Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi: Die Verschwendung muss aufhören

Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi: Die Verschwendung muss aufhören
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Die 37-jährige Virginia Raggi ist die neue Bürgermeisterin von Rom.

Die 37-jährige Virginia Raggi ist die neue Bürgermeisterin von Rom. Sie gehört zur Fünf-Sterne-Protestbewegung des früheren Starkomikers Beppe Grillo. Mit 67,15% der Stimmen gewann sie am Sonntag gegen Roberto Giachetti, den Kandidaten der Partei des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Renzi.

Simona Volta, euronews:
“Unser Gast bei The Global Conversation: Virginia Raggi, die neue Bürgermeisterin von Rom, herzlichen Glückwunsch. Meine erste Frage: Was sind die beiden ersten Dinge, die sie tun werden, wenn sie ihr Büro in Campodoglio beziehen?”

Virginia Raggi, Mayor of Rome:
“Wir werden das Problem der Geldverschwendung angehen, das sich auf 1,2 Milliarden Euro pro Jahr beläuft. Wir müssen diese Gelder zurückholen und in öffentlichen Diensten nutzen. Und dann müssen wir die Verhandlungen über die Verschuldung Roms angehen, die sich auf 13 bis 16 Milliarden Euro beläuft. Wir müssen eine Anhörung abhalten, um genau festzustellen, was in die von der Regierung gebildete Kommission geflossen ist. Und dann müssen wir den Zinssatz neu verhandeln, denn heute sind die Kosten bei 0% und wir können den Zinssatz, der 2008 ausgehandelt wurde, nicht mehr zahlen .”

euronews:
“Sie müssen mit der Regierung Renzi verhandeln und mit seiner Demokratischen Partei, mit der es im Wahlkampf verbale Zusammenstöße gab – das könnte alles noch komplizierter machen?”

Virginia Raggi:
“Nicht von meiner Seite. Ich habe immer gesagt, das ich mir eine loyale und aufrichtige Beziehung mit den anderen Institutionen wünsche und von meiner Seite aus gibt es dazu maximale Bereitschaft. Ich habe erklärt, dass ich den Wahlkampf der Demokratischen Partei, der ja besonders gegen mich mit Härte geführt wurde, nun gut beenden werde. Für mich ist das kein Problem. Wir fangen nun wieder von vorne an, im Interesse Roms und der Römer. Ich erwarte die gleiche Ernsthaftigkeit von den anderen Institutionen und von Seiten des Ministerpräsidenten.”

Biographie: Virginia Raggi

  • Virginia Raggi, 37 Jahre alt, Anwältin 1.
  • Sie ging 2011 in die Politik und wurde 2 Jahre darauf von der Fünf – Sterne – Bewegung in Rom als Stadträtin gewählt 2.
  • Mit 67,15% gewann sie die Stichwahl gegen Roberto Giachetti (PD) der nur 32,85% der Stimmen erhielt 3.

euronews:
“Möchten sie nicht klarstellen, was 2012 geschehen ist – als sie eine öffentliche Stelle rechtlich beraten haben und dieses Einkommen erst 2015 deklariert haben? Während des Wahlkampfs sagten sie, ihre Gegner würden sie mit Schlamm bewerfen. Aber jetzt sind sie Bürgermeisterin und die Wähler möchten eine Antwort. Darüber hinaus haben sie stets gesagt, Transparenz sei ihre Stärke?”

Virginia Raggi:
“Also es war keine “Rechtsberatung”, sondern ein Einsatz als “Rechtsbeistand” – also etwas ganz anderes. Als solcher sollte ich ein Urteil des Rechnungshofs umsetzen, das besagte, dass eine lokale Gesundheitsbehörde Betrugsopfer eines Arztes war und ihm zuviel Geld gezahlt hatte. Dieses Geld sollte ich zurückholen. Der Auftrag erging 2012, danach war ich mehrfach aktiv und habe 2014 dann die Rechnung geschrieben, die über die Buchhaltung der Firma lief. In 2015 gab es dann die Zahlungsbevollmächtigung und meine Rechnung wurde 2015 gezahlt und kam dann in meine Steuererklärung – als Berufstätiger versteuert man Einnahmen.

euronews:
“Rom scheint von Mafia-Geldern durchdrungen zu sein, kriminelle Organisationen sind überall und haben Komplizen in der Politik. Wie kann das geändert werden und vor allem: Was tun, um nicht darin verwickelt zu werden?”

