In der Debatte um Rückführungen nach Syrien ruft EVP-Chef Manfred Weber zu Maß und Menschlichkeit auf. Er bekräftigt den Grundsatz der Rückführung, mahnt aber zu Flexibilität und verweist auf die Lage im Land.
Manfred Weber, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) und Mitglied der CSU, hat sich in der aktuellen Debatte um Rückführungen nach Syrien geäußert - und positioniert sich diplomatisch zwischen den kritischen Stimmen innerhalb der CDU und Bundesaußenminister Johann Wadephul. In einem Interview mit der Bild am Sonntag betonte Weber seine Unterstützung für Merz, mahnte jedoch zugleich zu „Flexibilität“ bei der Umsetzung.
Weber: Können Herz zeigen
"Das Prinzip ist Rückführung. Und trotzdem können wir Herz zeigen“, so Weber in dem Gespräch. Der Prozess müsse so gestaltet werden, dass er für beide Seiten tragfähig sei: Swohl für Syrer und dem Wiederaufbau ihres Landes wie auch für Deutschland.
Ähnlich wie Außenminister Wadephul verwies Weber auf die massiven Zerstörungen in Syrien infolge des langen Bürgerkriegs und sprach sich gegen übermäßigen Zeitdruck bei Abschiebungen aus.
Auf der einen Seite müsse das Recht umgesetzt werden, auf der anderen Seite gelte es, die schwierige Situation im Land und den stockenden Wiederaufbau im Blick zu behalten, betonte der EVP-Chef.
Realität ist Komplex
„Das Recht muss umgesetzt werden“, so Weber weiter. Zugleich räumte er ein, dass die Realität komplexer sei. In der Praxis stellten sich „tausend Fragen“ - etwa, wie mit gut integrierten Syrern umzugehen sei. Viele von ihnen leisteten in Deutschland wichtige Beiträge, etwa in Krankenhäusern. „Man muss sich fragen, ob man sie alle nach Syrien zurückführen will“, sagte Weber der Bild am Sonntag.
Unruhe in der Union
Mit seinen Äußerungen zur schwierigen Rückkehr von Syrern in ihre Heimat hatte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) parteiintern in den vergangenen Tagen für Unruhe gesorgt. Nach einem Besuch in den zerstörten Vororten von Damaskus hatte er bezweifelt, dass viele Geflüchtete in absehbarer Zeit freiwillig zurückkehren werden: „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“
In der Unionsfraktion stieß Wadephul damit auf scharfe Kritik. Ein Abgeordneter sprach von einem „desaströsen Auftritt“. Kritiker warfen ihm vor, vom Ziel abzurücken, syrische Straftäter und Gefährder abzuschieben und eine freiwillige Rückkehr zu fördern.
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte, an den Abschiebeplänen festhalten zu wollen. Kanzler Friedrich Merz (CDU) versuchte zu beschwichtigen: Er stehe hinter Wadephul, erklärte Regierungssprecher Stefan Kornelius.
„Die Syrer erleben sich als Spielball“ – Kritik an der Rückführungsdebatte
Außerhalb der Union stößt die Debatte über mögliche Rückführungen nach Syrien vermehrt auf Kritik. Hilfsorganisationen und Experten warnen vor falschen Erwartungen und verweisen auf die weiterhin gefährliche Lage im Land.
Laut den aktuellen Reisehinweisen des Auswärtigen Amts bleibt die Sicherheitslage in Syrien „volatil“. In mehreren Regionen komme es weiterhin zu bewaffneten Auseinandersetzungen, zudem sei die Terrormiliz IS „nach wie vor in der Lage, überall im Land Anschläge zu verüben“. Von Reisen nach Syrien wird ausdrücklich abgeraten.
Nahla Osman, Vorsitzende des Verbands deutsch-syrischer Hilfsvereine, spricht von wachsender „Verunsicherung“ und „Frustration“ unter in Deutschland lebenden Syrern. Sie kritisiert eine „Instrumentalisierung“ des Themas durch die Politik: „Die Syrer erleben sich als Spielball.“
Auch aus der Koalition kommen warnende Stimmen. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler betonte, viele Syrer seien längst integriert oder eingebürgert. Für diejenigen, die ausreisepflichtig oder straffällig seien, gälten die gleichen Regeln wie für Menschen aus anderen Ländern.
Wolfgang Ischinger: Aus einer Mücke ist ein Elefant geworden
Im Zusammenhang mit der Debatte um das Amt von Außenminister Johann Wadephul (CDU) äußerte sich auch der ehemalige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger. Er bezeichnete die Diskussion als überzogen: „Aus einer Mücke ist ein Elefant geworden“, sagte Ischinger der Welt am Sonntag. Es gehe weniger um grundsätzliche Differenzen, sondern um „missverständliche Äußerungen“. Das Bild, das dadurch entstehe, sei „schädlich und unnötig - die deutsche Außenpolitik hat wahrhaft größere Themen“.
Auch in der Union glaubt derzeit kaum jemand, dass Wadephul politisch ernsthaft unter Druck geraten könnte. Nach Informationen aus Parteikreisen gibt es keine Hinweise darauf, dass Merz über eine Umbildung seines Kabinetts nachdenkt.