Ende April ist die elektronische Patientenakte bundesweit verfügbar: Sie soll ein sicherer, lebenslanger Speicher für persönliche Gesundheitsdaten sein, so Lauterbach. Was bedeutet die E-Akte für Patienten?
Ab dem 29. April kann die elektronische Patientenakte (ePA) für alle bundesweit genutzt werden. Mit einem Klick sind Behandlungen, Operationen, Vorsorgeuntersuchungen sowie Medikamente sichtbar. Die E-Akte soll den Austausch und die Nutzung von Gesundheitsdaten vorantreiben und die Versorgung gezielt unterstützen, so das Bundesministerium für Gesundheit. Es ist Karl Lauterbachs letzter Akt als Minister.
"Statt einer Blatt-Sammlung zu Hause oder einzelnen Befunden verschiedener Praxen stehen Ärzten sowie Versicherten die relevanten Informationen und Dokumente sicher und auf einen Blick zur Verfügung." heißt es in einem Informationsblatt des Bundesgesundheitsministeriums. "So können unnötige, belastende Mehrfachuntersuchungen oder auch unerwünschte Arzneimittelwechselwirkungen vermieden werden."
Alle wichtigen Gesundheitsdaten sollen künftig digital und gesammelt in einer elektronischen Patientenakte dargestellt werden. Diese kann jederzeit und an jedem Ort mit Internetempfang abgerufen werden. Die Akte ist in einer App verfügbar. Auch wer die App nicht nutzt, hat eine elektronische Patientenakte für Arztbriefe, Krankengeschichte und Medikationsliste.
Was genau bedeutet das für Patienten?
1. Wie funktioniert die elektronische Patientenakte?
Die elektronische Patientenakte soll die Versorgung von Patienten für behandelnde Ärzte, Krankenhäuser oder Facharzttermine einfacher machen. So stehen beispielsweise in einer digitalen Medikationsliste alle Medikamente, die ein Patient einnimmt. Wer ein neues Arzneimittel benötigt, kann ungewollte Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten besser ausschließen.
Bei einem Termin können Ärzte also Medikamente, Rezepte sowie Befunde anderer Untersuchungen einsehen. Dabei gibt allerdings Einschränkungen, die Patienten selbst festlegen können.
2. Wer hat Zugriff auf die Patientenakte?
Arztbriefe, Krankengeschichte und Medikationsliste fließen automatisch in die ePA. Wer darauf wie lange Zugriff hat, das entscheiden Patienten selbst.
Den Zugang zu persönlichen medizinischen Daten kann jeder Patient selbst verwalten. Zugriffsrechte können darüber hinaus jederzeit festgelegt, kontrolliert und verändert werden. Dies ist in der App der Krankenkasse oder über persönliche Kontaktaufnahme mit dem Ansprechpartner bei der Krankenkasse möglich.
Bei Bedarf können Patienten auch einzelnen Ärzten den Zugriff auf alle persönlichen Gesundheitsdaten verweigern. Wenn es die Lebenssituation erfordert, ist es möglich, einem Stellverteter, etwa einem Familienmitglied oder einer vertrauten Person, die Verwaltung der Akte zu übertragen.
Krankenkassen haben übrigens keinen Zugang zu den Gesundheitsdaten. In einem Zugriffsprotokoll ist für Patienten mit Datum- und Zeitstempel jeder Zugriff einsehbar. Dabei ist auch ersichtlich, welche Einrichtung welche Dokumente angesehen oder abgelegt hat.
3. Wie ist der Datenschutz gewährleistet?
Alle medizinischen Unterlagen werden gesammelt und digital verschlüsselt abgelegt. Patienten müssen also nicht mehr selbst Buch führen und dafür sorgen, dass alle Dokumente vorhanden bleiben.
Die Datensicherheit garantiert das Bundesgesundheitsministerium: "Die Daten sind auf sicheren, in Deutschland stehenden Servern gespeichert - nach höchsten Standards und den europäischen Datenschutzbestimmungen", heißt es in einem Informationsblatt.
Wer die ePA anderer Personen einsehen will, benötigt neben der Zustimmung dieser Person auch einen klar ausgewiesenen, legitimierten Zweck.
Ein offener Brief des Chaos Computer Clubs hatte Anfang des Jahres auf mögliche Sicherheitslücken hingewiesen. Das Bundesgesundheitsministerium gibt an, dass das theoretische Problem vor der Einführung technisch gelöst sein wird.
Das System hinter der E-Akte ist eine sogenannte Telematikinfrastruktur. Dieses hochsichere digitale Netzwerk verbindet IT-Systeme aller Akteure im Gesundheitswesen.
4. Wie läuft ein Arzttermin ab?
Haben Sie einen Termin beim Arzt, so muss dieser alle Informationen und Daten, die der Arzt in der ePA eintragen wird, mit Ihnen besprechen. Ärzte sind verpflichtet, die ePA zu befüllen. Dies kann auch ein medizinischer Fachangestellter oder pflegerisches Personal übernehmen. Patienten können der Übermittlung und Speicherung der Daten allerdings widersprechen.
Das gilt insbesondere für die mögliche Speicherung von potenziell diskriminierenden oder stigmatisierenden Daten, wie beispielsweise sexuell übertragbare Infektionen, psychsiche Erkrankungen oder Schwangerschaftsabbrüche.
Beim Vorzeigen und Scannen der Gesundheitskarte erhalten Ärzte Zugriff auf Ihre Akte. Nach dem Arzttermin bleibt die elektronische Patientenakte für den Arzt noch 90 Tage lang einsehbar. Das deckt längere Behandlungen ab. Bei Hausarztpraxen, die einen möglichst lebenslang begleiten, ist auch das Festlegen eines längeren Zeitraums möglich.
Bei einem Apothekenbesuch geben Sie dem Fachpersonal Einblick für drei Tage. Auch hier gelten die Möglichkeiten zum Ausschluss, zur Verkürzung oder zur Verlängerung.
5. Muss jeder Patient die elektronische Patientenakte nutzen?
Die Nutzung der elektronischen Patientenakte ist ab dem 29. April flächendeckend in Deutschland möglich. Sie bleibt allerdings freiwillig. Der Anlage und Nutzung kann jederzeit widersprochen werden. Dazu müssen sich Patienten an die jeweilige Krankenkasse wenden.
Ohne Widerspruch sind die Krankenkassen ab Oktober des laufenden Jahres verpflichtet, eine ePA anzulegen. Private Krankenversicherer dürfen ihren Versicherten ebenfalls einen ePA anbieten. Die Akte wird nach denselben Spezifikationen wie bei gesetzlich Versicherten gestaltet. Wichtiger Unterschied in der Nutzung: Die Berechtigung von Leistungserbringern erfolgt ausschließlich über die ePA-App, da Privatversicherte keine elektronische Gesundheitskarte haben.