Meilenstein gegen Kinderpornografie: Die Europaabgeordneten haben mit überwältigender Mehrheit für die Kriminalisierung von KI erzeugten Bildern gestimmt, die den sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen.
Das Europäische Parlament stimmte am Dienstag mit überwältigender Mehrheit für einen Gesetzentwurf, der die Erstellung, den Besitz und die Weitergabe von kinderpornografischem Material, das mithilfe von künstlicher Intelligenz erstellt wurde, unter Strafe stellen soll.
Der Entwurf deckt auch Straftaten im Zusammenhang mit Grooming (bei dieser Praxis freundet sich ein Erwachsener mit einem Kind an, um es sexuell zu missbrauchen), Sextortion und Live-Missbrauch ab und befasst sich mit rechtlichen Definitionen und Fragen des Zustimmungsalters in der gesamten EU.
Der Text wurde mit 599 Ja-Stimmen, nur zwei Nein-Stimmen und 62 Enthaltungen angenommen, was bei einem so sensiblen Thema einen ungewöhnlich breiten Konsens über das gesamte politische Spektrum hinweg darstellt.
"Es wird genau so behandelt, als ob es sich um echtes Material über Kindesmissbrauch handeln würde", erklärt Jeroen Lenaers (Niederlande/EVP-Fraktion), der Berichterstatter des Gesetzentwurfs, gegenüber Euronews. "Weil wir wissen, dass diese Modelle 1. an echtem Material des sexuellen Kindesmissbrauchs üben müssen und 2. sehen wir, dass die Verwendung von Material mit sexuellem Kindesmissbrauchs durch die KI ein winziger Schritt auf dem Weg zu echtem sexuellen Kindesmissbrauch ist".
Eine aktuelle Studie der in Helsinki ansässigen gemeinnützigen Organisation Protect Children weist auf einen Zusammenhang zwischen dem Anschauen von Missbrauchsmaterial und der Begehung von Kontaktdelikten gegen Kinder hin, auch wenn ein direkter Kausalzusammenhang nicht nachgewiesen werden konnte. Laut der Studie gaben 52 % der Befragten an, dass sie befürchteten, das Anschauen solcher Inhalte könne sie zu Missbrauchshandlungen verleiten. Darüber hinaus gaben 44 % der Befragten an, dass sie darüber nachgedacht hätten, mit einem Minderjährigen in Kontakt zu treten, und 37 % gaben zu, dass sie aufgrund dieser Gedanken gehandelt hätten.
Lenaers erklärte Euronews, dass kinderpornografische Inhalte, die durch künstliche Intelligenz erzeugt wurden, im vergangenen Jahr um mehr als 1.000 % zugenommen haben.
Die Position des Parlaments wurde von Akteuren der Technologiebranche und Befürwortern des Kinderschutzes begrüßt. In einer gemeinsamen Erklärung von DotEurope, einer in Brüssel ansässigen Technologie-Lobbygruppe, die unter anderem OpenAI, TikTok, Snapchat und Meta vertritt, und Eclag (European Child Sexual Abuse Legacy Advocacy Group) heißt es: "Wir freuen uns, zum ersten Mal unsere Kräfte zu bündeln, um auf EU-Ebene gegen die Gefahr von KI für den sexuellen Missbrauch von Kindern vorzugehen. Wir hoffen, dass wir auch weiterhin Wege der Zusammenarbeit finden können, damit der sexuelle Missbrauch von Kindern im Internet der Vergangenheit angehört".
Abstimmung nur ein weiterer Schritt
Die Abstimmung am Dienstag ist jedoch nicht der letzte Schritt. Nun werden die Verhandlungen zwischen dem Parlament, dem EU-Rat, der die nationalen Regierungen vertritt, und der Europäischen Kommission beginnen. Dieser "Trilog" wird die endgültige Form des Gesetzes bestimmen.
Der Rat nahm im Dezember seine eigene Position an, verzichtete aber darauf, die Kriminalisierung von kinderpornografischem Material, das von KI generiert wurde, aufzunehmen, was dazu führte, dass Abgeordnete des Europäischen Parlaments, die Industrie und Verteidigungsgruppen die Minister aufforderten, sich dem Parlament anzuschließen.
Das Zustimmungsalter erwies sich bei den Verhandlungen im Rat ebenfalls als Streitpunkt. Eine Koalition aus sieben Ländern - Belgien, Finnland, Irland, Lettland, Luxemburg, Slowenien und Schweden - veröffentlichte eine gemeinsame Erklärung, in der sie davor warnte, dass Kinder, die das Alter der sexuellen Zustimmung erreichen, zwar rechtlich in sexuelle Handlungen einwilligen können, aber dennoch besonders gefährdet sind und einen starken rechtlichen Schutz benötigen.
Die vorgeschlagene Richtlinie geht über die Bildgebung im Zusammenhang mit KI hinaus. Sie führt einen gemeinsamen EU-weiten Rechtsrahmen zur Bekämpfung des Kindesmissbrauchs im Internet ein, indem sie Grooming und Sextortion eindeutig als Straftaten definiert. Außerdem sollen Live-Übertragungen von Missbrauchshandlungen verboten und die Fristen für die Meldung von sexuellem Missbrauch abgeschafft werden, da sich viele Opfer erst Jahre später melden. "Pädophilie-Handbücher" sollen verboten werden, die Anleitungen dazu enthalten, wie man Kinder manipulieren und vermeiden kann, entdeckt zu werden.
Während der Plenardebatte rief der Kommissar für Inneres, Magnus Brunner, zu Ehrgeiz und Einigkeit auf: "Wir können nie ehrgeizig genug sein. Es gibt keine wichtigere Priorität als den Schutz unserer Kinder".