Jesse Jackson: "Menschen, die sich für Gerechtigkeit einsetzen, müssen einen langen Atem haben"

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Der amerikanische Pastor und Bürgerrechtler Jesse Jackson ist ein Mann des Wortes, der sich seit Jahren für Gerechtigkeit einsetzt. Euronews traf

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Der amerikanische Pastor und Bürgerrechtler Jesse Jackson ist ein Mann des Wortes, der sich seit Jahren für Gerechtigkeit einsetzt.

Euronews traf ihn in Großbritannien. Er hielt eine Rede beim Bücherfestival im schottischen Edinburgh. Zudem wurde ihm dort eine Ehrendoktorwürde für seinen unermüdlichen Einsatz für die Einhaltung der Bürgerechte in den USA verliehen. Jackson sagte, er sei von der Auszeichung sehr geehrt.

Jesse Jackson receives University of Edinburgh honorary degree http://t.co/7qW33wUf76pic.twitter.com/SWrgCEkptX

— Herald Scotland (@heraldscotland) August 23, 2015

Brücken bauen

euronews, Joanna Gill:
“Bürgerrechtler, Pastor, Journalist und Weltbürger – dies sind nur ein paar der Titel, die Ihnen gegeben werden. Sie sind auch dafür bekannt sich mit Außenpolitik zu beschäftigen. Vor kurzem haben Sie mit Julian Assange gesprochen. Was haben Sie sich von diesem Treffen erwartet?”

Jesse Jackson:
“Ich wollte ihn anhören. Ich habe viele seiner Werke gelesen. Sehr viele US-Amerikaner und Briten haben gegen den Krieg im Irak protestiert. Die Aufdeckung der Lügen und der Sachen, die sich zugetragen haben, ist ziemlich peinlich. Alles was ich sagen kann ist, dass die Pressefreiheit ungeheuer wichtig ist. Pressefreiheit ist richtig und jemanden ohne Prozess gefangen zu halten, ist falsch. Ich hoffe, dass diese Angelegenheit bald geregelt werden kann.”

euronews:
“Kommen wir nun zu einem Thema, über das sowohl in den USA als auch in Europa heftig debattiert wird. Ich spreche von Einwanderung. In Europa beschäftigt uns die Migrantenkrise mit all den Menschen, die über das Mittelmeer kommen. In den USA hat Präsident Barack Obama vergeblich versucht eine Amnestie für die rund 5 Millionen illegaler Einwanderer, die in den USA leben, zu erreichen. Wie sollten Europa und die USA ihrer Meinung nach mit diesem Thema umgehen?”

Jesse Jackson:
“Nun, Europa und die USA, dass sind Nationen, die etwas haben, die reich sind. Und viel von diesem Reichtum, diesem Besitz kommt von den Ressourcen der Länder, die nichts haben, die arm sind. Wir haben also diese riesige Kluft, beim Wohlstand, beim Einkommen und bei der Bildung. Die Armen, die nichts haben, gehen also dorthin, wo es etwas gibt. Also entweder wir bauen eine Brücke und helfen ihnen bei ihrer Entwicklung, oder es wird zu Abgrenzung und Konfrontation kommen. Ich hoffe, dass wir uns menschlich verhalten werden. Die Einwanderung in die USA und die Einwanderung nach Europa sind mehr oder weniger gleich, ihr Ursprung liegt in dem Wohlstandsgefälle. All diese Menschen verlassen nicht ihre Heimat, weil sie es wollen. Sie sind hungrig und ihre Menschenrechte sollten respektiert werden.”

Ein neues Kapitel aufschlagen

euronews:
“Und noch eine Frage zur Außenpolitik: Sie sind dafür bekannt, dass Sie in der Vergangenheit Kuba besucht haben. Und jetzt haben wir gesehen, wie die US-Flagge über der US-Botschaft in Havanna weht. Was haben Sie dabei empfunden?”

Jesse Jackson:
“Es freut mich, es war das Richtige. Kuba umgibt so eine Faszination. Denn 1959 konnten Afro-Amerikaner und Lateinamerikaner nicht wählen. Sie hatten so gut wie keine Menschenrechte und fast ganz Lateinamerika war unterdrückt. Afrika bis hin nach Südafrika war entweder besetzt oder kolonialisiert und für all diese Länder stellte Kuba eine Hoffnung dar. Jetzt schließt sich dieser Kreis und die Beziehung zwischen Kuba und den USA zu bejahen ist eine gute Sache. Ich hoffe, dass das multilaterale Abkommen mit dem Iran erfolgreich sein und umgesetzt wird. Und ich hoffe, dass Venezuela als nächstes drankommt. Wir müssen uns für Frieden und nicht für Krieg entscheiden. Es ist das Richtige und es ist billiger als Krieg.”

euronews:
“Es freut mich, dass Sie die Menschenrechte erwähnt haben, denn das ist eines der umstrittenen Themen in Bezug auf die Aufnahme der Beziehungen zwischen den USA und Kuba. Viele sind mit der Situation der Menschenrechte in Kuba unzufrieden. Wie sehen Sie das?”

Jesse Jackson:
“Es gibt Menschen, die mit der Situation der Menschenrechte in den USA unzufrieden sind. Wir repräsentieren 5 Prozent der Weltbevölkerung und zugleich 25 Prozent der Gefängnisinsassen weltweit. Wir haben unsere eigene Herausforderung was Menschenrechte angeht und ich bin mir sicher, dass wir jetzt, wo wir wieder miteinander reden, besser daran arbeiten können. Wir haben nicht das Recht von Kuba die Einhaltung eines Standards zu fordern, den wir selbst nicht einhalten.”

