Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war zu Besuch in Berlin. Deutschland steht fest an der Seite der Ukraine. Wie genau die Kooperation künftig aussehen soll, darum ging es bei der gemeinsamen Pressekonferenz.
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Berlin empfangen. Nach einem persönlichen Gespräch gaben die beiden Staatsoberhäupter eine gemeinsame Pressekonferenz und stellten einen 5-Punkte-Plan für die Ukraine vor.
Der ukrainische Präsident musste dann seinen Deutschlandbesuch abbrechen, so mehrere deutsche Medienberichte des Spiegel und der Süddeutschen. Eine drohende russische Großoffensive in der Region Sumy, wo sich nach ukrainischen Angaben 50.000 russische Soldaten versammelt haben, könnte der Grund dafür sein.
Neue Militärhilfen aus Deutschland
Zuvor hatte das deutsche Verteidigungsministerium erneut Militärhilfen an die Ukraine zugesagt. Ein neues Paket von fünf Milliarden Euro soll unter anderem die "Finanzierung von weitreichenden Waffen, die in der Ukraine produziert werden", unterstützen. Darüber hinaus soll die Bundesregierung weitere Waffen und Munition liefern.
Merz hatte bereits am Montag erklärt, dass es zukünftig "keine Reichweitenbeschränkung geben" soll. Die Ukraine könne sich damit "vollumfänglich verteidigen auch gegen militärische Ziele außerhalb des eigenen Staatsgebiets", fügte Merz hinzu. Nun wurde klargestellt: Deutschland will die Ukraine bei der Produktion solcher Waffen unterstützen.
Der Kreml kritisierte die Äußerungen von Merz als Provokation. Kremlsprecher Dmitrij Peskow sagte: "Das ist nichts anderes als der Versuch, die Ukrainer dazu zu zwingen, weiter zu kämpfen."
Debatte um Taurus-Raketen in Deutschland neu entfacht
Die erste Frage der Presse bezog sich, wie zu erwarten, auf den Taurus und darauf, ob Deutschland den Marschflugkörper nun an die Ukraine liefern würde oder nicht. Merz schmunzelte kurz und sagte dann, dass die Verteidigungsminister beider Länder eine Absichtserklärung am Nachmittag unterschreiben würden.
Ziel sei neben der Waffenproduktion, weitreichende Waffen zu "ermöglichen". Mehr wurde allerdings nicht verraten. Merz erklärte, dass man über Details nicht öffentlich sprechen werde. Das bekräftigte auch der Kanzleramtschef Thorsten Frei.
Bereits Mitte Mai verkündete Bundeskanzler Merz, dass die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine von nun an nicht mit der Öffentlichkeit geteilt werden würden.
Grund für die Geheimhaltung sei, dass man Russland in der Ungewissheit bleiben lassen möchte, mit welchen Waffen Deutschland die Ukraine unterstütze. Genannt wird dieses Vorgehen "strategische Ambiguität".
Merz und Selenskyj: Der 5-Punkte-Plan für die Ukraine
Merz gab sich freundschaftlich. Er begrüßte Selenskyj mit den Worten: "Lieber Wolodymyr", und dutzte ihn. Es folgte die Vorstellung eines 5-Punkte-Plans:
1. Der Krieg hat die Beziehungen beider Länder verändert. Deutschland und die Ukraine arbeiten eng zusammen. Ende des Jahres wird es deutsch-ukrainische Regierungskonsultationen geben.
2. Es wird Beratungen über engere wirtschaftliche Zusammenarbeit u.a. in den Bereichen Energie, Infrastruktur und Landwirtschaft geben.
3. Diplomatische Bemühungen um einen Waffenstillstand voranzutreiben (mit Unterstützung der USA). Niemand wolle den Frieden mehr als die Ukraine. Kyjiw sei bereit, Gespräche zu führen.
4. Deutschland wird seine militärische Unterstützung ausbauen und fortsetzen. Details hierzu wollte Merz allerdings nicht bekanntgeben.
5. Gemeinsamer Kompass ist "dauerhafter Frieden für die Ukraine und Sicherheit in Europa"
Selenskyj dankte Merz erneut für seinen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw. Das sei ein wichtiges politisches Signal gewesen. Der ukrainische Präsident forderte seine westlichen Partner auf, die Reichweite gelieferter Waffen nicht einzuschränken, die Waffenproduktion in der Ukraine zu unterstützen und zusätzliche Sanktionen gegen Russland zu beschließen. Er wagte auch einen Blick in die Zukunft und äußerte den Wunsch, dass sich auch Unternehmen aus Deutschland am Wiederaufbau in der Ukraine beteiligen.
Zu Ende der Pressekonferenz machte Merz deutlich, dass die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 für Gaslieferungen aus Russland nicht mehr genutzt werden soll. Seine Regierung werde "alles tun, damit Nord Stream 2 eben nicht wieder in Betrieb genommen werden kann", sagt Merz.