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Rutte trifft Merz - Osteuropa-Experte warnt: "Russland schon im Krieg mit Europa"

NATO-Chef in Berlin: "Russland schon im Krieg mit Europa" - warnt Experte
NATO-Chef in Berlin: "Russland schon im Krieg mit Europa" - warnt Experte Copyright  AP Photo
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Von Diana Resnik & Franziska Müller
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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USA und Russland scheinbar auf einer Linie? Während Washington überraschend Moskau entgegenkommt, rüstet Deutschland auf und hat bald die möglicherweise stärkste Armee Europas. Doch die NATO hat eine große Sicherheitslücke. Was heißt das für Europa?

NATO-Generalsekretär Mark Rutte hat Deutschland als führende Kraft in der transatlantischen Partnerschaft gelobt: "Deutschland geht mit gutem Beispiel voran."

Am Donnerstag wurde er vom Bundeskanzler Friedrich Merz im Kanzleramt empfangen. Merz betont: Europa müsse sicherheitspolitisch noch "sehr viel mehr tun" und unabhängiger von den USA werden, damit es sich im Fall eines Krieges auch alleine gegen Russland behaupten kann.

Doch Russland befinde sich bereits im Krieg mit Europa - in gewisser Weise - warnt John Lough, ehemalige NATO-Mitarbeiter und geopolitischer Experte beim New Eurasian Strategies Centre (NEST) - einer Organisation, die von Putin-Gegner Michail Chodorkowski ins Leben gerufen wurde.

Russland teste demnach den Westen: Zuletzt warnte der dänische Geheimdienst davor, dass Russland sich auf einen NATO-Angriff vorbereite. Laut dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht könnte Russland bis 2031 für einen großangelegten Krieg vorbereitet sein.

Russland führt einen psychologischen Krieg mit Europa – mit einer ganz bestimmten Strategie

Momentan könne man von einer psychologischen Kriegsführung sprechen, so der geopolitische Experte. "Die Russen wollen, dass die Europäer glauben, sie seien verwundbar und dass Russland letztlich in der Lage sein wird, die Bedingungen für ein neues Sicherheitssystem in Europa zu diktieren", so Lough.

Lough glaubt, dass Russland damit eine ganz bestimmte Strategie verfolgt: "Ein Teil der russischen Bemühungen besteht darin, die Aufmerksamkeit von der Ukraine abzulenken und einige der europäischen Verteidigungs­schwächen offenzulegen, damit Europa beginnt, mehr in seine eigene Verteidigung zu investieren statt in die Verteidigung der Ukraine", sagt Lough.

Russische Drohungen sollen die Ängste in Europa ansprechen. Russland versuche somit, den Eindruck zu vermitteln, es sei sehr gefährlich und sehr unberechenbar – scheinbar mit Erfolg.

Russische Armee "hätte 2022 besiegt werden können"

"Als die ukrainische Armee Ende 2022 vorrückte, hatte sie die Russen wirklich in die Enge getrieben", sagt Lough. Der Osteuropa-Experte glaubt, dass die russische Armee in der Ukraine zu dem Zeitpunkt tatsächlich hätte besiegt werden können - mit mehr Unterstützung.

"Dieser Moment wurde verpasst, weil eine Reihe westlicher Anführer so besorgt waren, dass eine sich zurückziehende russische Armee tatsächlich eine taktische Nuklearwaffe einsetzen könnte", sagt Lough.

"Obwohl man diese Möglichkeit damals nicht ausschließen konnte, denke ich, dass die Wahrscheinlichkeit äußerst gering war", so der geopolitische Experte.

Hinzu kommt, dass die USA mit Russland scheinbar an einem Strang ziehen. Zuletzt legte die Trump-Regierung einen Friedensentwurf für die Ukraine vor, von dem gesagt wurde, er vertrete überwiegend die Interessen Russlands.

"Im Moment können die Russen ihr Glück kaum fassen, dass sie jemanden in Washington haben, der ein Realist ist, ihre Sprache zu sprechen scheint und in vielen Dingen mit ihnen übereinstimmt – einschließlich der Ansicht, dass Europa verfällt, schwach ist und nicht mehr in der Lage ist, seine Werte so zu projizieren wie in der Vergangenheit", sagt Lough.

"Diese Interessenkongruenz zwischen Washington und Moskau ist absolut außergewöhnlich", so der geopolitische Experte.

Deutschland ist auf dem Weg, "die leistungsfähigste Armee Europas" zu haben

Bei der Pressekonferenz im Kanzleramt betonte Merz: "Eine Verhandlungslösung muss europäische Sicherheitsinteressen wahren." Ein Friedensvertrag dürfe nicht zu Lasten der Einheit der Europäischen Union und der NATO gehen, so der Bundeskanzler. Es sei wichtig, dass Europäer auch Teil dieses Prozesses sind. "Kein Frieden über unsere Köpfe hinweg", so Merz.

Das Problem: Die Europäische Union werde als Institution in Washington offensichtlich nicht richtig eingeordnet, sagt Merz. Die amerikanische Regierung tue sich offensichtlich sehr schwer damit, die Europäische Union als Staatenverbund zu verstehen. Der Kanzler bot deshalb an, im Namen anderer EU-Mitgliedsstaaten mit den USA zu sprechen.

Rutte betont: Deutschland sende ein wichtiges "Signal dafür, dass Europa bereit ist, noch mehr Verantwortung zu übernehmen.“

Das bestätigt auch Lough: "Deutschland hat begonnen, wieder in die Verteidigung zu investieren, und wird – wenn dieser Prozess erfolgreich ist – die leistungsfähigste Armee Europas haben."

Deutschland könne außerdem eine Schlüsselrolle dabei spielen, die Ukraine nach dem Krieg zu stabilisieren.

Sicherheitslücke der NATO: "Schönwetterprojekt" Baltische Staaten

Doch die EU und die NATO haben eine entscheidende Sicherheitslücke: die baltischen Staaten. "Die NATO-Erweiterung um die baltischen Staaten war ein Schönwetterprojekt", sagt Lough. Als sie stattfand, glaubte niemand ernsthaft, dass es eines Tages eine Situation wie die heutige geben würde, so der Experte.

US-Präsident Donald Trump betonte immer wieder, sich aus Sicherheitsfragen in Europa stärker zurückziehen zu wollen. Muss die EU diese Sicherheitslücken - unter anderem auch im Baltischen Meer - nun selbst schließen? "Ich glaube nicht, dass die USA Europa einfach im Stich lassen werden“, so Lough.

Zumal Russland trotz der eigenen Aussagen zumindest im Moment nicht auf einen Krieg mit der NATO vorbereitet sei. "Die russische Armee kämpft jetzt viel besser als im Februar 2022, aber sie kämpft immer noch nicht gut", sagt Lough. Im Donbass komme die russische Armee nur im "Schneckentempo" voran.

Auf der Pressekonferenz sagte Merz, dass nun eine neue Zeit angebrochen sei, die neue Antworten erfordere. Europa habe Zeit, diese neuen Antworten vorzubereiten, sagt Lough. "Der Wiederaufbau der russischen Armee wird mehr als fünf Jahre dauern."

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