Iberischer Schinken in Gefahr: Klimawandel bedroht Europas kulinarische Spezialitäten

Während der Klimawandel europäische Spezialitäten bedroht, ergreifen die Erzeuger Maßnahmen zur Anpassung und zum Schutz der Traditionen.
Während der Klimawandel europäische Spezialitäten bedroht, ergreifen die Erzeuger Maßnahmen zur Anpassung und zum Schutz der Traditionen. Copyright Gaël Camba / Euronews
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Von Gael Camba
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Von den Bergweiden Savoyens über das Rhône-Delta bis hin zum Unterholz Andalusiens - der Klimawandel hat gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft, in der EU und in ganz Europa.

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Berühmte europäische Lebensmittelspezialitäten sind durch hohe Temperaturen, Dürre und den steigenden Meeresspiegel bedroht.

Der vom Menschen verursachte Klimawandel hat direkte Auswirkungen auf Landwirtschaft und Viehzucht weltweit. In Europa sind Parmesan, Camargue-Reis, Piment d'Espelette, Kalamata-Oliven, Savoyer Käse und Iberischer Schinken nur einige der lokalen Spezialitäten, die unter den Auswirkungen leiden.

Nun arbeiten Erzeuger an Lösungen, um diese lokalen Traditionen und Produkte zu erhalten.

Iberischen Schweinen gehen die Eicheln aus

Die andalusische Sonne scheint durch die Eichenblätter auf das braune Gras, auf dem sich iberischen Schweine tummeln. Sie wandern durch die "Dehesa", ein typisches Unterholz im Südwesten Spaniens, das von verschiedenen Eichenarten überschattet wird.

Die "Dehesa" ist der ideale Lebensraum für diese Schweine und typisch für die Region, als deren Wahrzeichen der Schinken "pata negra bellota" gilt. Dieses Gütesiegel steht für höchste Qualität. Bedingung dafür: Die Schweine müssen mindestens einen Hektar Land zur Verfügung haben, um sich dort von Eicheln ernähren zu können.

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Die Pata negra bellota aus dem südwesten SpaniensGaël Camba / Euronews

Doch die Eichen, die unter der Trockenheit leiden, haben im vergangenen Jahr nicht genug Eicheln produziert. Die Landwirte mussten die Weiden der Schweine vergrößern. 

"Anstatt jedem Schwein zwei Hektar zu geben, mussten wir ihnen drei Hektar zur Verfügung stellen, um die Qualität des Schinkens zu erhalten", erklärt Rafael Barandarian, ein iberischer Schweinezüchter in seinem Betrieb Cabeza del Gato.

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Iberische Schweine fressen Eicheln im Südwesten SpaniensGaël Camba / Euronews

Der unverkennbare Geschmack der Pata entsteht aber auch durch die Mischung der verfütterten Eicheln. Und diese kommt zustande, weil die Tiere unter Bäumen der verschiedenen Eichelarten weiden. 

"Wir bevorzugen Betriebe mit zwei oder drei Eichenarten", erklärt Maria Castro Bermudez, Kommunikationsleiterin bei Cinco Jotas, einer der renommiertesten Marken für Iberischen Schinken.

"Denn wenn die Steineiche keine gute Eichelproduktion liefert, hat hoffentlich die Korkeiche das, was wir brauchen", so Jotas. 

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Rafael Barandarian hält Iberische Schweine in Aracena. Die herrschende Dürre bringt auch ihn in Bedrängnis.Gaël Camba / Euronews

Vorrangig geht es darum, die Schweine während der Mastzeit von Oktober bis Januar, der so genannten Montanera, mit Eicheln und Gras zu versorgen. Die Futtermischung verleiht dem Fleisch und dem Fett der Tiere einen unverwechselbaren Geschmack.

Nach der Schlachtung reift der Schinken bis zu fünf Jahre lang in einem Keller. Er wiegt dann bis zu acht Kilogramm und kostet dann etwa 700 Euro.

In Savoyen wächst kein Gras mehr

In Frankreich, auf der anderen Seite der Grenze, sieht es ganz ähnlich aus. Auch die Käseproduktion in Savoyen leidet unter der durch den Klimawandel verursachten Trockenheit.

