Moskaus Plan für die Ukraine, der den USA vorliegt, wiederholt die meisten der maximalistischen Forderungen des Kreml, darunter die Abtretung des Territoriums durch Kyjiw und die Entmilitarisierung der Ukraine. Neu ist der Zeitpunkt, zu dem Russland darauf drängt - und die aktuellen Umstände.
Jüngsten Berichten zufolge hat Russland Washington seinen jüngsten Rahmenvorschlag zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine übermittelt.
Der Plan wiederholt die meisten Forderungen Russlands, die Moskau seit den ersten Tagen seiner umfassenden Invasion vorgebracht hat, und verweist wiederholt auf sie als die Gründe, warum es den Krieg überhaupt begonnen hat.
US-Medien berichten, dass Kyjiw in dem Plan u. a. aufgefordert wird, die noch von ihm kontrollierten Gebiete im Donbass in der Ostukraine aufzugeben, seine Streitkräfte erheblich zu verkleinern und auf viele seiner Waffen zu verzichten.
Wer steckt hinter dem Plan?
Der enthüllte Rahmen spiegelt die langjährigen Forderungen Moskaus an die Ukraine wider, die nur Zugeständnisse seitens Kyjiw, nicht aber von Moskaus Seite beinhalten.
Es wird vermutet, dass der Plan von Russlands Sondergesandtem Kirill Dmitrijew ausgearbeitet wurde, der ihn dann an den Sondergesandten von US-Präsident Donald Trump, Steve Witkoff, weiterleitete.
Putins Berater Dmitrijew hielt sich im Oktober zu Gesprächen mit Washingtoner Beamten in den USA auf, nachdem Trumps nächstes Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin abgesagt worden war und das Weiße Haus harte Sanktionen gegen Russland angekündigt hatte.
Berichten zufolge traf Dmitrijew Ende Oktober in Miami zu dreitägigen Gesprächen mit Witkoff zusammen.
Offiziell ist Dmitrijew Leiter des russischen Staatsfonds RDIF und Sondergesandter des russischen Präsidenten für Investitionen und wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Der in Kyjiw geborene und in den USA ausgebildete Investmentbanker war eine Schlüsselfigur bei den Kontakten des Kremls mit der Trump-Regierung. Er nahm auch an dem Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin im August in Alaska teil.
Nach der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 war Dmitrijew vom US-Finanzministerium sanktioniert worden, das ihn als "engen Mitarbeiter Putins" und seiner Familie einstufte.
Berichten zufolge hob die US-Regierung die Sanktionen gegen Dmitrijew Anfang dieses Jahres vorübergehend auf, damit das Außenministerium ihm ein Visum für die Einreise in die USA ausstellen konnte.
Was sagt die US-Regierung?
Seit seinem Treffen mit Putin in Alaska hat Trump die Geduld mit dem Kreml verloren.
Im Oktober kündigte Trump zum ersten Mal seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus harte Sanktionen gegen Russland an, darunter auch gegen die beiden größten russischen Ölgesellschaften Rosneft und Lukoil.
US-Gesetzgeber arbeiten derzeit an einem Gesetzentwurf, der Sanktionen gegen Länder vorsieht, die russisches Öl und Gas kaufen, um Moskaus Haupteinnahmequelle abzuschneiden, da die Friedensverhandlungen weiterhin ins Stocken geraten sind.
Ein Gesetzentwurf des US-Senats sieht vor, Länder, die mit Moskau Handel treiben, mit einem Zoll von 500 % zu belegen, darunter wichtige Abnehmer wie Indien und China.
Der US-Präsident sagte am Sonntag, dass "jedes Land, das mit Russland Geschäfte macht, sehr streng sanktioniert werden wird".
Die Bereitschaft Moskaus, seinen Krieg gegen die Ukraine an der derzeitigen Kontaktlinie einzufrieren und weitere Friedensverhandlungen aufzunehmen, würde jedoch die vorgeschlagenen neuen Sanktionen verhindern.
Dies ist die Grundlage von Trumps Vorschlag, den die Ukraine und die Europäische Union unterstützen.
Angesichts der neuen Berichte über den jüngsten Moskauer Rahmen, der nur Zugeständnisse seitens der Ukraine enthielt, erklärte US-Außenminister Marco Rubio, dass Washington "weiterhin eine Liste möglicher Ideen zur Beendigung dieses Krieges auf der Grundlage von Beiträgen beider Seiten dieses Konflikts entwickeln wird".
"Um einen dauerhaften Frieden zu erreichen, müssen beide Seiten zu schwierigen, aber notwendigen Zugeständnissen bereit sein", erklärte Rubio am Donnerstag in einem Beitrag auf X.
Die Chefin der EU-Außenpolitik, Kaja Kallas, warnte am Donnerstag, dass jeder Plan nur funktionieren könne, wenn die Ukrainer und die Europäer mit an Bord seien, während der französische Außenminister Jean-Noël Barrot sagte, dass "die Ukrainer keine Form der Kapitulation wollen".
