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Kaufhäuser kämpfen mit TikTok und Amazon um Beauty-Kunden

Menschen, die den Weihnachtsmann und seine Elfen darstellen, treten in der Kosmetikabteilung eines Nordstrom-Kaufhauses in New York auf, 8. Dezember 2025
Menschen, die den Weihnachtsmann und seine Elfen darstellen, treten in der Kosmetikabteilung eines Nordstrom-Kaufhauses in New York auf, 8. Dezember 2025 Copyright  AP Photo
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Von Euronews mit AP
Zuerst veröffentlicht am
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Beauty-Bars, Roboter-Wimpern und VR-Schlösser: So verändern soziale Medien und E-Commerce die Schönheitsabteilungen der großen Kaufhäuser im 129 Milliarden Dollar schweren US-Beauty-Markt.

Weihnachtseinkäufe bedeuteten früher überfüllte Kaufhäuser: Last-Minute-Geschenksuchende drängten sich unter glitzernden Lichtern und vor opulenten Weihnachtsauslagen an den Verkaufstheken.

Heute hat sich das Weihnachtsshopping nach drinnen verlagert. Kunden füllen ihre Strümpfe vom Sofa aus, scrollen durch ihre Smartphones – und lassen sich nicht mehr von Verkäufern in rot-grünen Pullovern beraten.

Es sind Käuferinnen wie Quinn Kelsey, die den Führungskräften der Kaufhäuser schlaflose Nächte bereiten.

Die 38-jährige holt sich Make-up-Ideen aus TikTok-Videos und anderen Social-Media-Inhalten, nicht von Verkäufern an der Kosmetiktheke. Sie nutzt einen KI-Chatbot, um Produktempfehlungen zu bekommen, die in ihr Budget passen, und um zu sehen, wie eine bestimmte Foundation oder ein Lippenstift an ihr aussehen würde. Wenn sie kauft, dann meist bei Amazon.

ChatGPT als Schönheitsberater

"Ich benutze ChatGPT als meinen persönlichen Schönheitsberater", sagt Kelsey. "Kaufhäuser? Ich gehe durch eines, um die Einrichtung zu bewundern. Aber im Grunde haben sie mich verloren – es sei denn, sie bieten mir dieselbe Recherche-Erfahrung, die ich zu Hause beim Scrollen auf meinem Handy habe."

Einst die ultimative Beauty-Destination, verloren Kaufhäuser ab Ende der 1990er-Jahre an Umsatz und an Einfluss als Trendsetter für Hautpflege und Make-up. Damals machten Sephora und Ulta Beauty Kosmetikeinkäufe spielerischer und setzten auf Selbstbedienung.

Inzwischen haben sich die Verbraucherpräferenzen weiter verschoben. Einzelhändler aller Art konkurrieren um Anteile am 129 Milliarden Dollar (110 Milliarden Euro) schweren US-Markt für Schönheit und Körperpflege. Dank E-Commerce ist der Wettbewerb härter denn je.

Nach Angaben von Euromonitor International ist Amazon – das sein Sortiment schrittweise um Premium-Beauty-Marken erweitert – der größte Online-Verkäufer von Schönheits- und Körperpflegeprodukten in den USA.

"Dupes" aus TikTok

Auch soziale Medien haben neue Beratungsquellen geschaffen. Statt auf Verkäufer im Laden hören viele Verbraucher auf Influencer, Beauty-Marken-Gründer oder Dermatologen in Videos. Auf TikTok und Instagram informieren sie sich zudem über sogenannte "Dupes" – günstige Alternativen zu teuren Produkten.

"Läden sind eher der Showroom, aber der eigentliche Funke springt auf TikTok über", sagt Jake Bjorseth, Gründer der Gen-Z-Werbeagentur Trndsttrs.

Um mitzuhalten, investieren Händler mit stationären und digitalen Angeboten in neue Konzepte, die Beauty-Fans wie Kelsey ein Erlebnis bieten sollen, das sie anderswo nicht bekommen.

Macy’s und Nordstrom etwa haben die Beauty-Etagen ihrer New Yorker Flagship-Stores renoviert. Mehr Platz, Luxusmarken und moderne Technologie sollen Kunden anziehen. Bei Nordstrom können Besucher für 170 Dollar (145 Euro) sogar einen Termin für eine robotergestützte Wimpernverlängerung buchen.

Die Umbauten kamen rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft, auf das laut dem Marktforschungsunternehmen Circana rund ein Viertel des gesamten US-Umsatzes im Prestige-Beauty-Segment entfällt.

Das "Château"-Erlebnis

KKaufhäuser übernehmen inzwischen Selbstbedienungselemente von Sephora. Nordstrom hat etwa eine "Beauty Bar" mit hell beleuchteten Spiegeln eingerichtet, an der Kunden Make-up selbst testen können. Gleichzeitig versuchen die Händler, sich vom Fachhandel und vom Onlinegeschäft abzuheben.

