INEOS bringt zehn Antidumping-Verfahren bei der EU-Kommission auf den Weg. Das Chemieunternehmen spürt wachsenden finanziellen Druck: Kosten steigen, der globale Wettbewerb verschärft sich.
Eine Euro-Anleihe von INEOS ist im vergangenen Monat um fast zehn Prozent gefallen, wie Daten der Frankfurter Börse zeigen. Das erhöht den finanziellen Druck auf einen der größten Chemieproduzenten Europas und verschärft die Lage rund um die zehn Anti-Dumping-Verfahren, die der Konzern zuletzt in Brüssel angestoßen hat.
Die 5,625-Prozent-Anleihe des Unternehmens mit Laufzeit 2025 bis 2030 notierte am 13. Oktober bei 95,14 €. Am Donnerstag lag der Kurs bei etwa 85,40 €. Wöchentliche Handelsdaten zeigen, dass der Kurs Anfang der Woche auf rund 84,90 € abglitt, bevor er sich am Mittwoch und Donnerstag stabilisierte.
INEOS, kontrolliert vom Milliardär Sir Jim Ratcliffe, sagte am Montag, der Konzern habe zehn Anti-Dumping-Verfahren bei der Europäischen Kommission eingereicht oder sei gerade dabei. Für ein einzelnes Unternehmen ist das eine ungewöhnlich große Welle von Beschwerden.
Die Produkte reichen von PVC und ABS über Polyethylenglykole und MEG bis zu Polyolefinen. Diese Stoffe sind in der europäischen Auto-, Bau-, Verpackungs- und Pharmaindustrie weit verbreitet.
INEOS argumentiert, Europa werde mit Billigimporten aus Asien, dem Nahen Osten und den Vereinigten Staaten überschwemmt. Diese emissionsintensiven Produkte unterbieten heimische Hersteller, die deutlich höhere Energie- und CO2-Kosten tragen.
Der Konzern wirft ausländischen Anbietern „Dumping“ auf dem EU-Markt vor und erklärt, der Trend beschleunige Werksschließungen.
INEOS hat zudem begonnen, europäische Werke zu schließen und kündigte im Oktober die Stilllegung zweier Einheiten in Rheinberg in Deutschland an, mit 175 Arbeitsplatzverlusten. Bestätigt sind außerdem Schließungen oder das Ruhen von Standorten im Vereinigten Königreich, in Belgien, Frankreich und Spanien.
Der Zeitpunkt ist heikel. INEOS kämpft ohnehin mit gedämpfter Nachfrage und höheren Energie- sowie CO2-Kosten.
Fitch Ratings stufte INEOS am 15. September auf BB- herab und verwies auf „einen schwachen Chemiemarkt und hohe Investitionen“ für das Antwerpener Projekt One über vier Milliarden Euro. Nach der Fertigstellung soll es zu den größten Kunststoffanlagen Europas gehören.
Laut dem jüngsten Zwischenbericht meldete das Unternehmen Ende September eine Nettoverschuldung von rund 11,3 Milliarden Euro, dazu 2,6 Milliarden Euro Barmittel und einen Verschuldungsgrad von 5,7.
INEOS erklärte damals, man habe die Kostenkontrolle verschärft und prüfe die Investitionsausgaben, um auf „herausfordernde Marktbedingungen“ zu reagieren. Die globale Stimmung in der Chemie bleibt von Zollunsicherheit in wichtigen Märkten belastet, während europäische Produzenten weiterhin mit hohen Energiekosten und CO2-Abgaben konfrontiert sind.
Ein breiterer Abschwung belastet die Hersteller zusätzlich. Europas Chemieindustrie leidet unter hohen Produktionskosten, günstigeren Rohstoffen in den USA und im Nahen Osten sowie dem schnellen Aufbau neuer Kapazitäten in China. Das führt in der Region zu Werksschließungen und sinkenden Auslastungsraten.
Die Redaktion hat INEOS um eine Stellungnahme gebeten.