Hoffnung und Angst

euronews:
“Obamas Regierung hat sich all dieser Themen nun angenommen. Glauben Sie, dass er bei vielen Angelegenheiten, mit denen er sich schon früher hätte befassen können, jetzt einen höheren Gang einschaltet?”

Jesse Jackson:
“Ich glaube, dass es bei der Wiederaufnahme der Beziehungen zu Kuba einen Angstfaktor gibt. Und wenn er das vor fünf Jahren gemacht hätte, dann wäre er vielleicht nicht wiedergewählt worden. Aber jetzt haben die Menschen das Gefühl, dass die Zeit reif ist. Das Gleiche gilt für den Iran. Viele haben Angst davor den Iran hereinzulassen, aber die Angst den Iran draußen zu lassen ist größer. Manche Politiker und Generäle begrüßen das Abkommen, andere lehnen es ab. Obama wird ein Veto gegen die Opposition einlegen müssen, um mit dem Iran eine gute Handelsbeziehung aufzunehmen; und um mit Kuba eine gute Handelsbeziehung zu haben. Als nächstes ist Venezuela dran. Ich denke an Venezuela, weil es sich in unserer Hemisphäre befindet. Wir müssen Frieden in diesem Teil der Welt haben.”

euronews:
“Sie erwähnen Venezuela aber es gibt auch Fragen in Bezug auf die venezolanische Regierung und die gewaltsamen Proteste, die sie unterdrückt hat. Gibt es in diesem Land auch ein Problem mit den Menschenrechten?”

Jesse Jackson:
“Es ist besser über Menschenrechte zu sprechen, als die Länder zu isolieren. Es gibt Probleme mit den Menschenrechten in China, aber wir haben trotzdem Handels- und politische Beziehungen. Wir haben mit der Zeit herausgefunden, dass es besser ist, darüber zu reden, statt den Anderen zu isolieren. Die Mauer zwischen Ost und West hat in Deutschland nicht funktioniert. Kuba zu isolieren hat nicht funktioniert. Die Olympischen Spiele in Russland nicht zu besuchen hat nicht funktioniert. Reden funktioniert.”

Rassismus und Wahlen in den USA

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euronews:
In den USA war es ein sehr aufgeladenes Jahr was die Beziehung zwischen Schwarzen und Weißen anbelangt. Sie haben einmal gesagt, dass Polizeibrutalität auch eine Frage der Sozialklasse ist und nicht nur der Rassen. Können Sie das erklären?”

Jesse Jackson:
“1865 wurden die Afroamerikaner nach 246 Jahren Sklaverei befreit. Das war ein Schritt nach vorne für die Freiheit und für großartige Rechte. Und dann kam die Reaktion und innerhalb von rund 70 Jahren wurden 4200 Afroamerikaner gelyncht. Vor 50 Jahren gab es erneut einen Fortschritt und daraufhin wieder Probleme bis heute. Es gibt Morde und Verhaftungen. Aber letzlich haben wir gewonnen. Einst hatten wir nicht das Recht zu wählen, und dann konnten für einen afroamerikanischen Präsidenten stimmen. Einst waren unsere Erwartungen beschränkt, heute sind sie unbegrenzt. Die Rechte der Arbeiter, der Frauen und der Kinder – all diese Rechte sind bedroht. Es gibt einen Kampf um die amerikanische und die europäische Seele. Und die Menschen, die sich für die Gerechtigkeit einsetzen, müssen einen langen Atem haben. Sie dürfen nicht aufgeben, sie müssen an diesem Strang weiterziehen, um die Hoffnung aufrechtzuerhalten. In einem Kampf zwischen Hoffnung und Angst müssen sich Hoffnung und Mut durchsetzen.”

euronews:
“Ich würde Ihnen gerne eine letzte Frage stellen. In den USA stehen Präsidentschaftswahlen an.”

Jesse Jackson:
“Ich wußte, dass sie das ansprechen werden.”

euronews:
“Was wird ihrer Meinung nach das wichtigste Thema der Wahl sein und wer ist am besten dafür geeignet, damit umzugehen?”

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Jesse Jackson:
“Die Reichen werden immer reicher, Armut breitet sich aus und die Mittelklasse geht unter. Deswegen haben wir einerseits Donald Trump, der die Ängste schürt. Bernie Sanders hingegen setzt auf Hoffnung. Beide wenden sich an Menschen, die sich einsam und links liegengelassen fühlen. Wir dürfen nicht ruhen bis es ein großes Zelt in den USA gibt, das alle umfasst und bei dem niemand draußen gelassen wird.”

euronews:
“Sie haben den hoffnungsvollen Demokraten Bernie Sanders erwähnt, mit dem sie befreundet sind. Werden Sie sich für seine Nominierung einsetzen?”

Jesse Jackson:
“Nein, es ist noch zu früh, um so eine Entscheidung zu fällen. Hillary wird eine wunderbare Wahlkampgne machen. Dezeit führt sie in allen Umfragen. Sie gibt alles. Sie hat alle nötigen Fähigkeiten, um der nächste US-Präsident zu werden und derzeit ist sie auf der Gewinnerspur.”

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