Jean-Luc Duclos hält im Usses-Tal zwischen Annecy und Genf 150 Kühe, die die Milch für Savoyer Emmentaler, Tomme und Reblochon liefern. 

Auf seinem Hof "Le Champenois" ist das Gras normalerweise grün. In diesem Sommer aber färbte es sich schon früh gelblich. 

"Das liegt an der Trockenheit", sagt der Bauer und zeigt auf Risse in der Erde. "Der Wassermangel führt dazu, dass sich die Erde verdichtet, schrumpft und Risse entstehen. Wenn der nächste Regen kommt, können wir sie vielleicht wieder auffüllen", so Duclos. 

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Die hohen Temperaturen hemmen auch in Frankreich das Wachstum des Grases. Dieses aber brauchen Kühe, um Milch zu geben, woraus dann Käse gemacht wird.Gaël Camba / Euronews

Auch hier in Frankreich wird ein Gütesiegel für Käse vergeben, das IGP. Dafür müssen Käsereien aber bestimmte Bedingungen erfüllen, auch was die Herkunft der verwendeten Milch angeht. 

"Aber die Weidehaltung ist bedroht", erklärt Jean-Luc Duclos. "Die Graswachstum ist durch die hohen Temperaturen gemindert. Bei 30 Grad hört es auf zu wachsen".

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Im vergangenen Jahr wurden für 28 Käsesorten - wegen der hohen Temperaturen - Änderungen ihrer Spezifikationen und Herstellungsvoraussetzungen beantragt. 

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Steigen die Temperaturen über 25 Grad Celsius, fühlen sich Kühe zunehmend unwohl und die Qualität ihrer Milch leidet.Gaël Camba / Euronews

Eine Lockerung der Anforderungen wird jedoch nicht alle Probleme lösen. Denn auch die Kühe selbst haben ihre Probleme mit steigenden Temperaturen. 

"Einer Kuh geht es zwischen -5 und +25 Grad Celsius gut, aber wenn es heißer wird, gerät das Rind unter Stress", erklärt Jean-Luc Duclos.

Er hat festgestellt, dass einige Kühe dann zwei bis drei Liter weniger Milch pro Tag geben. Auch die Qualität der Milch werde beeinträchtigt. Und so verlangsame sich die Käseproduktion.

Steigender Meeresspiegel bedroht Camargue-Reis

In der Camargue, einer Region an der südfranzösischen Mittelmeerküste, gibt es ein anderes Problem: zu viel Wasser. 

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Das größte Feuchtgebiet Frankreichs ist bedroht, weil der Pegel des Mittelmeers steigt und das Salzwasser schon bald die Reisfelder der Gegend erreichen könnte.

"Salz ist ein hervorragendes Unkrautvernichtungsmittel", erklärt Bertrand Mazel, ein Reisbauer und Präsident der Vereinigung der Camargue-Reisbauern. Doch: "Der Salzgehalt des Meeres liegt bei 37 Gramm pro Liter, und schon bei  zwei Gramm pro Liter beginnen die Reispflanzen zu leiden.

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Reisanbau in der Camargue in FrankreichGaël Camba / Euronews

"Wenn wir das Meer bis in die Camargue vordringen lassen, werden wir einen riesigen Salzsumpf erschaffen, der das Gebiet nicht nur unfruchtbar machen, sondern auch Flora und Fauna zerstören wird", so Mazel.  

Für den Reisanbau werden Pestizide benötigt, die im Süßwasser ausgebracht werden, das dann in die Umwelt gelangt. Forscher des Tour du Valat, eines Forschungsinstituts für die Erhaltung von Feuchtgebieten im Mittelmeerraum, sind der Ansicht, dass dieses Verfahren verbessert werden muss.

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In der Camargue läuft ein Experiment zur Einbringung von mehr Frischwasser in das Feuchtgebiet.Gaël Camba / Euronews

"Der Gehalt an Pestiziden in landwirtschaftlichen Abwässern ist nicht mit den Schutznormen vereinbar", sagt Jean Jalbert, Präsident des Tour du Valat.

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Derzeit läuft ein Versuch, dieses Wasser zu behandeln, aber es könnte mehrere Jahre dauern, bis es in großem Maßstab eingesetzt werden kann.

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