie nicht mehr mit den anderen Ko-Vorsitzenden zusammenarbeiten wollten, und so kam es zu einem Problem.

Ilham Alijew: Eigentlich war Russland der Vermittler eines Waffenstillstandsabkommens bzw. der Erklärung vom 10. November 2020. Es waren nicht die USA, es war nicht die EU. Und unsere ersten Treffen mit meinem armenischen Kollegen wurden von Russland in Russland organisiert. Mit dem russisch-ukrainischen Krieg änderte sich die Situation und die USA und Europa wurden aktiver. Für uns macht es eigentlich keinen großen Unterschied, wer den Prozess anführt oder wer bis zu einem gewissen Grad den Verhandlungsprozess dominiert. Wichtig ist, dass wir zu einem Ergebnis kommen. 

Euronews: Sie haben komplexe und lange historische Beziehungen zu Russland. Wie groß ist der Einfluss Russlands in der Region im Moment? 

Ilham Alijew: Was Aserbaidschan betrifft, so hat sich nicht viel geändert, denn unsere Beziehungen zu Russland sind ausgewogen. Sie beruhen auf der Anerkennung der nationalen Interessen der jeweils anderen Seite und natürlich der territorialen Integrität und Souveränität. Russland ist ein Nachbar und ein Partner.

Nikol Paschinjan: Natürlich hat durch die Ereignisse in der Ukraine nicht nur das Interesse Russlands, sondern auch das anderer geopolitischer Akteure an unserer Region abgenommen, weil sich die internationale Aufmerksamkeit auf die Ukraine konzentriert. Und ja, das ist ein Faktor. 

Wie ist die derzeitige Lage vor Ort?

Euronews: Sprechen wir über die derzeitige Situation vor Ort: Die EU, die USA – alle haben Garantien für die Bewegungsfreiheit im Latschin-Korridor gefordert: Was wissen Sie darüber, was in diesem Korridor passiert, der ein wichtiges Tor für die Menschen in Bergkarabach ist?

Nikol Paschinjan: Was vor Ort passiert, ist eine humanitäre Krise in Bergkarabach. Nach Bergkarabach werden keine Lebensmittel geliefert. Es gibt keine externen Nahrungsmittellieferungen. Eine Reihe von lebenswichtigen Gütern wird nicht geliefert. Babynahrung wird nicht geliefert, Medikamente sind nicht verfügbar. Keine Hygieneartikel. Andere lebenswichtige Güter sind nicht vorhanden. Die Erdgaslieferungen nach Bergkarabach wurden von Aserbaidschan unterbrochen. Die Stromzufuhr nach Bergkarabach wurde von Aserbaidschan unterbrochen. Die Versorgung mit Treibstoff wurde von Aserbaidschan unterbrochen. In diesem Sinne gibt es dort eine echte Krise, mit Hunger, Gesundheitsproblemen und so weiter und so fort. 

Euronews: Aserbaidschan bestreitet das. Sie sagen, dieAğdam -Straße sei offen. 

Nikol Pashinyan: Ich weiß nicht, worauf Sie sich beziehen, ich spreche von dem Dokument, das ich unterzeichnet habe und das den Status eines internationalen Dokuments hat. Es besagt eindeutig, dass der Latschin-Korridor - der unter der Kontrolle der russischen Friedenstruppen steht, und es geht nicht nur um die Straße, sondern um ein fünf Kilometer breites Gebiet - nicht unter aserbaidschanischer Kontrolle stehen darf und eine Verbindung zwischen Bergkarabach und Armenien gewährleisten muss. 

Ilham Alijew: Die Bewegungsfreiheit ist nicht eingeschränkt. Seit wir am 23. April den Grenzkontrollpunkt eingerichtet haben, sind mehr als 2000 Bewohner Karabachs problemlos nach Armenien und zurückgereist. Am 15. Juni unternahm Armenien eine weitere militärische Provokation und verwundete einen unserer Grenzsoldaten, woraufhin die Straße für eine Untersuchung vorübergehend geschlossen wurde. Doch dann wurde sie wieder geöffnet. Das Rote Kreuz nahm den Transport von Medikamenten und die Evakuierung von Patienten, die in Armenien behandelt werden müssen, wieder auf. Leider wurden bei der Kontrolle der Lastwagen des Roten Kreuzes Schmuggelwaren wie Zigaretten, iPhones und Benzin gefunden. Das Rote Kreuz gab das zu und erklärte uns, dass es dafür keine Verantwortung trägt. Aber diese Lastwagen hatten ihr Zeichen und die Fahrer hatten ihre Logos auf ihrer Uniform. 

