Reform des EU-Arzneimittelsektors: Was tut die EU?

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Alles dreht sich um den Patienten: Die EU strebt ein europaweit attraktives und innovationsfreundliches Umfeld für Forschung, Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln an.

Im Labor von Innate Pharma in Marseille wird an hochmodernen, neuen Krebstherapien gearbeitet. Etwa 200 Personen arbeiten dort an der sogenannten "Krebsimmuntherapie". Ihr Ziel ist es, das Immunsystem dazu zu bringen, Tumorzellen zu erkennen und zu zerstören.

"Wir stimulieren das Immunsystem, das sind die Abwehrkräfte des Körpers gegen Viren, Bakterien, aber auch gegen Krebs", erklärt Eric Vivier, wissenschaftlicher Direktor bei Innate Pharma. "Man versucht, dieses Immunsystem zu stimulieren, damit es den Krebs bekämpfen kann - alle Krebsarten, ob Leukämie, Lymphome oder Tumore." 

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Eric Vivier, wissenschaftlicher Direktor bei Innate Pharmaeuronews

Das 1999 gegründete Unternehmen entwickelt eine Reihe von Onkologiebehandlungen. Eine Therapie gegen Lungenkrebs ist bereits in Phase 3 der klinischen Versuche und steht kurz vor der Zulassung.

Innovation ist key

Wie in anderen europäischen KMUs steht Innovation an oberster Stelle. Aber der Weg dorthin ist lang und oft holprig, weiß Mondher Mahjoubi, Geschäftsführer von Innate Pharma:

"Die Entwicklung eines Medikaments ist ein sehr langer Prozess, der im besten Fall etwa zehn Jahre dauern kann. Es ist ein teurer Prozess. Ein Produkt, das von der präklinischen Phase bis zur Marktreife entwickelt wird, kostet mindestens eine Milliarde Euro. Und letztlich ist es riskant, da die Ausfallquote extrem hoch ist. Von 100 ausgewählten Molekülen kommen nur 4 oder 5 auf den Markt."

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Mondher Mahjoubi, Geschäftsführer von Innate Pharmaeuronews

Europa hinkt hinterher

Dieses Unternehmen trägt aktiv zu den jährlichen Forschungsinvestitionen in Höhe von rund 37 Milliarden Euro und zur Schaffung von etwa 800.000 direkten Arbeitsplätzen durch pharmazeutische Innovation in Europa bei.

Dennoch verliert die Europäische Union immer weiter an Boden gegenüber anderen innovativen Supermächten. 

Um den Anschluss nicht zu verlieren, hat die Europäische Kommission neue regulatorische Anreize vorgeschlagen, um großen Arzneimittelentwicklern, mittleren und kleineren Akteuren ein besser angepasstes, zugängliches, flexibles, einfaches und kosteneffizientes Ökosystem für Investitionen zu bieten. 

Reform des EU-Arzneimittelsektors

Für Arzneimittel für neuartige Therapien wird im Rahmen der Reform vorgeschlagen, die Europäische Arzneimittel-Agentur mit einer verstärkten regulatorischen Unterstützung auszustatten.

Die Agentur ist dabei, ihre Instrumente zu verbessern, damit Innovationen in echte Produkte für Patienten umgesetzt werden, so Emer Cooke, Generaldirektorin der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA):

"Wir betreiben eine Art Horizontscanning. Was könnte die Zukunft bringen: Sind wir darauf vorbereitet? Ist das Regulierungssystem darauf vorbereitet? Verfügen wir über das richtige Fachwissen? Ist das etwas, das gebraucht wird? Besteht ein ungedeckter medizinischer Bedarf? Wir versuchen frühzeitig mit den Entwicklern ins Gespräch zu kommen und sie in die richtige Richtung zu lenken. Das passiert bei sogenannten „Business Pipeline Meetings", bei denen wir einen Eindruck davon bekommen, was auf uns zukommt. Es gibt auch eine sogenannte "Innovation Task Force", in der wir jeden, der eine neue Idee hat, einladen, darüber zu sprechen, und wir geben Tipps für den richtigen Weg."

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Emer Cooke, Generaldirektorin der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA)euronews

Laut dem Europäischen Verband der Pharmazeutischen Industrie und seiner Verbände gibt es Raum für Verbesserungen. Die Generaldirektorin fordert noch mutigere Maßnahmen. 

"Wir haben in den vergangenen 20 Jahren etwa 25 % unserer weltweiten Forschungs & Entwicklungs-Investitionen in Europa verloren. Sie sind in die USA und China abgewandert. Wenn wir das zurückgewinnen wollen, müssen wir Investoren die Voraussetzungen für Vorhersehbarkeit und Attraktivität bieten, das ist in Europa im Moment nicht der Fall, das ist sehr besorgniserregend", sagt Nathalie Moll, Generaldirektorin des Europäischen Verbands der Pharmazeutischen Industrie und Verbände (EFPIA). "Denn es ist wichtig, wo Forschung stattfindet. Denn das bedeutet klinische Versuche und den sofortigen Zugang zu Medikamenten, sowie eine Gewöhnung des Gesundheitssystems an Innovation."

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Nathalie Moll, Generaldirektorin des Europäischen Verbands der Pharmazeutischen Industrie und Verbände (EFPIA)euronews

Zurück im Labor hoffen die Forscher, dass sich ihre langjährigen Bemühungen um eine neue Lungenkrebs-Behandlung bald auszahlen werden, so Eric Vivier:

"Wir befinden uns in der Schlussphase. Wir testen an einer sehr großen Zahl von Patienten die Wirksamkeit eines Moleküls, das wir seit Jahren herstellen. Wir erwarten die Ergebnisse in den kommenden Monaten. Aber es ist wirklich ein langer Prozess."

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