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Charterflug für Deutsche in Israel: Wie gefährlich ist der Landweg nach Amman?

Slowakische Reisende aus Israel sind sicher in ihrer Heimat angekommen, nachdem die Regierung Charterflüge zur Rückholung zur Verfügung stellte.
Slowakische Reisende aus Israel sind sicher in ihrer Heimat angekommen, nachdem die Regierung Charterflüge zur Rückholung zur Verfügung stellte. Copyright  AP Photo
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Von Franziska Müller
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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"Die Angst ist da, besonders nachts", sagt Anna, Deutsche in Tel Aviv. Sie hat nicht vor, die Charterflüge des Auswärtigen Amtes zu nutzen. Andere wiederum wollen Israel verlassen, wissen jedoch nicht, wie sie es über den Landweg nach Amman schaffen sollen.

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"Jedes Mal, wenn ich aus dem Bunker komme, hoffe ich, dass meine Wohnung noch steht", sagt Anna. Sie ist Deutsche und wohnt seit fast acht Jahren in Tel Aviv, im antiken Teil der Stadt.

"Wir alle haben seit Tagen nicht geschlafen, wegen des Alarms müssen wir drei- bis viermal pro Nacht aufstehen und in den Bunker laufen." Nicht alle Häuser haben Schutzräume - auf Hebräisch "Mamad".

Annas Alltag, ihr Partner und ihr soziales Umfeld ist in der israelischen Stadt. Es sei schwer, einfach alles stehen und liegen zu lassen und wegzugehen, erzählte sie Euronews. Sie möchte weiter in Israel bleiben, auch wenn die Entscheidung auf Unverständnis in der Familie trifft.

Charterflug aus Israel: Regierung bereitet Rückholung von Deutschen vor

Eine ihrer Kolleginnen hingegen ist auf dem Weg nach Amman, um den vom Auswärtigen Amt geplanten Charterflug von Jordanien nach Deutschland zu nehmen. Bis zu 180 Personen sollen mit einem ersten Flieger nach Deutschland gebracht werden, ein weiterer ist für Donnerstag angedacht.

Bereits am Freitagabend hatte das Auswärtige Amt eine verschärfte Reisewarnung für den Nahen Osten herausgegeben. Insbesondere deutsche Staatsbürger in Israel, Iran und Gaza sollten sich auf der Krisenvorsorgeliste ELEFAND eintragen. Reisende oder deutsche Anwohner in Krisengebieten wird empfohlen, sich zu registrieren.

Das ELEFAND-System ermöglicht vor allem schnellen Kontakt von den ortsansässigen Auslandsvertretungen zu den Deutschen im Ausland, die sich eingetragen haben. Im Krisen- und Katastrophenfall sind die Kommunikationswege bereits hergestellt.

Mehr als 4.000 Deutsche in Israel registrierten sich bis Dienstagmittag, im Iran waren es rund 1.000 Eintragungen. Die Regierung bietet einen ersten Charterflug an, der Mittwochmittag von Amman in Jordanien aus nach Frankfurt am Main geht. Allerdings muss die Reise dorthin eigenständig organisiert werden.

Andere europäische Länder organisieren für ihre Landsleute nicht nur den Charterflug aus Amman, sondern auch den Landweg dorthin. Die polnische stellvertretende Außenministerin Henryka Moscicka-Dendys erklärte am Dienstag in Warschau, sie würde einen Konvoi auf dem Landweg ins benachbarte Jordanien planen. Ein Flug aus Amman nach Polen soll die Betroffenen zurück ins Heimatland bringen. Polnischen Angaben zufolge haben sich rund 200 Menschen angemeldet.

Auch Griechenland hat seine Staatsbürger aus Israel zurückgeholt. Ein Flug von Sharm El Sheikh in Ägypten nach Athen brachte 105 Griechen zurück ins Heimatland. Dabei konnten auch andere europäische Staatsangehörige - darunter Deutsche, Franzosen und Italien und weitere Länder - mitgenommen werden.

"Die Operation halte ich für sehr riskant", erklärt Christine, die am Wochenende von Tel Aviv nach Deutschland zurückfliegen wollte. Ihr Flug wurde ersatzlos gestrichen. Die Alternative über Amman ist ihr zu riskant, darüber hinaus möchte sie nicht das Leben anderer Beteiligter gefährden. "Als Frau allein möchte ich mich nicht auf den Weg nach Jordanien begeben", sagte sie.

Ohne Unterbrechungen würde der Weg zur Grenze rund zwei Stunden dauern, schätzt Christine. "Aber man weiß ja auch nicht, ist der Weg jetzt komplett frei? Gibt es da irgendwelche durch den Krieg verursachte Schäden an den Straßen?"

