Georgien zwischen EU-Beitritt und Russlandpolitik. Die Wahlen am Samstag entscheiden alles.
Am Samstag wird in Georgien gewählt. Zum ersten Mal werden die Parlamentswahlen in einem vollständigen Verhältniswahlsystem abgehalten.
Doch es kommt immer wieder zu Straßendemonstrationen: EU-Befürworter gegen EU-Gegner. Seit drei Legislaturperioden ist die Partei "Georgischer Traum" an der Macht. Sie wurde vom Milliardär und Oligarchen Bidzina Iwanischwili gegründet und seitdem kontrolliert. Nach Ansicht des Carnegie-Europaforschers Thomas de Waal sind Iwanischwili und seine Regierungspartei inzwischen stark antiwestlich geworden.
Starke Tendenzen in Richtung Russlandpolitik
Thomas de Waal, Osteuropaexperte an der Carnegie Europe sagte:
"Sie haben diese extreme antiwestliche Wendung vollzogen, um zu versuchen, an der Macht zu bleiben, um die Demokratie in Georgien abzubauen, um die gegenseitige Kontrolle zu verringern. Diese Position entfremdet den Westen und Georgiens westliche Verbündeten und bringt das Land näher an Russland und auch an einige andere autokrate Regierungen, besonders an das Ungarn von Viktor Orbán."
In jüngster Zeit wurden in Georgien die gleichgeschlechtliche Ehe und die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare verboten. Medien und zivile Organisationen, die vom Ausland finanziert werden, wurden nach russischem Vorbild als "ausländische Agenten" abgetan.
Tinatin Akhvlediani, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Zentrum für Europäische Politikstudien (CEPS), sieht einen Ruck hin zur Russlandpolitik.
"Grundsätzlich sind ihre Aktivitäten und die Verabschiedung von Gesetzen sehr kremlfreundlich. Sie sagen zwar nicht offen, dass Georgien sich Russland annähert. Aber all ihre Handlungen, ihre gesamte gesetzgeberische Tätigkeit ist im Grunde genommen darauf ausgerichtet. Das ist also ihre Strategie. Russland mischt sich im Grunde genommen durch diese Regierung in die Innenpolitik ein, damit es seine Präsenz nicht noch verstärken muss."
Georgien erhielt im Dezember letzten Jahres den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Doch im Juni dieses Jahres kritisierten die Staats- und Regierungschefs der EU, dass die antidemokratischen Maßnahmen Georgiens die europäische Integration des Landes gefährden und zu einem Stillstand des Beitrittsprozesses führen würden.