Newsletter Newsletters Events Veranstaltungen Podcasts Videos Africanews
Loader
Finden Sie uns
Werbung

Friedensgespräche in der Ukraine: Was steht für die Europäer auf dem Spiel?

Der Friedensplan für die Ukraine umfasst Angelegenheiten, die unmittelbar in die Zuständigkeit der EU fallen.
Der Friedensplan für die Ukraine umfasst Angelegenheiten, die unmittelbar in die Zuständigkeit der EU fallen. Copyright  Omar Havana/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.
Copyright Omar Havana/Copyright 2025 The AP. All rights reserved.
Von Jorge Liboreiro
Zuerst veröffentlicht am
Teilen Kommentare
Teilen Close Button

Die Europäer, die zunächst ins Abseits gedrängt wurden, wollen sich wieder in die Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland einmischen, indem sie die zentralen Fragen, die nur mit ihrer Zustimmung geregelt werden können, in den Vordergrund stellen. Aber welche sind das? Analyse:

Der von den USA und Russland ausgearbeitete 28-Punkte-Friedensplan zur Beendigung des Krieges in der Ukraine hatte die führenden Politiker in Europa überrascht, die Staats- und Regierungschefs sahen in den Plänen vor allem russische Interessen.

Doch für die Europäer bedeuteten die Vorschläge auch einen Verlust an Kontrolle über ihren eigenen Sicherheitsrahmen und könnten sie ihrer wichtigsten Druckmittel gegenüber Moskau berauben.

Die EU und ihre Verbündeten drängen nun darauf, ein volles Mitspracherecht bei den nächsten Verhandlungen - insbesondere bei Themen, die ihre Beteiligung erfordern - von Sanktionen bis zur Verteidigung.

Dies sind die wichtigsten Themen der Gespräche, die die Europäer direkt betreffen:

NATO-Beitritt der Ukraine im Fokus

Die Ukraine strebt seit langem einen Beitritt zur NATO an, dem transatlantischen Bündnis, das seine Mitglieder durch eine Klausel zur kollektiven Verteidigung schützt. Die Ukraine sieht in Artikel 5 die stärkste Abschreckung gegen eine künftige Aggression Russlands.

Anfang des Jahres sprach Generalsekretär Mark Rutte von einem "unumkehrbaren Weg der Ukraine in die NATO", aber der Fahrplan für Kyjiw ist alles andere als klar, da es keinen Konsens unter den Verbündeten gibt. Für Moskau ist der Beitritt der Ukraine zur NATO eine rote Linie.

Der Entwurf des Plans, der letzte Woche durchgesickert war, enthielt eine weitreichende Klausel, die die Ukraine für immer außerhalb der NATO halten sollte.

"Die Ukraine erklärt sich bereit, in ihrer Verfassung zu verankern, dass sie der NATO nicht beitreten wird, und die NATO erklärt sich bereit, in ihre Statuten eine Bestimmung aufzunehmen, die besagt, dass die Ukraine in Zukunft nicht aufgenommen wird", heißt es in dem Entwurf.

Dieser Wortlaut stieß bei den Europäern auf wenig Gegenliebe. Damit würde der NATO praktisch ein russisches Veto aufzwingen würde, was einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen könnte.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs bestehen darauf, dass Entscheidungen, die die NATO betreffen, nur von den NATO-Verbündeten getroffen werden dürfen.

Eine ähnliche Logik würde auch für ein anderes Element des Friedensplans gelten: die mögliche Stationierung von NATO-Truppen auf ukrainischem Boden. Diese Idee wurde ursprünglich von der "Koalition der Willigen" unter Führung Frankreichs und Großbritanniens vorgebracht.

Im September gab der französische Präsident Emmanuel Macron bekannt, dass sich 26 Länder bereit erklärt haben, Truppen in die Ukraine zu entsenden oder im Rahmen künftiger Sicherheitsgarantien Unterstützung zu Lande, zu Wasser oder in der Luft zu leisten.

Die Europäer wünschen sich eine stärkere Beteiligung an den Friedensgesprächen.
Die Europäer wünschen sich eine stärkere Beteiligung an den Friedensgesprächen. European Union, 2025.

Sanktionserleichterungen für die angeschlagene russische Wirtschaft

Die Europäische Union hat 19 Sanktionspakete gegen Russland verhängt, um Russland bei der Finanzierung des Krieges einzuschränken.

Die Sanktionen sindumfangreich und komplex, sie betreffen Importe, Exporte, Banken, Energie, Verkehr, Verteidigung, Dienstleistungen und Medien sowie eine schwarze Liste mit über 2 700 Personen und Einrichtungen, die beschuldigt werden, den russischen Kriegsapparat zu unterstützen.

Die Aufhebung der Sanktionen stand immer ganz oben auf der Wunschliste des Kremls.

Ein erster Versuch im März wurde von Brüssel entschieden zurückgewiesen. Nun versucht man es erneut: Der 28-Punkte-Plan spricht von einer Aufhebung der Sanktionen "in Etappen und von Fall zu Fall".

Ob diese Erleichterungen jemals in Kraft treten, wird weitgehend von der EU abhängen, die das größte Sanktionssystem unter den westlichen Verbündeten unterhält. Beamte und Diplomaten zögern, die Sanktionen so schnell aufzuheben, ohne zu garantieren, dass Russland die Ukraine nicht wieder angreift.

Es wird erwartet, dass die EU im weiteren Verlauf der Gespräche auf einen langen, sorgfältig ausgearbeiteten Zeitplan drängt, der es ermöglicht, die harten Sanktionen jederzeit wieder in Kraft zu setzen.

