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Drohnenwall "Made in Germany": Wie sieht die Abwehr gegen die russischen Drohnen aus?

Eine Quantum Systems Drohne
Eine Quantum Systems Drohne Copyright  Quantum Systems
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Von Johanna Urbancik
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Europa will einen "Drohnenwall" gegen russische Angriffe aufbauen – technisch wäre das möglich. Das deutsche Drohnen-Unternehmen Quantum Systems warnt: Die größte Hürde sind nicht die Maschinen, sondern komplizierte, politische und bürokratische Abstimmungen zwischen der EU und NATO.

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Um die NATO-Ostflanke gegen russische Drohnen zu schützen, plant die EU den Aufbau eines sogenannten "Drohnenwalls". 

"Der Drohnenwall ist keine Mauer, sondern ein System der Systeme", erklärt Sven Kruck, Co-CEO des deutschen Drohnenunternehmens Quantum Systems.

"Aufklärung, Sensorfusion und Abwehr, integriert über Tausende Kilometer", so Kruck zu Euronews. Damit beschreibt er die Grundidee des geplanten Drohnenwalls: ein vernetztes System aus Sensoren und Abwehrmaßnahmen, das die NATO-Ostflanke schützen soll.

Co-CEO von Quantum Systems, Sven Kruck
Co-CEO von Quantum Systems, Sven Kruck Tetyana Chernyavska/Tetyana Chernyavska

"Mit Kanonen auf Spatzen schießen" – so lassen sich die NATO-Reaktionen auf die russischen Drohnen beschreiben, die vor kurzem in den polnischen Luftraum eingedrungen sind. Nur ein sehr geringer Teil dieser Drohnen konnte mit teuren Raketen abgefangen werden.

Der Einsatz von Hunderten günstiger Drohnen könnte die wenigen und teuren Abfangjäger der NATO schnell überlasten. Während diese nachladen müssten, blieben Teile des Luftraums ungeschützt, heißt es in einem Bericht des International Institute for Strategic Studies (IISS).

Abwehr aus dem 3D-Drucker

Kruck leitet mit Quantum Systems eines der führenden europäischen Drohnenunternehmen, das Hard- und Software selbst entwickelt und sich auf unbemannte Luftaufklärung spezialisiert hat. Das Unternehmen sammelt wichtige Erfahrungen aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine: Quantum Systems betreibt dort einen von über 200 Mitarbeitenden besetzten Standort und arbeitet zudem mit internationalen Partnern, unter anderem der Bundeswehr.

Neben Aufklärungsdrohnen entwickelt Quantum Systems auch Abwehrdrohnen. Paul Strobel, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Quantum-Systems, erklärt im Gespräch mit Euronews, dass die Abfang-Drohne "Hunter" für einen Drohnenwall verwendet werden könnte. Dieses unbemannte Flugobjekt hat den Vorteil, dass ihr Einsatz günstiger ist, als ein Flugzeug zu starten, um eine Drohne abzuschießen.

Visualisierung von Quantum Systems, wie der "Drohnenwall" aussehen könnte
Visualisierung von Quantum Systems, wie der "Drohnenwall" aussehen könnte Quantum Systems

"Wir schaffen, dass die Abfang-Drohne billiger ist als das, was sie abschießt", meint Strobel. "Damit hat man 'gewonnen' – wenn man inklusive Lieferkette und Produktion schafft, den Preis des Einsatzes niedrig zu halten. Das können wir sicherstellen, da die Drohnen zum großen Teil aus dem 3D-Drucker kommen."

Entlang der Grenze werden die Drohnen – an Strom und Software angeschlossen – als Flugabwehrbatterien in Koffern aufgestellt, sodass sich bei einer möglichen Luftraumverletzung lediglich eine Klappe automatisch öffnet und die Drohnen starten können.

Das Ziel wird dann ins Visier genommen und "je nach Ausstattung wirkt sie mit Sprengladung oder zerstört das Ziel durch ein Rammmanöver”, erklärt Strobel. Da Angriffsdrohnen bis zu 500 Kilometer pro Stunde fliegen können, reicht bei der hohen Geschwindigkeiten jedoch "oft schon der Aufprall", so Strobel.

