Der Klimawandel verändert die Winter in Europa. Können wir noch die "weißen Weihnachten" unserer Kindheit erwarten?
In der vergangenen Woche gab es in Teilen Europas den ersten heftigen Schneefall der Saison, für das Vereinigte Königreich, Irland und Frankreich wurde eine Unwetterwarnung ausgesprochen. Darauf folgten heftige Regenfälle, Sturm "Bert" sorgte für Chaos.
Aber ist schneereiches, stürmisches Wetter im November nicht üblich? Ist dies ein Zeichen dafür, was von diesem Winter noch in ganz Europa zu erwarten ist? Euronews Green hat mit Wetterexperten darüber gesprochen.
Das jüngste Schneetreiben in Europa war normal für den Monat November, doch der "intensive Schneefall war selten".
"Während meiner Kindheit in Belgien gab es den ersten Schneefall und auch liegen bleibender Schnee normalerweise Mitte November, wir liegen also ziemlich genau im Durchschnitt [für Europa], wenn wir diesen Schneefall zunächst allgemein betrachten", sagt Lars Lowinski, ein in Bonn ansässiger Meteorologe bei WetterOnline und Weather and Radar.
Lowinski erklärt weiter, was an diesem schneereichen Wetter doch ungewöhnlich war.
"Selbst im Zeitalter des Klimawandels, in dem die Temperaturen insgesamt steigen, sind diese ersten Kälteeinbrüche mit Frost und Eis und sogar einigen Zentimetern Schnee zu dieser Jahreszeit nichts Ungewöhnliches", erklärt Lowinski, "Aber das Besondere (an der vergangenen Woche) war die Schneemenge."
Während solche starken Schneefälle im Februar und März, wenn die Meerestemperaturen niedriger sind, üblich sind, ist es ein eher seltenes Ereignis so früh in der Saison. Es wurde durch Tiefdruckgebiete verursacht, die vom Atlantik heraufzogen und sich mit der kalten Luft verbanden.
"In Teilen Frankreichs und Südwestenglands und sogar in Gebieten von Cornwall und Devon - die zu dieser Jahreszeit normalerweise recht warm sind - gab es erhebliche Schneefälle, und in Paris fielen am Donnerstag 4 cm Schnee, was sehr ungewöhnlich ist."
In Paris hat es seit 1968 nicht mehr so viel Schnee im November gegeben.
"Das zeigt, wie ungewöhnlich und extrem dieses Ereignis für viele Teile Mittel- und Nordfrankreichs war", fügt Lowinski hinzu.
Manch europäische Stadt ist nicht gut auf starken Schneefall eingestellt
"In Paris fällt selbst mitten im Winter nicht viel Schnee, so dass die Menschen im Vergleich etwa zu den Alpen, Bayern oder Schottland nicht gut mit Schnee umgehen können. Selbst eine winzige Schneemenge führt zu Chaos und Staus auf den Straßen - und genau das ist passiert, obwohl die Meteorologen in Frankreich davor gewarnt hatten, dass es ein großes Wetterereignis geben würde.
Das britische Wetteramt teilte mit: "Die letzte Warnung vor Schnee dieser Stufe gab es im November 2010. Dies war jedoch ein viel bedeutenderes und ausgedehnteres Schneeereignis. Auch Ende November 2021 gab es eine ähnliche Anzahl von Orten, die 2 cm Schnee oder mehr aufwiesen. Ein derartiges Ereignis im November ist also nicht beispiellos, sondern nur unüblich.
Das letzte signifikante Winterwetterereignis im November 2010 wird von Lowinski als "Sibirischer Express" bezeichnet, als ein Hochdrucksystem, das normalerweise ruhigeres Wetter bringt, wochenlang nur nordöstliche oder östliche Winde. Doch dann dauerte die Kältewelle von der letzten Novemberwoche bis zum Jahresende, und es gab einige Nächte in Westeuropa, in denen die Temperaturen auf -15 bis -20 °C sanken.
"Das Besondere an diesem Ereignis war, dass der Klimawandel bereits ein Thema war und die Temperaturen weltweit bereits anstiegen. Es war nicht so warm wie jetzt, weil es sich um einen kontinuierlichen Prozess handelt, und es ist unwahrscheinlich, dass wir so etwas noch einmal erleben werden", fügt Lowinski hinzu.
Vorhersagen zum Winterwetters sind schwierig - aber wichtig für die Vorbereitung
Je größer ein Wettererignis ist, desto leichter ist es vorherzusagen. Der Sturm "Bert" wurde in Wettermodellen mehrere Tage vorausgesehen und vom Met Éireann (Irisches Wetteramt) 48 Stunden im Voraus benannt.
So blieb genug Zeit, um Warnungen herauszugeben und Notfallpläne zu erstellen, z. B. für Maßnahmen zur Verhinderung von Überschwemmungen.
Der Sturm "Bert", der vergangenes Wochenende über Europa hinweggefegt ist, war ein langsam aufziehender Sturm. Dies hat die Meteorologen beunruhigt, denn je länger ein Sturm anhält, desto wahrscheinlicher ist es, dass er sich zu einem sogenannten "Multi-Hazard-System" entwickelt, d. h. zu Starkregen, Überschwemmungen und schweren Stürmen führt.
Leider sind regionale und kleinere Wetterereignisse, wie z. B. Schneeschauer oder Sturzfluten, für Meteorologen schwieriger vorherzusagen und beginnen in der Regel nur 12 bis 24 Stunden im Voraus.
Was sagen die Wetterexperten für diesen Winter in Europa voraus?
Für die Meteorologen beginnt der Winter offiziell erst am 1. Dezember.
In Ländern wie Deutschland und Belgien, die weiter von der Nordsee und dem Atlantik entfernt liegen, herrscht eher ein kontinentales Klima. Das bedeutet, dass die Temperaturen im Winter in der Regel niedriger und im Sommer höher sind als in den Küstenregionen.
Im Allgemeinen sagt Lowinski für diesen Winter eher durchschnittliche Temperaturen und Niederschläge voraus.
"In den nördlichen Teilen Europas - alles nördlich von Paris, Berlin und Warschau - wird es wahrscheinlich feuchter als im Durchschnitt sein und vielleicht sogar einige Stürme geben. Im südlichen Westeuropa, etwa in Südspanien, im Mittelmeerraum, in den Alpen und auf dem Balkan, wird es in den nächsten drei Monaten wahrscheinlich trockener sein", erklärt Lowinski.
Er fügt hinzu, dass dies nicht bedeutet, dass wir nicht einige Tage oder Wochen erleben werden, die aufgrund einzelner Wetterereignisse feuchter oder trockener sind.
Durch den Klimawandel wird der Winter in Europa wahrscheinlich wärmer - und extremer
Unsere zukünftigen Winter werden aufgrund des Klimawandels wärmer werden was in diesem Monat bereits in realen Zahlen zu sehen ist.
So meldete die DWD-Wetterstation in Baden-Baden im Südwesten Deutschlands gerade 22,2 °C, ein neuer Rekord für die letzten zehn Novembertage für ganz Deutschland.
Und bereits jetzt sind sechs der zehn wärmsten britischen Winter seit 2007 aufgezeichnet worden.
Lowinski hebt hervor, dass es interessant ist, solch einen enormen Temperatursprung in Europa zu beobachten, wie wir ihn gerade im November erlebt haben: die Temperaturen stiegen teils innerhalb von weniger Tage vom Gefrierpunkt auf 18 °C.
Während solch schnelle, gewaltige Temperaturschwankungen in Asien und Nordamerika üblich sind, sind sie im maritimen Klima Europas eigentlich eher ungewöhnlich.