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Nordsee-Ölfeld dient künftig als Speicher für Millionen Tonnen CO2 unter dem Meeresboden

Ein Hubschrauber über der Nordsee vor Dänemark zeigt die Siri-Plattform von INEOS Energy.
Aus einem Helikopter über der dänischen Nordsee: die Siri-Plattform von INEOS Energy. Copyright  AP Photo/James Brooks
Copyright AP Photo/James Brooks
Von James Brooks mit AP
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Das Projekt startet im nächsten Jahr den kommerziellen Betrieb. Es dürfte der erste voll betriebsbereite Offshore-CO2-Speicherstandort der EU werden.

Zunächst wirkt das abgelegene Ölfeld Nini über Europas rauer Nordsee wie ein Punkt am Horizont. Vom Helikopter aus kommt es langsam näher und wird sichtbar.

Früher förderte man dort fossile Brennstoffe. Jetzt erhält das Feld ein zweites Leben: Es soll klimaerwärmendes Kohlendioxid dauerhaft unter dem Meeresboden speichern.

Der Chemiekonzern INEOS plant, verflüssigtes CO2 tief in erschöpfte Öllagerstätten einzuspritzen – in einer Tiefe von 1.800 Metern unter dem Meeresboden.

Die Nachrichtenagentur Associated Press hat die Siri-Plattform besucht, nahe dem unbemannten Nini-Feld. Sie ist die letzte Station der CCS-Bemühungen von INEOS und trägt den Namen Greensand Future.

Beginnt das Projekt im kommenden Jahr den kommerziellen Betrieb, dürfte Greensand zum ersten voll funktionsfähigen Offshore-Speicher für CO2 in der Europäischen Union werden.

Umweltschützer sehen bei der CO2-Abscheidung und -Speicherung, kurz CCS, einen Platz im Kampf gegen die Klimakrise. Sie warnen jedoch: Die Industrie darf das nicht als Vorwand nutzen, um Emissionen nicht zu senken.

Pläne für die Zukunft

Mads Gade, Geschäftsführer von INEOS Energy Europe, kündigt an: Zum Start sollen jährlich 363.000 Tonnen CO2 eingelagert werden. Bis 2030 soll die Kapazität auf bis zu 7,3 Millionen Tonnen pro Jahr steigen.

„Dänemark hat das Potenzial, unsere eigenen Emissionen über mehrere hundert Jahre hinaus zu speichern“, sagt Gade. „Wir können eine Branche aufbauen, die Europa dabei unterstützt, einen großen Teil des CO2 hier einzulagern.“

Arbeiter stehen am Geländer der Siri-Plattform von INEOS Energy in der Nordsee, Dänemark.
Arbeiter stehen am Geländer der Siri-Plattform von INEOS Energy in der Nordsee, Dänemark. AP Photo/James Brooks

Greensand hat Vereinbarungen mit dänischen Biogasanlagen geschlossen. Deren aufgefangene CO2-Emissionen sollen in den erschöpften Lagerstätten des Nini-Felds verpresst werden.

Am Hafen von Esbjerg an der Westküste Jütlands entsteht ein „CO2-Terminal“, das das verflüssigte Gas vorübergehend lagert.

In den Niederlanden entsteht zudem ein speziell gebautes Transportschiff namens „Carbon Destroyer 1“.

Klimalösung

Befürworter der CO2-Abscheidung nennen die Technik eine Klimalösung. Sie könne das Haupttreibhausgas der Erderwärmung aus der Luft holen und tief unter der Erde lagern.

Sie verweisen darauf, dass der Weltklimarat IPCC die Technologie als ein Werkzeug im Kampf gegen die Erderwärmung einstuft.

Die EU hat vorgeschlagen bis 2040 eine Speicherkapazität von mindestens 227 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aufzubauen, als Teil der Pläne, bis 2050 „Netto-Null“ Emissionen zu erreichen.

Gade nennt CCS eines der besten Mittel, um Emissionen zu senken.

„Wir wollen Europa nicht deindustrialisieren“, sagt er. „Stattdessen brauchen wir einige Instrumente zur Dekarbonisierung.“

Fachleute am geologischen Dienst Dänemarks halten den Sandstein von Greensand für gut geeignet, um verflüssigtes CO2 zu speichern. Fast ein Drittel des Gesteinsvolumens besteht aus winzigen Hohlräumen, sagt Niels Schovsbo, Seniorforscher am Geologischen Dienst von Dänemark und Grönland.

„Wir haben festgestellt, dass es keine Reaktionen zwischen dem Reservoir und dem eingepressten CO2 gibt. Zudem hat das Deckgestein darüber ausreichend Kapazität, um dem Druck standzuhalten, der beim Speichern von CO2 im Untergrund entsteht“, ergänzt Schovsbo.

„Diese zwei Punkte machen den Standort perfekt für die Speicherung.“

Grenzen und Kritik

Weltweit gibt es viele CCS-Anlagen. Doch die Technik ist weit von der nötigen Größenordnung entfernt, nutzt teils fossile Energie und fängt nur einen kleinen Bruchteil der globalen Emissionen ein.

Greensand will bis 2030 bis zu 7,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verpressen. Die Internationale Energieagentur sagt, dass weltweit im vergangenen Jahr fast 34,5 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen wurden.

Umweltorganisationen sagen, die Industrie nutze CCS als Vorwand, um das Senken der Emissionen zu verzögern.

„CCS kann in den wenigen Sektoren sinnvoll sein, in denen Emissionen wirklich schwer oder gar nicht zu vermeiden sind“, sagt Helene Hagel, Leiterin für Klima- und Umweltpolitik bei Greenpeace Dänemark.

„Wenn jedoch fast alle Sektoren sagen: Wir fangen die Emissionen einfach ab und speichern sie, statt sie zu verringern. Genau das ist das Problem.“

Der Chemiekonzern baut seine Speicherpläne aus. Zugleich hofft er, ein weiteres bislang unerschlossenes Nordsee-Ölfeld zu erschließen.

„Für die Transformation ist es besser, heimisches oder regionales Öl und Gas zu fördern, als Energie mit höherem Fußabdruck zu importieren“, verteidigt Gade die Pläne des Unternehmens.

„Wir sehen darin einen Sinn für eine Übergangsphase, in der wir Europas Wandel gestalten.“

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