Selbst wenn die Erleichterungen gewährt werden sollten, gehen einige entscheidende Komponenten über den Bereich der Sanktionen hinaus. Die EU arbeitet derzeit an einem unumkehrbaren Ausstieg aus allen Käufen russischer Energie bis 2028, wodurch Moskau seine einst zuverlässige Kundschaft verliert.

Beschlagnahmte Vermögenswerte der russischen Zentralbank

Keine Sanktion hat der Europäischen Union ein größeres Druckmittel in die Hand gegeben als die Sperrung von Vermögenswerten der russischen Zentralbank im Wert von sage und schreibe 210 Milliarden Euro auf EU-Gebiet.

Die eingefrorenen Vermögenswerte stehen im Mittelpunkt einesPlans zur Gewährung eines Reparationskredits, der den finanziellen und militärischen Bedarf der Ukraine in den Jahren 2026 und 2027 decken kann. Da sich die USA aus der Unterstützung Kyjiws zurückziehen, liegt die Last ganz bei der EU.

Das Reparationsdarlehen würde aus den Barmitteln der russischen Vermögenswerte gespeist und nur dann zurückgezahlt werden, wenn Moskau sich bereit erklärt, die Kriegsschäden zu ersetzen.

Der 28-Punkte-Plan, der letzte Woche veröffentlicht wurde, sieht jedoch vor, die Vermögenswerte in zwei getrennte Investmentfonds aufzuteilen, die es sowohl den USA als auch Russland ermöglichen würden, davon wirtschaftlich zu profitieren.

Das hat bei den europäischen Politikern Empörung ausgelöst, denn sie sehen in den Vermögenswerten ihr mächtigstes Instrument, um Russland für die entstandenen Schäden zahlen zu lassen.

Die Europäer beharren darauf, dass die Vermögenswerte nicht einfach eingefroren werden können und Russland eine Entschädigung in Form von Reparationen zahlen sollte. Ein Beamter sagte Euronews, der letzte Woche veröffentlichte Plan sei "wirtschaftliche Brutalität".

António Costa, der Präsident des Europäischen Rates, kündigte an, wie die Finanzierungslücke der Ukraine geschlossen werden soll, werde Mitte Dezember entschieden.

Zu den G7 gehört auch die Europäische Union.
Zu den G7 gehört auch die Europäische Union. Copyright 2025 The Associated Press. All rights reserved.

Globale Wiedereingliederung Russlands in die G8

In dem 28-Punkte-Plan heißt es auch, dass Russland wieder in die G8 eingeladen werden sollte, um Wladimir Putins Isolation auf der internationalen Bühne zu beenden. US-Präsident Donald Trump hat öffentlich erklärt, dass er die Wiederaufnahme Russlands unterstützen würde.

Russland wurde 2014 nach der Annexion der Krim auf unbestimmte Zeit aus der G8 ausgeschlossen. Die Gruppe wurde in G7 umbenannt und hat seitdem den Namen beibehalten.

"Putin spricht mit mir, er spricht mit niemandem sonst, weil er beleidigt war, als er aus der G8 geworfen wurde", sagte Trump im Juni und bezeichnete die Suspendierung als "großen Fehler".

Da es sich um eine konsensbasierte Organisation handelt, wäre für die Aufnahme Russlands die Zustimmung aller amtierenden Mitglieder erforderlich, das sind Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Italien, Kanada und Japan sowie die EU. Die Wiederaufnahme Russlands würde ein Scheitern ihrer Isolationspolitik als Strafe für den Angriff auf die Ukraine bedeuten.

Analysten sind der Meinung, dass ein solcher Schritt einer politischen Amnestie für Putin gleichkäme.

EU-Beitritt für die Ukraine

Moskau ist strikt gegen einen NATO-Beitritt der Ukraine, hat sich aber weniger vehement gegen einen EU-Beitritt ausgesprochen. Auch die Amerikaner befürworten einen solchen Beitritt als Trostpreis für Kyjiw.

"Die Ukraine hat das Recht auf eine EU-Mitgliedschaft und wird einen kurzfristigen präferenziellen Zugang zum europäischen Markt erhalten, während diese Frage diskutiert wird", heißt es in dem 28-Punkte-Plan.

Brüssel hat erklärt, dass der Beitritt ausschließlich "auf der Grundlage von Verdiensten" erfolgt und nicht das Ergebnis von Politik oder externen Vereinbarungen ist. Wie bei den Sanktionen muss der Beitritt einstimmig akzeptiert werden.

Während die Ukraine aufgrund von Strukturreformen technische Fortschritte gemacht hat, hat das Veto Ungarns zuletzt ein Vorankommen im Beitrittsprozess verhindert.

Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, sagte am Wochenende, es sei an Kyjiw zu entscheiden, wie seine zukünftigen Bündnisse aussehen werden, und nicht an äußerem Druck.

"Die Ukraine muss die Freiheit und das souveräne Recht haben, ihre eigene Zukunft zu wählen", erklärte Ursula von der Leyen. "Sie haben sich für eine europäische Zukunft entschieden."

Zu den Barrierefreiheitskürzeln springen
Teilen Kommentare

Zum selben Thema

Trotz der Friedensgespräche: Russland greift massiv an, Tote in Kyjiw und Sumy

EU drängt auf volle Mitsprache bei Ukraine-Verhandlungen und Sanktionen

Ukraine-Krieg: Hebelt US-Plan Nutzung russischer Vermögenswerte aus?