Russland: Prominenter Wahlbeobachter Melkonjanz festgenommen

Grigori Melkonjanz, Co-Vorsitzender von Golos, während des Gerichtstermins in Moskau
Grigori Melkonjanz, Co-Vorsitzender von Golos, während des Gerichtstermins in Moskau Copyright Alexander Zemlianichenko/Copyright 2023 The AP. All rights reserved.
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Von Euronews mit dpa, AP
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Der Co-Vorsitzende von Russlands führender Wahlbeobachtungsorganisation, Golos, wurde in Moskau inhaftiert. Der NGO wird Tätigkeit für eine "unerwünschte" Organisation vorgeworfen.

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Wenige Wochen vor Wahlen in Russland ist der prominente Beobachter Grigori Melkonjanz in Moskau inhaftiert worden. Ein Gericht in der Hauptstadt ordnete am Freitag gegen den Co-Vorsitzenden der Menschenrechtsorganisation Golos (deutsch: Stimme), die sich für freie Wahlen einsetzt, Untersuchungshaft bis 17. Oktober an. Ihm droht im Fall einer Verurteilung eine sechsjährige Haftstrafe.

Die Golos-Beobachter legten in der Vergangenheit zum Ärger des Machtapparats immer wieder massive Verstöße gegen das Wahlrecht sowie Manipulationen offen. In Russland sind am 10. September vielerorts Wahlen geplant, darunter auch in Moskau, wo Bürgermeister Sergej Sobjanin auf einen Verbleib im Amt setzt. Im März 2024 finden die Präsidentschaftswahlen statt.

Die Nichtregierungsorganisation ist von den russischen Behörden seit 2013 als "ausländischer Agent" gebrandmarkt und sieht sich damit politischer Verfolgung ausgesetzt. Golos war früher Mitglied des Europäischen Netzwerks der Wahlbeobachtungsorganisationen (ENEMO) gewesen, das Moskau in 2021 als "unerwünscht" eingestuft hat.

Der Verteidiger des Aktivisten, Michail Birjukow, wies die Anschuldigungen gegen seinen Mandanten zurück. Melkonjanz oder Golos hätten mit keiner "unerwünschten Organisation" zusammengearbeitet.

Am Vortag hatte es auch Razzien in Wohnungen der unabhängigen Beobachter gegeben. Das Vorgehen gilt als Teil einer von Menschenrechtlern beklagten zunehmenden autoritären Repressionswelle in Russland gegen Andersdenkende.

Melkonjanz betonte stets, dass Golos sich weiter für den Schutz der Wählerstimmen einsetzen wolle. Offiziell vorgeworfen wird ihm die Tätigkeit für eine "unerwünschte Organisation" in Europa.

Die Wahlbeobachter würden "vernichtet", weil der Kreml so eine Dokumentation der Verstöße verhindern wolle, sagte der Politologe Abbas Galljamow. Das sei bereits eine Vorbereitung auf die Präsidentenwahl im März 2024. "Von einer Zustimmung von 90 Prozent für Putin kann in Wirklichkeit keine Rede sein. Seine echten Werte liegen jetzt bei 30, maximal 40 Prozent", meinte er. "So gesehen ist Golos für den Kreml einfach ein Messer an der Kehle."

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