Mensch versus Maschine

So ganz automatisch geht es jedoch nicht: Am Ende muss immer noch ein Mensch sicherstellen, ob es sich um eine Kampfdrohne handelt, und keine Hobby-Drohne. "Deswegen ist das auf regulatorischer Ebene ein brisantes Thema", ergänzt Strobel und erklärt, dass eine Flugabwehrbatterie dieser Art deshalb nicht für jeden Ort einsatzfähig sei. 

Sollte diese Art Drohnen-Abwehr beispielsweise an einem Flughafen eingesetzt werden, muss sichergestellt werden, dass die Drohne nicht aus Versehen in ein Passagierflugzeug fliegt und erheblichen Schaden anrichtet.

"Wenn man die Geräte mit einer Software koppelt, kann man das Problem jedoch lösen, da die Software weiß, was da oben unterwegs ist, was davon gut ist, was böse und was nicht da hingehört", meint Strobel.

Stellt sich jedoch heraus, dass es sich um ein nicht zugehöriges Flugobjekt handelt, kann man entscheiden, ob man das Objekt abfängt. Dazu muss in den letzten 500 Metern manuell durch die an der Drohne-montierte Kamera geschaut werden und der Abschuss per Knopf bestätigt werden. Alternativ kann man sich dann gegebenenfalls auch für einen Abbruch entscheiden.

Ein Koffer mit Drohnen von Quantum Systems
Ein Koffer mit Drohnen von Quantum Systems Quantum Systems

Ein System dieser Art gibt es jedoch noch nicht, so Strobel und nennt als Grund ein "riesiges bürokratisches Problem". "Rein technologisch könnte es so ein System geben: Aufklärungsdrohnen an der Grenze vernetzt mit Abfang-Drohnen und weiteren Aufklärungsdrohnen weiter hinten", erklärt er.

"Die Aufklärungsdrohnen könnten melden und möglicherweise identifizieren, ob es sich um eine Kampfdrohne handelt, sodass das nicht erst im Zielanflug erkannt werden muss."

Bürokratische Hürden gefährden Europas Luftraum

Die Industrie kann nur Input zu technologischen Möglichkeiten liefern. Politische und bürokratische Fragen liegen bei den Behörden. "Die EU und NATO müssen sich abstimmen: In welchen Zuständigkeitsbereich fällt das Abfangen einer Drohne?" fragt Strobel. 

Innerhalb der Union müsse deshalb definiert werden, welche Aufgaben den Behörden wie Frontex und den Mitgliedstaaten zufallen. "Dann muss innerhalb der Mitgliedstaaten abgestimmt werden, was Polizei, Militär und Grenzschutz machen", so Strobel. Auf jeder Ebene zerfällt das Thema immer wieder in einzelne Aspekte. "Als Hersteller sind unsere Kunden nicht die EU oder die NATO, sondern die Mitgliedstaaten mit ihren Streitkräften oder der Polizei", sagt Strobel im Gespräch mit Euronews.

"Wir bieten Software, die die Akteure miteinander vernetzt. Wenn es dann gelingt, dass Mitgliedstaaten, Militär und Polizei miteinander kommunizieren, umso besser. Unser Ansatz ist aber vor allem basisorientiert: Wir befähigen diejenigen, die es letztlich umsetzen müssen. Im besten Fall findet diese Initiative irgendwann in der Mitte zusammen."

"Wenn wir den Drohnenwall wollen, dann müssen wir ihn als Teil einer Transformation des europäischen Sicherheitssystems verstehen. Industrie und Politik brauchen ein gemeinsames Spielfeld und eindeutige Ansprechpartner. Nur so wird aus einer Metapher operative Realität", ergänzt Kruck und betont damit, dass der Drohnenwall nicht nur ein technisches System ist, sondern ein koordiniertes Zusammenspiel von Politik, Industrie und Militär.

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