"Ich werde nichts aufgeben", erklärte Marine Le Pen den versammelten Anhängern am Place Vauban in Paris. Mehrere tausend Personen waren bei der Kundgebung am Sonntag. Die Linke organisierte hingegen eine Gegendemonstration auf dem Place de la République.
Anhänger von Marine Le Pen protestierten am Sonntag in Paris gegen ihre Verurteilung wegen Veruntreuung von EU-Geldern und ihr fünfjähriges Verbot, bei Wahlen zu kandidieren. Marine Le Pen war jahrelang Vorsitzende der französischen rechtsnationalen Partei Rassemblement National und wurde als aussichtsreiche Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2027 gehandelt.
Le Pen hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt und versprochen, "sich nicht die Präsidentschaft stehlen zu lassen". "Es ist für mich unmöglich, meine Emotionen zu verbergen, Sie hier und an unserer Seite in all unseren Departements zu sehen. Danke, dass Sie hier sind, um das zu verteidigen, was durch diese Entscheidung zertreten wurde und was mir über alles geht: mein Volk, mein Land und meine Ehre.
Sie fügte auf der Kundgebung unweit des französischen Parlaments am Fuße des Hôtel des Invalides hinzu: "Ich werde nicht locker lassen". Marine Le Pen kritisierte vor ihren Anhängern, dass diese "politische Entscheidung" den "Rechtsstaat, aber auch den demokratischen Staat mit Füßen getreten" habe.
Linksgerichtete Gegner demonstrierten am Place de la République und verurteilten die von den Organisatoren als "trumpistische Wende" bezeichnete Partei Rassemblement National (RN) von Le Pen. Die zentristische Partei Renaissance von Gabriel Attal organisierte eine eigene Demonstration in Saint-Denis und warnte vor einer "existenziellen Bedrohung für den Rechtsstaat".
Die juristische Entscheidung hatte Auswirkungen über Frankreich hinaus und sandte Schockwellen in rechtsäußere Kreise in Europa und darüber hinaus. In ganz Europa haben einige rechtsgewandte Parteien immer mehr Unterstützung gefunden, darunter auch das Rassemblement National in Frankreich. Bei den Europawahlen 2024 waren sie mit doppelt so viel Stimmen wie die Partei von Macron als Gewinner hervorgegangen.
Trotz der Gerichtsentscheidung vom vergangenen Montag zeigen Umfragen, dass das RN stark bleibt, selbst wenn Jordan Bardella an Le Pens Stelle für die Präsidentschaftswahlen 2027 antreten würde. Bardella ist der 29-jährige Schützling von Le Pen und seit vergangenem Jahr Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei.
Le Pen oder Bardella liegen in einer Umfrage für BFMTV und La Tribune dimanche vom zweiten bis vierten April in den Wahlabsichten für die Präsidentschaftswahlen 2027 weit vorne - selbst wenige Tage nach der Verurteilung Marine Le Pens in Paris.
Bei allen möglichen Konstellationen der Gegenkandidaten liegen die Tochter von Jean-Marie Le Pen und ihr Nachfolger Bardella an der Spitze, wobei sie zwischen 32 und 36 Prozent und er zwischen 31 und 35,5 Prozent der Wahlabsichten hat.
Bardella: "Ein direkter Angriff auf die Demokratie".
Der junge Vorsitzende des Rassemblement National geißelte seinerseits die "skandalöse" Gerichtsentscheidung, mit der Marine Le Pen aus den Präsidentschaftswahlen "entfernt" werden sollte, als "direkten Angriff auf die Demokratie" und "eine Verletzung für Millionen patriotischer Franzosen".
"Sie wollten eine Stimme auslöschen, aber sie haben das Volk von Frankreich geweckt", sagte Jordan Bardella am Rednerpult und behauptete, dass 10.000 Menschen auf dem Place Vauban anwesend waren. "Die Geschichte hat uns hier ein Rendezvous gegeben", fügte er hinzu, bevor er die Gegendemonstration, die zur gleichen Zeit von einem Teil der Linken organisiert wurde, ausbuhen ließ.
"Die meisten der befragten Demonstranten kamen aus der Region Paris und den nahen Vororten, mit Ausnahme eines Busses aus Hénin-Beaumont", der RN-Hochburg in Nordfrankreich, teilte ein Journalist der französischen Zeitung Le Figaro auf seinem X-Account.
Vor dem eigentlichen Beginn der Kundgebung erlebten die auf dem Place Vauban Versammelten RN-Anhänger eine Protestaktion der Organisation Femen, die "lebenslange Unwählbarkeit!" für Marine Le Pen forderten. Der parteieigene Sicherheitsdienst schritt ein und beendete die Intervention. Auf den sozialen Netzwerken beklagten Teilnehmende, eine Protestantin wäre "gewalttätig vertrieben" worden.
Die Menschen in Frankreich gehen wieder auf die Straße. Das Urteil der Unwählbarkeit für Marine Le Pen hat eine europäische Debatte über die politische Bedeutung von Gerichtsentscheidungen ausgelöst. Le Pen hat Berufung eingelegt und soll unter Einhaltung der Fristen im Sommer 2026 erfahren, wie das neue Urteil lautet.
24 Verurteilte im Prozess der Veruntreuung von EU-Geldern
Der Prozess zur Veruntreuung von EU-Geldern in Höhe von mehreren Milliarden hat neben Le Pen auch 24 andere Personen betroffen. Fast alle von ihnen wurden ebenfalls zu Geld- und Haftstrafen mit unterschiedlichem Strafmaß belangt. Auch die Partei Rassemblement National muss eine Geldstrafe zahlen.