Papst Franziskus war bemüht eine Brücke nach Asien zu schlagen. Viele der von ihm ernannten Kardinäle waren Asiaten. Jesuiten, Franziskus gehörte dem Orden an, waren führend in der Missionierung Chinas und Japans. Und auch die Basilika, in der Franziskus beigesetzt wird, hat einen Bezug zu Asien.
Der Leichnam von Papst Franziskus wird an diesem Samstag in der römischen Basilika Santa Maria Maggiore beigesetzt.
Bis dahin ruhen die sterblichen Überreste von José Mario Bergoglio unter dem Schutz eines Marienbildes, das einen hohen spirituellen Wert für den Katholizismus und eine große Symbolkraft für die Jesuiten und für die - auch politischen - Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und Asien hat.
Die Ikone der Jungfrau Maria in der Basilika St. Maria Maggiore und Asien
Es handelt sich um die byzantinische Ikone der Jungfrau Salus Populi Romani, der Retterin des römischen Volkes, die erste Mariendarstellung, deren Verbreitung und Vervielfältigung durch eine päpstliche Ukrunde, eine sogenannte Bulle offiziell genehmigt wurde.
Die Ikone der Jungfrau Maria in der Basilika St. Maria Major ist auch ein Symbol für die katholischen Bemühungen um die Evangelisierung Asiens. Sie wurde sogar zum Emblem des Epos der großen Jesuitenreisen in den Fernen Osten. Bis nach China.
Im Jahr 1602 schenkte Pater Matteo Ricci, Jesuitenmissionar und Sinologe, dem Kaiser von China eine Kopie der Ikone.
Die Suche nach einem Weg in den Osten für die Evangelisierung war eine der großen Achsen des Pontifikats von Bergoglio und nach Meinung vieler Beobachter sogar seine politische Substanz.
Ein dezentralisiertes Konklave: Zum ersten Mal sind die europäischen Kardinäle nicht in der Mehrheit
Asien habe durch die – in weiten Teilen der Kirche als „revolutionär“ bezeichnete – Neuverteilung der stimmberechtigten Kardinäle beim Konklave Aufsehen erregt. Denn zum ersten Mal, haben die europäischen Kardinäle nicht die Mehrheit bei der Papstwahl, erklärt der Theologe Pater Gianni Criveller, der seit Jahrzehnten in der chinesischen Welt missioniert und Herausgeber der Online-Zeitung „Asia News“
"Überraschenderweise werden Städte wie Paris, Mailand und Länder wie Österreich und Irland keinen Kardinal im Konklave haben. Stattdessen werden Kardinäle aus der Mongolei, wo es nur etwa tausend Katholiken gibt, aus Myanmar und aus Thailand, also aus Ländern mit einer großen buddhistischen Mehrheit, teilnehmen", so Criveller.
Zum ersten Mal wird Asien durch 23 der 135 Kardinalwahlmänner vertreten sein. China stellt einen, Den Bischof von Hongkong Stephen Chow Sau-Yan.
Der Anteil der asiatischen Wähler ist im Vergleich zur Verbreitung des Katholizismus in dieser Region groß. Die einzige Ausnahme sind die Philippinen, ein zutiefst katholisches Land mit einer von den spanischen Kolonisatoren geerbten Religiosität.
Ohne Asien und China riskiert die Kirche eine Marginalisierung
Von den fast anderthalb Milliarden Katholiken in der Welt entfallen zehn Prozent auf Asien. In Asien steigt die Zahl der Katholiken, aber auch die der Menschen und die Technologiefortschritte wachsen dort rasant - und die Politik des Vatikans kann nicht so tun, als gäbe es das alles nicht.
In Anbetracht der historischen Rolle Asiens als Eroberte, so Bergoglios päpstliche Diplomatie, wird die Präsenz in diesen nicht mehr so weit entfernten Gebieten bald ebenso wichtig sein wie die traditionelle Verwurzelung in Europa, Amerika und Afrika.
Einer der Gründe, warum Asien auch für den Vatikan in Bergoglios Zeit von Bedeutung ist, ist die Technologie.
In der Tat war Franziskus der erste Pontifex, der auf einem G7-Wirtschaftsgipfel sprach. In Apulien im Juni 2024 warnte er vor den Gefahren der künstlichen Intelligenz.
Das Evangelium, ein Reisepass für die Welt
Das Ziel der geografischen Revolution im Kardinalskollegium "ist die Ausbreitung des Evangeliums. Es handelt sich nicht um Proselytismus [das Missionieren oder Abwerben von anderen Religionen, Anm. d. Red.] sondern einfach um die Weitergabe des Wissens über das Evangelium an andere Kulturen, genau wie es die Jesuiten im 17. Jahrhundert getan haben", erklärt Criveller.
