Außenminister Wadephul hat mit dem Iran Atomverhandlungen in Genf geführt. Seine Mission: Deeskalation im Israel-Iran-Konflikt. Doch ohne Ergebnis. "Der Iran spielt mit dem Westen", meint Europaexperte Ovens. Spielte der Iran etwa nur mit Wadephul?
Am Freitag schauten alle politischen Beobachter in die Schweiz – nach Genf. Denn dort fanden im Intercontinental Hotel Gespräche mit dem Iran statt. Die diplomatische Initiative ging von Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) aus.
Zusammen mit Frankreich, Großbritannien und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas verhandelte Wadephul vier Stunden lang mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi über die Atomprogramme.
Die Mission von Wadephul: Die Bedenken zur Nuklearaufrüstung mit einem neuen Atomdeal auszuräumen, um für Deeskalation im Iran-Israel-Krieg zu sorgen. Vor dem Treffen forderte Wadephul vom Iran eine "ernsthafte Bereitschaft" sowie ein Verzicht "auf jede Anreichung von nuklearem Material". Deutlich sagte er: "Der Iran ist jetzt am Zug!"
Wie Euronews erfuhr, führte Deutschland die Gespräche in vertraulicher Absprache mit Israel sowie den USA. Doch Vertreter beider Staaten saßen nicht am Tisch.
Kurz zuvor erweckte der Iran wenig Hoffnung auf einen Diplomatie.
"Es gibt keinen Raum für Verhandlungen mit uns, bis die israelische Aggression aufhört", sagte Araghchi. Der iranische UNO-Botschafter Ali Bahreini meinte zu Euronews, der Iran werde in Genf "Punkte" vorlegen, die das „Versagen Europas“ in dem Konflikt zeigen würden. Europa solle die Unterstützung für Israel einstellen, forderte er.
Druck auf Teheran vor den Gesprächen enorm
Vor dem Treffen wurde der Druck auf Teheran größer. Nach den jüngsten iranischen Raketenangriffen sagte Israels Verteidigungsminister Israel Katz: "Ein Diktator wie Chamenei, der an der Spitze eines Landes wie dem Iran steht und die Zerstörung Israels zu seiner Aufgabe gemacht hat, darf nicht weiter existieren".
Obwohl Politikexperten von Beginn an "keinen Durchbruch" prognostizierten, stiegen die Erwartungen. Denn US-Präsident Donald Trump ließ ein neues Zeitfenster für mögliche Deeskalation offen. Innerhalb von "zwei Wochen" wolle er die Entscheidung treffen, ob die USA an der Seite Israels in den Krieg eingreifen.
Zugleich erklärte Israel, dass sie auch militärisch ohne die USA in der Lage wären, tief verbunkerte Anlagen zu zerstören – in einem dieser Bunker befindet sich der Oberste iranische Führer Ajatollah Ali Chamenei.
Wadephuls Iran-Treffen ohne Ergebnis
Nach vier Stunden Verhandlung sagte CDU-Außenminister Wadphul: „Das gute Ergebnis heute ist, dass wir den Raum verlassen mit dem Eindruck, dass die iranische Seite grundsätzlich bereit ist, über alle wichtigen Fragen weiter zu sprechen“. Wichtig sei, dass die USA an weiteren Verhandlungen und an einer Lösung beteiligt seien, ergänzte er.
Bedeutet: Es gibt keinen Fortschritt, den Wadephul öffentlich verkünden kann. Damit bleibt das Treffen in Genf ergebnislos.
Irans Außenminister deutet Verhandlungsstopp an
Auch der iranische Außenminister betonte sehr zurückhaltend nach dem Genf-Treffen: "Wir unterstützen die Fortsetzung der Gespräche mit den drei europäischen Ländern und der Europäischen Union". Dann schob Araghchi einen Verhandlungs-Stopp nach: "Solange die Angriffe Israels andauern, werden wir mit KEINER Partei verhandeln."
Der Politikbeobachter Carsten Ovens, Chef des European Leadership Networks (ELNET), zieht im Gespräch mit Euronews sein Fazit: "Die Bemühungen von Außenminister Wadephul sind wichtig. Dem Iran war es allerdings ganz offenbar nicht an einem Ergebnis gelegen."
