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Gegen Russlands Sabotage im Winter: Polen mobilisiert 10.000 Soldaten

Generalstabschef der polnischen Armee Wiesław Kukuła
Generalstabschef der polnischen Armee Wiesław Kukuła Copyright  KPRM
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Von Glogowski Pawel
Zuerst veröffentlicht am
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Nach einer Reihe von Sabotageakten gegen die strategische Infrastruktur - vor allem gegen Züge und Bahngleise - hat die Regierung in Polen die Operation Horizon eingeleitet, bei der die Armee mit zivilen Diensten zusammenarbeitet.

In Polen hatte es in den vergangenen Wochen mehrere Sabotageakte gegen Züge und Bahnstrecken gegeben. Dabei war versucht worden, einen Zug im Bahnhof von Mika zwischen Warschau und Lublin sowie etwas weiter südlich in Gołąb zum Entgleisen zu bringen. Die Staatsanwaltschaft spricht von terroristischen Anschlägen und die polnische Regierung macht Russland für die Angriffe verantwortlich. Ministerpräsident Donald Tusk gab bekannt, dass die Verantwortlichen für die Sabotageakte identifiziert worden seien - es handele sich um zwei ukrainische Staatsangehörige, die seit langem für russische Dienste tätig gewesen sein sollen.

"Polen ist bereit und wird alle zur Verfügung stehenden Ressourcen nutzen, in allen Ministerien, in allen staatlichen Stellen, um die Sicherheit seiner Bürger und die Sicherheit seiner Infrastruktur zu verteidigen", erklärte Innenminister Marcin Kierwiński.

Zu der Operation gehören rund 10.000 Soldaten, die mit der Polizei, dem Grenzschutz, dem Eisenbahnschutzdienst und anderen für die staatliche Sicherheit zuständigen Stellen zusammenarbeiten.

Innenminister Marcin Kierwiński und Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz, 19.11.2025.
Innenminister Marcin Kierwiński und Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz, 19.11.2025. KPRM

Höheres Risiko im Winter

Polens Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz sprach von einer der größten Operationen der vergangenen Jahre: "Wir setzen bis zu 10.000 Soldaten für diese Operation ein. Dies ist eine der größten Operationen und eine weitere nach 'Safe Podlasie', 'Eastern Warta Guards' und der Operation in der Ostsee, nach den Operationen, die jeden Tag zum Schutz des Luftraums durchgeführt werden."

Wie er betonte, wird die Operation Horizon unter anderem den Schutz der kritischen Infrastrukturen verstärken und gemeinsame Patrouillen in besonders sabotagegefährdeten Gebieten umfassen.

General Wiesław Kukuła, der Generalstabschef der polnischen Armee, erklärte: "Unsere Ziele der Operation sind erstens die Unterstützung der dem Innenminister unterstellten Dienststellen, zweitens die Verhinderung von Sabotageakten, drittens das Eindämmen nicht hinnehmbarer Risiken durch potenzielle Saboteure und schließlich die Aktivierung der Bürger zur Beobachtung der unmittelbaren Umgebung".

Chef des Generalstabs der polnischen Armee General Wieslaw Kukuła, 19.11.2025.
Generalstabschef der polnischen Armee General Wiesław Kukuła, 19.11.2025. KPRM

Der Generalstabschef wies unmissverständlich auf die zunehmenden Risiken während des Winters hin: "Die Nächte, die einen natürlichen Schutz für diese Art von Aktivitäten bildet, werden in den kommenden Wochen sehr lang sein. In etwas mehr als einem Monat beginnt die Weihnachtszeit. Ein Zeitraum, in dem die meisten Polen unter anderem mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein werden. Diese Zeit könnte von unseren Feinden als günstigster Zeitpunkt für einen Angriff auf unsere Sicherheit angesehen werden. Das dürfen wir nicht zulassen."

Zwischen Frieden und Krieg

Die Behörden betonen, dass die Maßnahmen eine Reaktion auf die instabile Sicherheitslage in Mittel- und Osteuropa sind. Am Vortag der Pressekonferenz der Minister war die dritte Stufe der Bedrohung der Eisenbahninfrastruktur ausgerufen worden. "Diese Aktion, die auch mit der (...) Einführung der dritten Bedrohungsstufe für die Eisenbahnlinien zusammenhängt, dient dem Aufbau einer gemeinsamen Sicherheit. Ich möchte mit voller Verantwortung sagen, dass Polizisten, Soldaten, der Eisenbahnschutzdienst, alle Institutionen des Staates in dieser Angelegenheit zusammenarbeiten werden", versicherte Innenminister Marcin Kierwiński.

Nach Ansicht der Regierung erfordert die derzeitige Situation ein Höchstmaß an Koordination, da "wir unter Bedingungen operieren, die nicht eindeutig als Friedens- oder Kriegszeiten definiert werden können".

