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Kriegsrecht in Südkorea: Wie es dazu kam und wie es weitergeht

Demonstranten fordern den Rücktritt des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol vor der Nationalversammlung in Seoul, 4. Dezember 2024. Auf den Schildern steht "Bestrafen".
Demonstranten fordern den Rücktritt des südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol vor der Nationalversammlung in Seoul, 4. Dezember 2024. Auf den Schildern steht "Bestrafen". Copyright  Ahn Young-joon/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.
Copyright Ahn Young-joon/Copyright 2024 The AP. All rights reserved.
Von Orestes Georgiou Daniel & euronews
Zuerst veröffentlicht am
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Am späten Dienstagabend hat der südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol das Kriegsrecht verhängt. Nach dem Widerstand des Parlaments machte er innerhalb weniger Stunden einen Rückzieher. Nun arbeitet die Opposition auf seinen Rücktritt hin.

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Als Präsident Yoon Suk-yeol am Dienstagabend live im südkoreanischen Fernsehen auftrat, erwarteten nur wenige, dass er das Kriegsrecht verhängen würde.

Das letzte Mal, dass ein Staatsoberhaupt in Seoul dies tat, war vor fast einem halben Jahrhundert, im Jahr 1979, inmitten mehrerer Jahrzehnte autoritärer Herrschaft, die 1987 endete.

Diese Ära begann mit dem Ende des Koreakriegs (1950-1953), nach dem eine Reihe diktatorischer Führer mehrmals das Kriegsrecht ausrief, um das Militär auf den Straßen des Landes zu stationieren und regierungsfeindliche Proteste niederzuschlagen.

Vielen Südkoreanern ist dies noch in lebhafter Erinnerung - Bilder von Männern in Militärkleidung, Hubschraubern und Panzern, die die Nationalversammlung in Seoul stürmen, erinnern sie an die Zeit der Militärjunta, zu der die meisten im Lande nicht zurückkehren möchten.

Letztendlich setzte sich dieses Gefühl durch: Die Nationalversammlung stimmte einstimmig mit 190:0 Stimmen für die Aufhebung des Kriegsrechts, und nur sechs Stunden später, um 4:30 Uhr Ortszeit, hob der Präsident seinen Befehl auf.

Warum hat Yoon Suk-yeol das Kriegsrecht verhängt?

In seiner Fernsehansprache am Dienstag beschuldigte Yoon angebliche pro-nordkoreanische und staatsfeindliche Kräfte, das Land destabilisieren zu wollen. Er lieferte zwar keine Beweise für eine konkrete Einmischung Nordkoreas, verwies aber auf die Oppositionsparteien, die seine Politik blockierten und versuchten, einige seiner Regierungsmitglieder zu entmachten.

Es stimmt zwar, dass das seit April dieses Jahres von der Opposition dominierte Parlament viele der vom Präsidenten vorgeschlagenen Maßnahmen wiederholt blockiert hatte, aber die drastische Maßnahme des Kriegsrechts kam für viele doch überraschend.

Sogar der Vorsitzende von Yoons konservativer Gungminui-him Partei (dt. Macht der Staatsbürger), Han Dong Hoon, schien davon überrascht zu sein, denn er sagte, die Entscheidung des Präsidenten sei "falsch" und er werde "mit dem Volk dagegen angehen".

Der Oppositionsführer Lee Jae-myung von der zentristisch-liberalen Demokratischen Partei nannte die Ankündigung "illegal und verfassungswidrig".

Myunghee Lee, Assistenzprofessorin für internationale Beziehungen an der Michigan State University, erläutert, dass Yoon "zunehmend frustriert ist, sowohl durch die Spaltungen in seiner eigenen Partei als auch durch die Versuche der Opposition in der Nationalversammlung, wichtige Teile seiner Agenda zu blockieren".

Er sah sich auch mit einer Reihe von Skandalen konfrontiert, darunter einer, bei dem seine Frau angeblich eine Dior-Tasche von einem Pastor annahm.

Gegen Yoon, dessen Zustimmungsrate bei nur 20 % liegt, waren schon zuvor Forderungen nach einem Amtsenthebungsverfahren laut geworden, er befand sich laut Lee in einer "unglaublich schwachen Position".

Südkoreas Außenpolitik unter Yoon

Während ihrer Amtszeit bemühte sich die Regierung Yoon um eine Stärkung der Beziehungen zu Washington, eine Politik, die in der südkoreanischen Öffentlichkeit im Allgemeinen auf Zustimmung stieß.

Deutlich weniger populär ist jedoch sein Versuch, die Beziehungen zu Japan auf mehreren Ebenen zu verbessern, unter anderem durch den Austausch von Geheimdienstinformationen und militärische Übungen. Aufgrund der traumatischen Vergangenheit des Landes unter der japanischen Kolonialherrschaft sind solche Maßnahmen mit Japan nach wie vor ein Tabu.

In Bezug auf Nordkorea hat Yoon eine härtere Haltung eingenommen als sein Vorgänger, wie aus seinen Erklärungen vom Dienstag hervorgeht. Ex-Präsident Moon Jae-in bemühte sich um eine Annäherung an den nordkoreanischen Staatschef Kim Jong-un, während die amtierende Regierung derartige Initiativen fast vollständig eingestellt hat.

In Bezug auf die benachbarte Weltmacht China hat Yoon versucht, einen pragmatischen Weg einzuschlagen, indem er erklärte, dass Südkorea nicht das Gefühl habe, sich zwischen China und den USA entscheiden zu müssen.

Wie geht es weiter?

Eine Koalition aus Oppositionsparteien hat inzwischen ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Yoon Suk Yeol beantragt. Sein Vorgehen wurde selbst in seiner eigenen Partei fast einhellig verurteilt.

Die hochrangigen Berater des Präsidenten, seine Sekretäre und einige Kabinettsmitglieder, darunter Verteidigungsminister Kim Hyun-jong, haben kollektiv ihren Rücktritt angeboten.

Sechs Oppositionsparteien reichten am Mittwochmorgen einen Antrag auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ein, für das eine Zweidrittelmehrheit im Parlament und die Unterstützung von mindestens sechs Richtern des Verfassungsgerichts des Landes erforderlich sind.

Parlamentspräsident Woo Won-sik wird eine Sitzung eröffnen, in der der Antrag erörtert werden soll, was bereits am Freitag oder Samstag geschehen könnte. Die Abstimmung muss innerhalb von drei Tagen nach der Verhängung des Amtsenthebungsverfahrens stattfinden.

Das letzte Mal, dass das Kriegsrecht in Südkorea verhängt wurde, war 1979 nach der Ermordung des ehemaligen Militärdiktators Park Chung-hee.

Gegen dessen Tochter hat Yoon Suk-yeol übrigens ein Korruptionsverfahren eingeleitet. Sie war bis zu ihrer Amtsenthebung wegen Machtmissbrauchs im Jahr 2016 Präsidentin Südkoreas.

Weitere Quellen • AP

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