Reaktion in Kyjiw
Der neue Plan hat in Kyjiw weder Optimismus noch Unterstützung ausgelöst.
Für die Ukraine sind jegliche territoriale Zugeständnisse an Russland ein No-Go. Kyjiw hat wiederholt erklärt, dass es niemals bereit wäre, seine vorübergehend besetzten Gebiete an Moskau abzutreten. Die maximalistischen Forderungen des Kremls werden in der Ukraine als Kapitulation Kyjiws angesehen, die nichts mit einem Kompromiss zu tun hat.
Unterdessen reisten hochrangige Pentagon-Beamte am Donnerstag in die Ukraine, um "Bemühungen zur Beendigung des Krieges zu erörtern", wie das US-Militär mitteilte.
Das Team, bei dem es sich um die ranghöchste Militärgruppe handelt, die seit Trumps Amtsantritt im Januar nach Kyjiw gereist ist, wird von US-Armeechef Dan Driscoll angeführt. Er wird voraussichtlich am Donnerstag mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammentreffen.
Es wird erwartet, dass sich die Gespräche auf die militärische Lage vor Ort und auf Pläne für einen möglichen Waffenstillstand konzentrieren werden. Es ist unklar, ob der neue Vorschlag Moskaus zur Sprache kommen wird.
Nach den Gesprächen mit dem US-Militärminister am Mittwoch teilte der ukrainische Verteidigungsminister Denys Shmyhal auf X mit: "Wir haben uns auf die nächsten Schritte zur Umsetzung der historischen Verteidigungsvereinbarungen konzentriert, die von Präsident Selenskyj und Präsident Trump erreicht wurden."
Der ukrainische Präsident besuchte am Mittwoch die Türkei, bevor er die Delegation aus dem Pentagon traf.
Selenskyj sagte, seine Idee sei es, die Verhandlungen mit Russland wieder aufzunehmen, die nach einer Reihe von Gesprächen auf niedriger Ebene in Istanbul vier Monate lang ins Stocken geraten waren.
Er erklärte, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan habe "Gesprächsformate vorgeschlagen" und fügte hinzu, Ankara sei "bereit, die notwendige Plattform zu bieten".
Selenskyj zufolge wird die Ukraine die US-Führung weiterhin in ihren Bemühungen unterstützen, dem Krieg gegen Russland ein Ende zu setzen, wobei er sich wahrscheinlich auf die Idee bezog, die Kämpfe an der derzeitigen Kontaktlinie als ersten Schritt einzufrieren.
"Nur Präsident Trump und die Vereinigten Staaten haben genügend Macht, um diesen Krieg zu beenden."
Ermittlungen zur Korruptionsbekämpfung in der Ukraine
Der angeblich neue Plan Russlands kommt für Kyjiw zu einem unglücklichen Zeitpunkt: die Ukraine wird von der größten Anti-Korruptionsuntersuchung während Selenskyjs Präsidentschaft erschüttert.
Es wird erwartet, dass Selenskyj am Donnerstag Gespräche mit den Ministern der Regierung, der Parlamentsführung und den Mitgliedern seiner Fraktion der Diener des Volkes führen wird.
Seit über einer Woche veröffentlichen die ukrainischen Korruptionsbekämpfungsbehörden die Ergebnisse langwieriger Untersuchungen eines Korruptionsfalles im Zusammenhang mit dem staatlichen Unternehmen Energoatom.
Einige Minister des ukrainischen Kabinetts sind bereits wegen ihrer mutmaßlichen Verwicklung in den Fall zurückgetreten.
Selenskyj kündigte auch Sanktionen gegen seinen ehemaligen Geschäftspartner Timur Mindich an, der als Drahtzieher der Korruptionsaffäre gilt und aus der Ukraine geflohen ist.
Diue ukrainische Zivilgesellschaft und Gesetzgeber haben Selenskyj auch aufgefordert, seinen Stabschef Andriy Yermak zu entlassen.
Yermak, der vielleicht vertrauenswürdigste politische Verbündete des ukrainischen Präsidenten, spielt eine herausragende diplomatische Rolle bei den Verhandlungen mit den westlichen Partnern, einschließlich der US-Regierung.
Seine weitreichenden Befugnisse sind unter ukrainischen und sogar ausländischen Beamten weithin diskutiert worden.
In den laufenden Ermittlungen zur Korruptionsbekämpfung wurde er nicht einmal unter den Beschuldigten genannt.
Angesichts der verstärkten Angriffe Russlands auf die zivile Energieinfrastruktur der Ukraine und des Korruptionsskandals, der Schockwellen über die Ukraine und darüber hinaus aussendet, kommt der so genannte neue Plan Moskaus zu einem schwierigen Zeitpunkt für die ukrainische Führung.
Indes hat die EU darauf bestanden, dass bei jedem diplomatischen Versuch sowohl Kyjiw als auch Europa mit am Tisch sitzen müssten.