Hat der Iran in Genf mit dem Westen "gespielt"?
Deutlich sagt Ovens: "Die Gespräche in Genf machen klar: der Iran spielt mit dem Westen und will Zeit schinden!"
Trotz eines Jahrzehnts diplomatischer Bemühungen halte der Iran "weiterhin an seinem Bestreben fest, Angriffswaffen zur Vernichtung des Staates Israel" zu entwickeln. "Damit werden die diplomatischen Anstrengungen der vergangenen zehn Jahre entwertet."
Konkret habe das Mullah-Regime "das Atomabkommen von 2015 wiederholt unterlaufen und seine nuklearen Kapazitäten ebenso wie sein ballistisches Raketenprogramm kontinuierlich ausgebaut", so der Nahostexperte.
"Festhalten der EU am Atomabkommen war falsch"
Der deutsch-iranische FDP-Politiker Bijan Djir-Sarai erklärte gegenüber Euronews, dass die Verhandlungen von Beginn an aussichtslos gewesen seien. "Ohne die USA und Israel sind die Verhandlungen der EU irrelevant", so der Außenpolitiker.
Man könne nicht mehr auf alte Strategien wie die Atomverträge mit dem islamistischen Mullah-Regime setzen. Es müsse ein politisches Umdenken stattfinden. Djir-Sarai meint: "Das Festhalten der EU am Atomabkommen war falsch. Eine neue Strategie im Umgang mit dem Regime ist notwendig."
Ovens: "Iran bedroht die Region und auch Europa"
Der Chef des European Leadership Networks ist überzeugt, dass der Iran nicht aufhören wird, seine nuklearen Kapazitäten aufzustocken. Ovens warnt: "Ein atomar bewaffneter Iran stellt eine unmittelbare und existenzielle Bedrohung dar - für die Region wie auch für Europa."
Es sei "unklar – und vielleicht auch nicht entscheidend –, wie weit der Iran noch davon entfernt ist, über waffenfähiges Uran zu verfügen". Doch "angesichts der potenziellen Bedrohung durch eine derart mächtige Angriffswaffe kann sich Israel ein weiteres Abwarten nicht leisten. Das heutige Gespräch hat dies einmal mehr verdeutlicht", meint Ovens weiter.
Uneinigkeit über Wadephuls Iran-Mission in der CDU
Für einige politische Beobachter kam die deutsche Initiative für Gespräche mit dem Iran überraschend. Denn vor wenigen Tagen meinte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in scharfen Worten, Israel würde mit seinem militärischen Agieren gegen das Mullah-Regime die "Drecksarbeit" für alle machen. "Wir hätten sonst möglicherweise Monate und Jahre weiter diesen Terror dieses Regimes gesehen und dann möglicherweise auch noch mit einer Atomwaffe in der Hand", so Merz.
Am Donnerstag teilte Merz dann mit: "Ich unterstütze die intensiven Bemühungen von Bundesaußenminister Wadephul". Der Iran sei aufgerufen, "schnell ein Abkommen" auszuhandeln. "Dazu wollen wir unseren diplomatischen Beitrag leisten."
Auch in den eigenen Reihen der Union sorgte Wadephuls Iran-Mission für Irritationen.
Denn bei CDU und CSU ist man sich uneins darüber, inwieweit Verhandlungen mit dem Iran über die Atomprogramme sinnvoll sind. Inbesondere viele in der CDU gehen davon aus, dass der Iran trotz offizieller Verträge in unterirdischen Anlagen weiter an Atomwaffen baut. Mehr noch: viele in der Union werten das Atom-Abkommen mit den Mullahs als "gescheiert".
Gegenüber Phoenix kritisierte der CDU Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter: "Über was soll verhandelt werden? Das Mullah-Regime hat die Vernichtung Israels als Staatsdoktrin und baut weiter an der Atombombe". Statt Atomverhandlungen solle man Israels Vorgehen "politisch unterstützen".
Auch CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen war anderer Ansicht. Er sagte: "Die Machthaber in Teheran haben Europa jahrelang an der Nase herumgeführt. Die Atomverhandlungen waren kein Weg zur Lösung, sondern ein Mittel, um Zeit zu gewinnen, Druck aufzubauen und Konzessionen zu erlangen."