Erneut irritiert Außenminister Wadephul mit Aussagen zum Israel-Iran-Konflikt. Erst war er überzeugt, die USA greifen nicht militärisch ein. Nun behauptet er, die USA wollen keinen "Regimewechsel" im Iran. Liegt Wadephul schon wieder daneben?
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) muss sich aktuell im Hinblick auf seine Nahost-Politik viel Kritik gefallen lassen. Denn kürzlich betonte er noch seine Überzeugung, dass die USA sich nicht militärisch an dem Krieg zwischen Israel und dem Iran beteiligen werden. Nur einen Tag später haben die USA unter US-Präsident Donald Trump iranische Atomanlagen bombardiert.
Auch führte Wadephul eine europäische Initiative an, mit dem Iran diplomatische Gespräche über seine Atomprogramme zu führen. Am Freitag traf er sich mit Irans Außenminister Abbas Araghchi in Genf – jedoch ohne die USA und Israel am Tisch.
Einige Experten werfen Wadephul vor, dass der Iran nur mit Europa spiele. Zudem geht die Meinung, ob Atomverträge einen Bau von Atomwaffen seitens des Mullah-Regimes verhindert, weit auseinander. Das Treffen in Genf ging zu Ende ohne Ergebnis; der Iran hatte sogar einen Verhandlungsstopp verkündet.
Am Montag irritierte Wadephul in Brüssel erneut mit Aussagen, bevor der EU-Außenrat tagte. Die EU-Außenminister braten heute dort über die angespannte Situation im Nahen Osten.
Ein Regimewechsel ist kein Ziel der USA, meint Wadephul. Wörtlich sagte der CDU-Außenminister: "Offiziell hat der Vize-Präsident JD Vance gesagt, dass ein Regimewechsel nicht das Ziel der Vereinigten Staaten von Amerika ist, Isralel hat dies ebenso erklärt."
Dies ist deshalb irritierend, weil am Montag weltweit die Schlagzeilen lauten, dass Donald Trump am Sonntag den Wunsch eines Regimewechsels im Iran äußerte.
Stunden zuvor: Trump sprach erstmals von "Regimewechsel"
US-Präsident Trump erklärte am Sonntag auf seinen Social Media Accounts: "Es ist politisch nicht korrekt, den Begriff „Regimewechsel“ zu verwenden, aber wenn das derzeitige iranische Regime nicht in der Lage ist, den Iran wieder groß zu machen, warum sollte es dann keinen Regimewechsel geben??? MIGA!!!"
Bedeutet: Erstmals sprach der US-Präsident offen von einem "Regimewechsel" und nahm sogar die Parole "Make Iran Great Again". Viele US-Medien interpretierten dies als klaren Wunsch. Das „Wall Street Journal“ ging sogar noch einen Schritt weiter. Die Zeitung schrieb, dass Trump seine Unterstützung für einen Machtwechsel nicht ausschließe.
Liegt Wadephul womöglich etwa wieder daneben?
Experte: "Doch, die USA befürworten einen Regimewechsel"
Der Sicherheitsexperte Nico Lange erklärt im Gespräch mit Euronews: "Den USA wäre es das liebste, der Iran kommt an den Tisch und vereinbart ein Abkommen."
Doch: "Trump hat aber klargemacht, wenn es mit dieser Regierung NICHT geht - dann muss es eine andere geben!" "Die Strategie von Israel sowie der Amerikaner ist keine militärische Operation für einen Regimewechsel im Iran – aber beide sind eben für einen Regimewechsel", erklärt Lange weiter.
"Geltungsdrang der Europäer wird vom Iran ausgenutzt"
Der Militärexperte sieht in dem aktuellen Agieren der europäischen Staaten – also Deutschland, Großbritannien und Frankreich sowie der EU – noch viel größere Probleme.
Nico Lange meint: "Unabhängig von der Person Wadephul, muss man sich jetzt die Frage stellen, inwieweit das Risiko besteht, dass die Angebote, die Europa macht, nicht Israel und der USA helfen – sondern ins Gegenteil führen.
