Die Woche in Europa - EU-Gipfel analysiert Lage in Russland

Jewgeni Prigoschin, Chef der Wagner-Söldner, vor seiner Abfahrt aus Rostow am Don, 24. Junie 2023
Jewgeni Prigoschin, Chef der Wagner-Söldner, vor seiner Abfahrt aus Rostow am Don, 24. Junie 2023 Copyright AP/Copyright 2023 The AP. All rights reserved.
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Von Stefan Grobe
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Europas politische Elite verbrachte die Woche damit, die Folgen des gescheiterten Aufstands und des Marsches der Wagner-Söldner auf Moskau zu ergründen. Ein Ereignis, das westliche Analysten in Erstaunen versetzte und sie mit mehr Fragen als Antworten zurück ließ.

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Europas politische Elite verbrachte die Woche damit, die Folgen des gescheiterten Aufstands und des Marsches der Wagner-Söldner auf Moskau zu ergründen.

Ein Ereignis, das westliche Analysten in Erstaunen versetzte und sie mit mehr Fragen als Antworten zurück ließ.

Sicher ist, der Krieg in der Ukraine sorgte innerhalb des Systems und der Armee Putins zu immensen Spannungen, was zu Wut und Frustration führte.

Oligarchen verlieren tonnenweise Geld, während Moskaus militärische Hardliner glauben, Putin gehe in der Ukraine nicht aggressiv genug zu Werke.

Doch gelang es Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin letztlich nicht, den russischen Sicherheitsapparat davon zu überzeugen, sich seiner Revolte anzuschließen - und Putin behielt die Oberhand. Für den Moment.

In Brüssel ist man der Meinung, dass die ganze Episode für die Ukraine eher positiv ist.

"Wenn der Gegner mit einem internen Machtkampf beschäftigt ist, ist das aus militärischer Sicht natürlich positiv", sagte EU-Außenbeauftragter Josep Borrell.

"Plötzlich gaben Wagners Truppen ihre Positionen an der Front auf, um etwas anderes zu tun. Das kann für die Ukrainer nur positiv sein."

Unterdessen zogen sich Russlands ranghöchste Generäle aus der Öffentlichkeit zurück, während Präsident Wladimir Putin versuchte, seine Autorität wiederherzustellen.

Vielleicht stärkte ihn ihn die Tatsache, dass Washington über einen direkten Draht Moskau mitten in der Meuterei versicherte, dass die USA nichts damit zu tun hatten:

Ja, es ist Amerikas Politik, die Ukraine zu verteidigen, aber nicht, Putin zu stürzen oder Russland zu vernichten.

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel verbreitete der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz die gleiche Botschaft: 

"Wir sind nicht Partei dessen, was in Russland geschieht, nicht beteiligt. Dieses Problem hat sich Putin selbst herangezogen. Wir können das nur beobachten. Unser Ziel ist nicht ein Regierungswechsel, ein "regime change" in Russland. Unser Ziel, das wir verfolgen, ist eine unabhängige Ukraine."

Die Lage in Russland war das Top-Thema des Gipfels, zusammen mit der Migration und den Beziehungen zu China.

Was überhaupt nicht auf der Tagesordnung stand, war die Reform des EU-Strommarktes - eigentlich ein Thema oberster Priorität, seit europäische Haushalte und Unternehmen vor einem Jahr erstmals mit einer astronomischen Stromrechnung konfrontiert wurden.

Ein Vorschlag der EU-Kommission vom letzten Dezember ist immer noch ein Zankapfel zwischen den Mitgliedsstaaten.

Seine Hauptziele sollten eigentlich unstrittig sein: Schutz der Verbraucher, Stabilisierung der Energiekosten und Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien.

Dennoch endete ein jüngstes Treffen der Energieminister ohne Einigung.

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Dazu ein Interview mit Miguel Stilwell d'Andrade, Vorstandschef der portugiesischen EDP, weltweit eines der führenden Unternehmen bei erneuerbaren Energien.

Euronews: Bei der Strommarktreform gibt es keine klare Länder-Fraktionen. Vielmehr gibt es verschiedene Sperrminoritäten, die unterschiedliche Dinge wollen. Wie zuversichtlich sind Sie, dass es in absehbarer Zeit eine Einigung geben wird?

Andrade: Was die Europäische Kommission als Vorschlag für dieses neue Marktdesign vorgelegt hat, ist sehr sinnvoll. Leider haben wir jetzt gesehen, dass die Verhandlungen zwischen Parlament und Rat feststecken. Man hat mir gesagt, dass mehr als tausend Änderungen vorgeschlagen worden sind. Es gibt also noch viel zu diskutieren, um sicherzustellen, dass wir etwas bekommen, das konsistent und solide ist und das bestehende Marktmodell nicht grundlegend verzerrt.

Euronews: Die am meisten polarisierenden Brocken scheinen die Kohlesubventionen und die Atomenergie zu sein - ist das nicht der Kern des Problems, dass wir irgendwie immer noch in altem Denken stecken?

Andrade: Es ist wichtig, dass wir einen kohärenten Plan entwickeln, um die Energiewende voranzutreiben. Die Kohle wird auslaufen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Die Kernenergie wird nur in einigen Ländern funktionieren. Viele andere haben sie bereits stillgelegt. Wir müssen uns also auf erneuerbare Energien, flexible Batterien und Wasserkraft konzentrieren und dafür sorgen, dass wir ein sauberes, erschwingliches und zuverlässiges Energiesystem für die Zukunft haben.

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Euronews: Die gesamte Reformidee ist ja, das Stromsystem auf grüne Energiequellen umzustellen. Inwieweit schadet das Fehlen einer Reform innovativen Unternehmen wie EDP oder beeinträchtigt sie zumindest?

Andrade: Ein guter Punkt. Was wir in Europa brauchen, sind Investitionen, um die Energiewende voranzutreiben, um Hunderte von Milliarden Euro in erneuerbare Energien, in Batterien und Wasserkraft in all diese verschiedenen Technologien zu investieren. Dafür braucht man ein stabiles Regulierungssystem und die richtigen Anreize, um sicherzustellen, dass die Menschen dieses Kapital einsetzen können. Wir müssen jetzt das Marktdesign fertigstellen und uns darauf konzentrieren, Kapital einzusetzen und die Energiewende voranzutreiben.

Euronews: Heute stammen drei Viertel der von EDP erzeugten Energie aus erneuerbaren Quellen - aber bis 2030 wollen Sie ganz auf Ökostrom umsteigen. Sind Sie auf dem richtigen Weg, dieses Ziel zu erreichen?

Andrade: Wir werden vor 2025 kohlefrei und vor 2030 komplett grün sein. Wie Sie schon sagten, haben wir bereits drei Viertel des Weges zurückgelegt. In den nächsten zwei oder drei Jahren werden wir über 90 Prozent der Stromerzeugung umweltfreundlich gestalten, vor allem mit Windkraft an Land und auf See, aber auch mit Solarenergie.

Wir sind also eindeutig auf dem richtigen Weg, und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir es schaffen werden. Und ich denke, wir haben alle Voraussetzungen, um dies wirklich zu einem Erfolg zu machen.

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