Führungskräfte von Macy’s und Nordstrom betonen, dass es darum gehe, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Kunden länger verweilen und mehr ausgeben. Die Neugestaltung bei Macy’s am Herald Square umfasst bequeme Sitzgelegenheiten und Hautanalysegeräte, die hochpreisige Produkte unterstützen sollen.

In der Abteilung von Parfums de Marly probieren Kunden Düfte, während sie ein Virtual-Reality-Headset tragen, das sie in ein Schloss des 18. Jahrhunderts versetzt – die Inspirationsquelle der Marke.

"Das ist die Zukunft der Schönheit", sagt Nicolette Bosco, Vice President of Beauty bei Macy’s, und verweist auf interaktive Technologien als Herzstück des Einkaufserlebnisses.

Macy’s plant, die Beauty-Abteilungen von 40 weiteren Filialen umzubauen. Ziel sei es, Kunden aller Altersgruppen anzusprechen, sagt Konzernchef Tony Spring.

"Wir versuchen, das klassische Kaufhaus neu zu denken – intim, freundlich und bequem", erklärt er.

Seit Spring im vergangenen Jahr die Führung der Muttergesellschaft übernommen hat, setzt er auf zahlungskräftigere Kunden und stärkt damit auch Bloomingdale’s und die gehobene Beauty-Kette Bluemercury.

Nordstrom eröffnete im September die neu gestaltete Beauty-Etage seines Flagship-Stores in Midtown Manhattan. Dort können Kunden Beauty-Tools wie LED-Lichttherapie-Masken testen oder eine "Duftfinder"-Maschine nutzen, die trockene Duftproben von bis zu 60 Parfums abgibt.

Zudem hat Nordstrom den Behandlungsbereich in New York und anderen Filialen um medizinische Spas erweitert. Angeboten werden Botox- und Filler-Injektionen zu Preisen zwischen 575 Dollar (490 Euro) und 1.050 Dollar (900 Euro).

Was macht die Konkurrenz?

Sephora revolutionierte den Beauty-Einkauf mit Spiegeln und Einwegapplikatoren direkt an kompakten Auslagen mit Test- und Verkaufsprodukten. Das Do-it-yourself-Prinzip stand im klaren Gegensatz zu den traditionellen Kaufhaustheken, an denen Verkäuferinnen Proben kontrollierten und Ware aus Schubladen holten.

Doch auch Innovatoren müssen sich erneuern. Sephora, Teil des Luxuskonzerns LVMH, modernisiert derzeit seine 720 Filialen in den USA und Kanada. Styling- und Schminkstationen werden an den Rand verlegt, um mehr Privatsphäre zu schaffen. Zudem sollen mobile Kassengeräte lange Warteschlangen verkürzen.

Ulta, das Drogerie- und Luxusmarken kombiniert, betreibt seit seiner Gründung 1990 Friseursalons in den Filialen. Inzwischen bietet das Unternehmen auch Ohrlochstechen an, testet Roboter-Maniküren und plant – wie Nordstrom – robotergestützte Wimpernverlängerungen.

Walmart wiederum dringt mit höherwertigen und unabhängigen Marken in das Terrain von Fachhändlern und Kaufhäusern vor. In diesem Jahr richtete der Konzern in 100 Filialen Beauty-Theken zum Testen von Produkten ein.

Soziale Medien setzen die Trends

Ivan Leon, ein 35-jähriger freiberuflicher Stylist, ging nach einer Modeveranstaltung im Nordstrom-Flagship in Manhattan zum Tom-Ford-Parfümstand. Eine Stunde später verließ er den Laden mit zwei Flakons im Wert von 537 Dollar (460 Euro): Bitter Peach und Vanilla Sex.

Er wollte die Düfte gemeinsam tragen – eine Technik namens "Parfümschichtung", von der er in sozialen Medien erfahren hatte. Die Verkäuferin bei Nordstrom griff die Idee auf und verstärkte sein Interesse.

"Es ist irgendwie cool, zwei Düfte zu kombinieren und etwas Neues daraus zu machen", sagt Leon. "Ich glaube, das hilft der Psyche und stärkt das Selbstvertrauen."

Leon, der sonst meist online einkauft, gibt Kaufhäusern Hoffnung – steht aber auch für die Herausforderung, die fragmentierten Einkaufsgewohnheiten moderner Kunden zu bedienen.

TikTok bringt nicht nur Trends wie "tired girl" oder "blurred skin"-Make-up hervor, sondern wird zunehmend zur Verkaufsplattform. Der 2023 eingeführte TikTok Shop ist laut Euromonitor inzwischen der siebtgrößte Online-Händler für Beauty- und Körperpflegeprodukte in den USA – direkt hinter Target.

Die Online-Marktanteile von Macy’s und Nordstrom liegen bei rund 1 Prozent beziehungsweise unter 0,5 Prozent und sinken weiter. Amazon, das fast die Hälfte des Online-Umsatzes im Beauty-Segment kontrolliert, versucht seinerseits, das Einkaufserlebnis mit virtuellen Make-up-Tools zu verbessern.

Sephora stellte im März ein KI-gestütztes Online-Tool vor, das anhand von Selfies mögliche Hautprobleme erkennt und passende Produktempfehlungen gibt.

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