Denn "die Europäer tun so, als würden sie Verhandlungsdiplomatie für die Amerikaner machen. Trump aber sagt, nur er ist derjenige, der einen Deal macht", so Lange. Das Treffen in Genf werde "anders von den Europäern dargestellt", als es eigentlich ist. "Natürlich können die Europäer nicht für USA und Israel sprechen".
Die Akteure des Irans seien "sehr gerissen". Die Europäer müssten aufpassen. "Wenn ich der Iran wäre, würde ich darüber nachdenken, die Europäer gegen USA und Israel auszuspielen. Das Risiko ist da, dass dies gerade passiert. Die Europäer sind für die Iraner grundsätzlich ein angenehmerer Gesprächspartner, denn sie haben lange an einer sanften Iran-Politik festgehalten, die nichts gebracht hat", so Lange weiter.
Lange deutlich: "Der Geltungsdrang der Europäer wird vom Iran ausgenutzt. Sie versuchen etwas, wofür sie keine Instrumente haben. Es existiert seitens Deutschland oder Frankreich kein Druckmittel. Das liegt bei den USA und Israel. Und dass die Europäer sich vom Iran ausnutzen lassen, kann zum Risiko für alle werden".
Nahosthistoriker: "Regimechange wäre für USA die strategische Sicherung am Persischen Golf"
Der Nahost-Historiker Rasim Marz sagt zu Euronews, dass die USA keinen "klassischen Regimechange" im Iran anstreben, "der wie 2003 im Irak Bodentruppen und größeren militärischen Logistikaufwand bedurfte."
Vielmehr sei das Ziel der USA und Israel, "die hohe Unzufriedenheit in der iranischen Bevölkerung gegen das Mulla-Regime" und für "eine pro-westliche Regierung" den Weg zu bereiten. "Der Sohn des letzten Schahs, Cyrus Reza Pahlavi, hat sich sowohl in Jerusalem als auch in Washington als Übergangsfigur ins Spiel gebracht", so Marz.
Der Historiker ist der Ansicht, dass die Angriffe der Trump-Administration und der israelische Regierung von Benjamin Netanjahu auf den Iran "nicht vom Völkerrecht gedeckt" seien. "Die Fluchtwelle aus den Millionen-Metropolen lassen sowohl das Bankensystem als auch die Wirtschaft kollabieren. Es wird kein Geld mehr ausgegeben und die Grundversorgung ist ebenfalls zusammengebrochen", erklärt Marz.
Doch welches Interesse hätte die USA? Der Politikwissenschaftler sagt: "Wenn ein Regime-Change den Iran wieder in die westliche Einflussspähre bringen würde, so hätte die USA nicht nur eine strategische Sicherung ihrer Interessen am Persischen Golf erzielt, sondern auch einen wichtigen Schlag gegen die chinesische Wirtschaft."
China zähle zu den größten Importeuren iranischen Öls für die eigene Wirtschaft – der über die Straße von Hormus nach Qingdao, Ningbo und Tianjin per Schiff transportiert wird. Marz: "Eine Unterbindung der Öl-Lieferungen nach China würde die USA im Handelskrieg begünstigen".
Der Iran spiele die Europäer gegen die USA aus
Das Fazit von dem Nahosthistoriker: Marz ist gar der Ansicht, der Iran wüsse ganz genau darum, dass die Europäer nichts in Sachen Atomprogramme verhandeln können.
"Das iranische Regime versucht auf Zeit zu spielen, wohlwissend, dass die Trump-Administration keine Einmischung der Europäer erlauben wird."
Das würde in der Folge auch bedeuten, dass der Iran die Europäer nutzt, um sie gegen die USA auszuspielen.
Marz weiter: "Sowohl die Europäische Union als auch China haben den US-Angriff kritisiert und versuchen im Hintergrund alle Kanäle zu bedienen, was der iranischen Regierung Zeit verschafft. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Europäer die Trump-Administration zu einer Abkehr bewegen können."