Kritik am Auswärtigen Amt: Wie sicher ist eigenständige Reise nach Amman?

Um den Flug des Auswärtigen Amts am Mittwoch zu erwischen, hätte sie nachts Tel Aviv verlassen müssen. "Auf offener Straße ist man nicht geschützt", wirft sie ein. Zusätzlich müsste sie einen Fahrer finden, den Grenzübertritt nach Jordanien alleine schaffen, ein Visum kurzfristig beantragen.

Jordanien gewährt in dieser Ausnahmesituation laut Auswärtigen Amt ein "visa on arrival". Nach der Grenze ist allerdings noch ein Stück Landweg durch die palästinensischen Gebiete notwendig. Auch hierfür gibt es vom Auswärtigen Amt keine Unterstützung.

"Sollte ich über die Grenze kommen, müsste ich wieder einen vertrauenswürdigen Fahrer finden, der mich zum Flughafen bringt. Wenn ich überhaupt auf die Liste komme", so Christine. "Ich bin traurig darüber, dass Deutschland nicht einen halbwegs sicheren Transport organisiert", bedauert sie.

Sie fordert, falls der Luftverkehr in Israel geschlossen bleibt, einen Transport über den Landweg über das Westjordanland oder Ägypten, um den Flughafen sicher zu erreichen. Noch hofft sie auf eine Wiederaufnahme des Luftverkehrs, auch vom Flughafen in Tel Aviv.

Der Allenby Checkpoint: Deutsche diskutieren, ob die Einreise von Israel nach Jordanien hier möglich ist.
Der Allenby Checkpoint: Deutsche diskutieren, ob die Einreise von Israel nach Jordanien hier möglich ist. AP Photo

In diversen Facebook-Gruppen von Deutschen in Israel wird über das Angebot des Auswärtigen Amts diskutiert. Viele suchen andere Reisende, um den Weg nicht alleine machen zu müssen. Besonders die Situation an der Grenze scheint unklar. Manche sind skeptisch, ob das Visum am Grenzübergang Allenby bei Einreise nach Jordanien tatsächlich so einfach funktioniere.

Vivian erzählte Euronews, sie habe keinen Platz mehr in dem ersten Flieger bekommen. Sie versucht, trotzdem Wegbegleiter für eine schnelle Reise nach Amman zu finden. Sie hat privat einen Flug über Paris nach Berlin im Laufe der Woche gebucht. "Ich muss mich erstmal drum kümmern, wie ich mit anderen Leuten nach Amman komme", sagte sie. "Alleine traue ich mich nicht".

Alltag in Israel: Schwebe zwischen Normalität und Ausnahmezustand

Anna beschreibt die Stimmung derzeit als fragile Mischung aus Alltag und Alarm, denn der Alltag müsse weitergehen. "Zwischen Cafébesuch und Luftschutzkellern liegt nur ein Sirenenton und 10 Minuten Frühwarnung." Angst sei allgegenwärtig, vor allem nachts. Anna hält an dem Glauben fest, dass der Iron Dome und die israelischen Streitkräfte (IDF) sie beschützen.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch stand Tel Aviv erneut unter iranischem Beschuss, die der Iron Dome größtenteils abwehren konnte. Israel und Iran attackieren sich seit mehreren Tagen in Folge massiv. Der Iran hat seine Flugabwehr in neun Provinzen, darunter Teheran aktiviert. US-Präsident Donald Trump forderte die Bewohner auf, Teheran zu evakuieren.

Der Iron Dome hat Raketen über Tel Aviv abgewehrt. 18. Juni 2025.
Der Iron Dome hat Raketen über Tel Aviv abgewehrt. 18. Juni 2025. AP Photo

Auch aus mehreren israelischen Städten wie der Hafenmetropole Tel Aviv und Jerusalem gab es Berichte über betroffene Gebäude. Eine Rakete sei direkt neben der Wohnung einer Freundin eingeschlagen, berichtet Anna. Sie kann nicht in ihr Gebäude zurückkehren und schläft momentan bei ihr.

Anna überlegt, "ein paar Tage Richtung Süden zu fahren, wo es weniger Alarm gibt, einfach nur, um ein paar Nächte ruhig schlafen zu können." Die Nächte in den öffentlichen Bunkern waren für sie nicht sehr erholsam. Für sie ist trotzdem klar, dass sie in Israel bleiben möchte. "Es ist erschreckend, die Bilder aus Tel Aviv und der Umgebung zu sehen, aber irgendwie fühlt es sich auch immer noch nicht wirklich real an – zumindest für mich."

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