Eine pastorale Mission, die darauf abzielt, die Kirche von der kolonialen Vergangenheit des Westens zu befreien: die Welt nach Rom zu bringen und nicht umgekehrt, was sicherlich durch den südamerikanischen Hintergrund des verstorbenen Papstes Franziskus unterstützt wird.
Der evangelisierende Aspekt ist nicht alles. Professor Silvia Menegazzi, Gründerin des Zentrums für zeitgenössische Chinastudien, meint: "Papst Franziskus hatte eine sehr genaue Vorstellung von den Beziehungen zwischen den Staaten. Eine Vision, die sicherlich immer viel mehr mit der der Länder übereinstimmte, die wir als nicht-westlich, als den globalen Süden bezeichnen könnten." Die so genannten BRICS, also auch China.
Der argentinische Papst hat Pastoralreisen in den Nahen Osten, nach Südkorea, auf die Philippinen, nach Myanmar, Sri Lanka, Pakistan, Thailand, Japan, Kasachstan, in die Mongolei, nach Indonesien, Osttimor und Singapur unternommen. Trotz politischer Bemühungen ist es ihm nicht gelungen, die beiden asiatischen Giganten Indien und China zu besuchen.
Zwischen dem Vatikan und Peking bestehen keine diplomatischen Beziehungen. In der Tat erkennt der Heilige Stuhl Taiwan als Republik China an. Dies ist einer der Gründe dafür, dass Papst Franziskus keine Pastoralreise auf den Spuren seiner jesuitischen Vorgänger unternommen hat.
Peking hat jedoch sein Beileid zum Tod von Franziskus bekundet und erwägt die Entsendung einer "hochrangigen Regierungsdelegation".
Die Annäherung der katholischen Kirche an Peking
Dennoch hat die päpstliche Diplomatie im Jahr 2018 einen wichtigen politischen Erfolg in Peking erzielt, nämlich die Möglichkeit, die Ernennung chinesischer katholischer Bischöfe durch das kommunistische Regime zu genehmigen. Bis dahin hatten die chinesischen Behörden einseitig Ortsbischöfe ernannt, was der katholischen Kirche in der chinesischen Welt viel Glaubwürdigkeit nahm. Ab 2018 ernennt das Regime die Bischöfe, aber der Vatikan genehmigt ihre Ernennung.
"Diese Vereinbarung ist definitiv eine Übung in vatikanischer Realpolitik, denn der Papst konnte die Katholiken in Hongkong, Macao und vor allem Taiwan nicht besuchen", sagt Pater Criveller und fügt hinzu: "Auch hat sich Franziskus nie ausführlich zu den Fragen der Menschen- und Religionsrechte in China und zur Frage der uigurischen Muslime und tibetischen Buddhisten oder zu den militärischen Drohungen gegen Taiwan geäußert."
Mit anderen Worten könnte man sagen, dass Peking eine Messe wert ist. "Der Papst hat oft große Erklärungen der Wertschätzung und Liebe gegenüber dem chinesischen Volk und der chinesischen Kultur abgegeben", so Gianni Criveller.
Nach offiziellen Angaben gibt es in China etwa zehn Millionen Katholiken. Katholische Quellen behaupten jedoch, dass dies nur die Gläubigen sind, die den offiziellen religiösen Strukturen angehören. Es gibt auch inoffizielle katholische Organisationen, die von den Behörden nicht anerkannt werden, wie etwa dreißig von hundert Bischöfen, die stattdessen vom Vatikan akzeptiert werden.
"Im Vergleich zu seinen Vorgängern haben sich die Beziehungen zwischen China und dem Vatikan unter Franziskus verbessert. Aber nicht so, wie es der Vatikan erwartet hatte. China bleibt nach alter Tradition (und nicht nur kommunistisch) das atheistischste Land der Welt", sagte Menegazzi und schloss mit den Worten: "Wir werden sehen, wie der Nachfolger seine Asienpolitik gestalten wird. Sicherlich war die Beziehung zu China mehr an die Person von Franziskus gebunden. Es wird also mehr darauf ankommen, wie der neue Papst China sehen wird als umgekehrt."
Obwohl die Zusammensetzung des Konklaves zum Teil mit den politischen und religiösen Orientierungen des verstorbenen Jorge Mario Bergoglio zusammenhängt, ist unklar, inwieweit die politischen Bedingungen in der Welt und in Europa es dem Nachfolger erlauben werden, die von Franziskus eingeleitete Hinwendung zum Osten zu vollenden.
"Sicherlich hat der verstorbene Pontifex der Politik und den internationalen Beziehungen große Bedeutung beigemessen. In ähnlichem Sinne haben wir wie er in der heutigen Zeit nur Johannes Paul II. gehabt", sagt Pater Criveller.