Das Leid der Menschen

Euronews: Etwa 5.000 Menschen verloren ihr Leben 2020 auf beiden Seiten. Ich traf in Bergkarabach viele Mütter von gefallenen armenischen Soldaten. Durch die Arbeit meiner Kollegen in Aserbaidschan wurde ich auch Zeuge des Schmerzes und der Verwüstung auf der anderen Seite, auf Ihrer Seite. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer Mutter, die mir sagte, dass sie die Politiker für den Krieg und den Tod ihrer Söhne verantwortlich machte und meinte, die Politiker sollten die Dinge auf diplomatische Weise regeln und nicht in die Fallen eines Krieges tappen. Was glauben Sie, ist Ihre Aufgabe? Dauerhaften Frieden zu schaffen oder einen Krieg zu gewinnen? 

Ilham Alijew: Die Menschen, die in Karabach leben, in dem Gebiet, das jetzt vorübergehend von russischen Friedenstruppen kontrolliert wird, sie leben in Aserbaidschan, und sie sollten wählen, ob sie als Bürger Aserbaidschans, als ethnische Minderheit dort leben wollen, wie jede andere ethnische Minderheit, an der Aserbaidschan reich ist, oder sie sollen gehen! 

"Den Krieg zu gewinnen, war die Aufgabe meines Lebens, meines politischen Lebens. Wir haben den Krieg gewonnen. Wir haben die Gerechtigkeit und unsere territoriale Integrität wiederhergestellt. Und jetzt sprechen wir über Frieden. Wenn Armenien Frieden will, werden wir ihn erreichen, denn wir haben keine territorialen Ansprüche an Armenien und wir wollen auch nicht, dass Armenien territoriale Ansprüche erhebt."
Ilham Alijew
Präsident von Aserbaidschan

Nikol Pashinyan: Krieg ist in jedem Fall falsch. Wenn es einen Krieg gibt, hat jemand irgendwo etwas falsch gemacht oder mehrere Leute an mehreren Orten haben etwas falsch gemacht. Was ist die Ursache für einen Krieg? Die Ursache des Krieges ist die Unmöglichkeit, einen dauerhaften Frieden zu erreichen oder den Frieden zu erhalten. Und diese Unmöglichkeit - ist sie echt? Ist sie authentisch? Das ist die andere Frage. Mein Sohn war im Krieg. Meine Frau war im Krieg. Und jetzt stellen Sie eine sehr ernste Frage. Es ist in der Tat eine berechtigte Frage, sie hat so viel Gewicht. Während unserer gesamten Existenz hat die Menschheit über die Notwendigkeit gesprochen, Kriege zu vermeiden und Frieden zu erreichen.

Euronews: Haben Sie eine Botschaft an die andere Seite, nicht an die Politiker, die Sie bei den Verhandlungen treffen, sondern an die Menschen?

Nikol Pashinyan: Es gibt Sätze, die die Menschen normalerweise sagen, ‚oh, wir haben lange hier gelebt und wir werden noch lange hier leben. Alles ist bereits gesagt worden.

"Es gibt vielleicht etwas, das ich zu den Menschen in beiden Ländern sagen möchte. Sowohl die Öffentlichkeit Armeniens als auch die Öffentlichkeit Aserbaidschans müssen von ihren Regierungen Frieden einfordern. Das sollte als öffentliche Forderung artikuliert werden. Es braucht Ruhe, Flexibilität und Geschick, um die Anforderung zu erfüllen."
Nikol Pashinyan
Ministerpräsident Armeniens

Ilham Alijew: Darüber habe ich noch nie nachgedacht, denn es ist das erste Mal in meinem Leben, dass mir diese Frage gestellt wird. Die Botschaft an die Armenier in Armenien ist, dass wir Frieden mit ihrem Staat haben wollen. Eine weitere Botschaft an sie ist, dass sie sich der gegenwärtigen geopolitischen Lage und des Gleichgewichts der Kräfte bewusst sein sollten. Viele Jahre lang haben armenische Politiker den Menschen eingeredet, dass sie die stärkste Armee der Welt haben und dass sie im Falle eines Krieges nach Baku kommen werden, aber der Krieg hat dieses Narrativ zerstört. Wir wollen keinen weiteren Krieg. Weder heute noch jemals in der Zukunft. Und was die Armenier in Karabach betrifft, so sollten sie ihren sogenannten Anführern nicht folgen. Diese Anführer haben sie die ganze Zeit über belogen. Die Armenier in Karabach sollten verstehen, dass sie als Teil der aserbaidschanischen Gesellschaft mit Sicherheitsgarantien auch ihre Rechte haben, einschließlich ihrer Rechte in den Bereichen Bildung, Kultur, Religion und Gemeinde. Sie werden ein normales Leben führen und nicht länger eine Geisel der Manipulation sein. Wir bieten ihnen ein normales Leben. Wenn sie mir zuhören, sollten sie es verstehen und sie werden erkennen, dass ich meine, was ich sage.

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