Noch immer sind die Gasspeicher in Deutschland niedriger befüllt als in den Vorjahren, der Trend aus dem Sommer setzt sich fort. Steht uns ein extrem kalter Winter bevor, könnte es zum Gasengpass kommen, warnt der Gasspeicherverband INES.
Die Füllstande der deutschen Gasspeicher liegen in diesem November deutlich unter den Füllständen der vergangenen Jahre. Deutschland starte "mit einem unerwartet niedrigen Speicherfüllstand von nur 75 Prozent in die Heizperiode", teilte der Gasspeicherverband INES am Dienstag mit und warnt vor Risiken im Falle eines extrem kalten Winters.
Die Initiative Energien Speichern kritisierte das Handeln der Bundesregierung. "Die bestehenden politischen Rahmenbedingungen wurden nicht genutzt, um höhere Füllstände sicherzustellen", erklärt Sebastian Heinermann, Geschäftsführer von INES. Er mahnt, dass die Bundesregierung staatliche Instrumente einsetzen und höhere Füllstände absichern könnte.
"Ein Blick auf die Speicherfüllstände anderer EU-Mitgliedstaaten zeigt sehr deutlich, dass die Wintervorsorge durch politische Rahmenbedingungen spürbar verbessert werden kann", sagte Heinermann.
Kritik an der Bundesregierung
Anfang November zeigten die deutschen Gasspeicher einen Füllstand von 75 Prozent an. Der Ausgangswert ist niedriger als die üblichen Füllstände für diese Jahreszeit. Im Sommer sagte der Verband noch eine Befüllung von 81 Prozent voraus.
INES übt Kritik: Der diesjährige Ausgangswert liege "unterhalb des technisch möglichen Niveaus, das allein in gebuchten Kapazitäten erreichbar gewesen wäre". Die Regierung habe also bisher schlichtweg keine Maßnahmen für eine schnellere Befüllung veranlasst.
Im Koalitionsvertrag von SPD und Union heißt es, die Bundesregierung plane, "Instrumente auf den Weg zu bringen, um eine versorgungssichere und kostengünstigere Befüllung der Gasspeicher sicherzustellen". Für die Zukunft sei es wichtig, dass diese Instrumente auf den Weg gebracht würden, mahnte der Speicherverband.
Versorgungsengpässe bei Gas bereits ab Januar?
In mehreren Prognosen fasst der Speicherverband verschiedene Szenarien ins Auge. "Die Speicherbefüllung für den Winter 2025/26 reicht für den Fall eines extrem kalten Winters trotz der neuen LNG-Importkapazitäten nicht aus", so INES-Chef Heinermann.
Im Falle von extrem kalten Temperaturen, wie sie beispielsweise der Winter 2010 brachte, könnten die Gasspreicher bereits Mitte Januar vollständig entleert sein. Das würde zu Versorgungsengpässen führen. Risiken für dieses Szenario hätten sich seit dem Sommer verschärft, da neben dem niedrigen Füllstand die vergangenen vier Monate auch mehr Gas verbraucht wurde als vorangenommen.
Bei mittleren und warmen Temperaturen würden die Gasspeicher im Winter moderat bis umfangreich entleert. In beiden Szenarien würden die gesetzlichen Füllstandsvorgaben, nämlich 30 Prozent am 1. Februar 2026, eingehalten werden können.
Auch im europäischen Vergleich und im Vergleich zur Vorjahresentwicklung liege Deutschland nach Angaben von INES zurück. Insgesamt habe allerdings auch der EU-Binnenmarkt eine schwächere Speicherbefüllung vorzuweisen.
Polen ist mit einem Füllbestand von 99 Prozent besonders gut aufgestellt, darauf folgen Frankreich, Belgien und Italien ebenso mit Füllständen über 90 Prozent. Die Niederlande haben mit derzeit 72 Prozent noch weniger Kapazitäten als Deutschland ausgeschöpft.