Der stellvertretende Ministerpräsident Władysław Kosiniak-Kamysz erinnerte daran, dass ein großer Teil der von den Sonderdiensten durchgeführten Operationen der Öffentlichkeit vorenthalten bleibt: "Jeden Tag und jede Woche gibt es Operationen, die feindliche Aktionen gegen Polen vereiteln. Wir möchten allen Offizieren der Sonderdienste, den Offizieren in Uniform und den Soldaten, die an der Verteidigung des Landes beteiligt sind, unseren Dank aussprechen."

Mehr als 70 Personen werden laut Behörden verdächtigt, Sabotageakte durchgeführt oder geplant zu haben, mehr als 50 davon sind offiziell angeklagt.

Kosiniak-Kamysz sagte, ein solcher Einsatz des Militärs sei in vielen EU-Ländern üblich: "In den Hauptstädten der europäischen Länder kann man oft Soldaten auf der Straße antreffen. (...) Polen ist dazu bereit".

Polen fordert von der Ukraine eine Erklärung

Auf die Frage an Marcin Kierwiński, wie eine in der Ukraine verurteilte Person die polnische Grenze überqueren und einen Sabotageakt verüben konnte, sagte der Innenminister: "Wir werden von der ukrainischen Seite eine Erklärung verlangen, warum die allgemein anerkannten Kennzeichen, die es ermöglichen, solche Personen in internationalen Systemen im Grenzverkehr zu kennzeichnen, z.B. der Interpol-Vermerk, nicht auf eine solche Person angewandt wurden, die von einem Gericht in Lwiw für schuldig befunden wurde".

Kierwiński betonte auch, dass es in den Systemen des Grenzschutzes keine Informationen über den Mann gebe. Er fügte hinzu, dass die Behauptungen einiger hoher Regierungsbeamter, sein Gesicht sei bekannt und müsse auf den Überwachungskameras zu erkennen sein, völlig unbegründet seien.

Ministerpräsident Donald Tusk erklärte, Polen und die Ukraine würden eng zusammenarbeiten, um die in den letzten Tagen aufgedeckten Sabotageakte, unter anderem auf der Bahnstrecke Warschau-Lublin, zu bekämpfen. Nach Angaben des Regierungschefs vereinbarten beide Seiten in einem Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Einsetzung einer speziellen polnisch-ukrainischen Gruppe zur Analyse von Bedrohungen und zum Informationsaustausch.

Tusk betonte, dass Sabotageaktivitäten die Handschrift russischer Operationen trügen, mit denen Polen und die Ukraine regelmäßig konfrontiert seien. Der Ministerpräsident wies auch darauf hin, dass Polen die rasche Übermittlung von Daten erwarte, die zur Identifizierung von Personen beitragen können, die mit russischen Diensten zusammenarbeiten.

Der ukrainische Präsident Selenskyj bestätigte in den sozialen Medien, dass die Erkenntnisse beider Seiten übereinstimmen und auf einen russischen Hintergrund bei den jüngsten Vorfällen hindeuten. Er versicherte, dass man bereit sei, auf mehreren Ebenen zusammenzuarbeiten und Informationen auszutauschen, um ähnliche Bedrohungen in Zukunft wirksam zu verhindern.

Bald eine App zur Meldung von Vorfällen

Eine Testversion der App zur Meldung von Zwischenfällen wird voraussichtlich Ende November oder Anfang Dezember auf den Markt kommen. "Sie wird dann an eine ausgewählte Gruppe von Nutzern verteilt, die ihre Funktionsweise überprüfen werden", so Generalstabschef Kukuła. Die Vollversion sollte voraussichtlich Mitte Dezember zur Verfügung stehen.

General Kukuła wies darauf hin, dass Bürger durch die App Institutionen, die für den Schutz kritischer Infrastrukturen verantwortlich sind, unterstützen könnten.

Wie er erläuterte, wird das Tool unter anderem die Bestimmung des genauen Standorts eines Vorfalls erleichtern, denn die App erlaubt, Geolokalisierungsdaten hochzuladen und ein Foto anzuhängen.

"Dienste, aber auch Polizeibeamte berichten uns, dass Bürger, die diese Art von Aktivitäten melden, sehr oft Zweifel oder Probleme haben, den genauen Ort anzugeben, an dem sie sich befinden. Diese App wird diese Probleme lösen. Es wird natürlich möglich sein, diese App zu nutzen, um ein Objekt zu fotografieren. Es wird möglich sein, die Geolokalisierungsdaten so zu übermitteln, dass die Polizei oder andere befugte Behörden, die bereits vor Ort sind, sehr schnell entscheiden können, wo dieses Ereignis stattfindet und ob es sich tatsächlich um eine Gefahr handelt."

Die Behörden betonen, dass es sich nicht um eine einmalige Aktion handelt, sondern um ein neues Modell für die Koordinierung von Diensten in einem Umfeld, das sich zunehmend den traditionellen Definitionen von Frieden oder Krieg entzieht.

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