Virginia Raggi:
“Zuerst muss das Gesetz angewendet werden. Bei Ausschreibungen müssen existierende Regeln für öffentliche Ausschreibungen angewendet werden. Das wird allen Unternehmen, die für Rom arbeiten möchten die Gelegenheit geben, in allen Sektoren ihre Angebote der Gemeinde vorzulegen. Und das ist die Chance für das beste Angebot, den Auftrag zu gewinnen.”

euronews:
“Sie sprechen von öffentlichen Ausschreibungen, aber das Problem ist die Infiltrierung der Mafia. Es ist nicht einfach, kriminelle Organisationen auszuschliessen.”

Virginia Raggi:
“Wir müssen alle Möglichkeiten die wir haben anwenden. Zum Beispiel die Anti-Mafia-Zertifikate. Die Anti-Korruptionsbehörde hat bereits angekündigt, Roms Verwaltung zu unterstützen. Nach einem Bericht ihres Präsidenten Cantone sind von 1500 überprüften Verträgen – also etwa 10% aller Verträge – rund 90% nicht gesetzeskonform und dazu auch gegen jeden gesunden Menschenverstand. Die Verwaltung hat jahrelang versagt und muss nun wieder auf den Pfad der Tugend gebracht werden”.

euronews:
“Roms Vororte sind zu einem Ort sozialer Ausgrenzung geworden.
Einige europäische Städte überdenken dieses Modell, das nicht funktioniert und Ghettos geschaffen hat. Ich denke an Städte wie Amsterdam und Hamburg, wo der soziale Wohungsbau einen sozialen Mix schaffen will. Ist es dafür in Rom zu spät?”

Virginia Raggi
“Nein, durchaus nicht, aber Rom muss sofort damit beginnen, die Vorstädte mit dem Zentrum zu verbinden. Und mit Vorstädten meine ich nicht nur die Peripherie unserer Stadt, ich meine alle Bereiche die ausserhalb des unmittelbaren Zentrums liegen und die von wichtigen Diensten abgeschnitten sind, wie Transportwesen, Bürgerdienste, oder auch Kinos und Theater. Diese Vorstädte sind zu Schlafsälen geworden und außerhalb dieser Schlafsäle haben wir leere Appartementblocks – es ist nicht zu spät, aber wir müssen handeln.”

euronews:
“Wie können sie denn handeln – mit dem Budget, das Rom hat?”

Virginia Raggi:
“Zuallererst muss die Verschwendung aufhören.”

euronews:
“Ich habe dieses Interview mit einer Gratulation begonnen -aber ich war mir nicht sicher, ob ich gratulieren sollte. Denn eine so komplexe und komplizierte Stadt wie Rom zu regieren, ist eine beängstigende Aufgabe. Haben sie keine Sorge, dass wenn etwas mit dieser römischen Erfahrung schiefgehen sollte, die ganze Fünf-Sterne-Bewegung davon betroffen wäre.”

Virginia Raggi
“Ich glaube, dass bei dieser Wahl die Bürger – insbesondere in Rom – klargemacht haben, dass sie sich für einen Wandel der Stadt einsetzen. Und ich denke, diesen Willen sollte man nicht unterschätzen. Während dieser letzten 3 Jahre in der Opposition, während der letzten 3 Monate des Wahlkampfes, habe ich immer gesagt: Rom wird sich ändern, wenn sich die Römer ändern. Wir werden alles schaffen, wenn wir zusammenhalten. Ich vertraue darauf, das wir positive Erfahrungen machen. Es wird etwas dauern, denn wir haben keinen Zauberstab und sie übergeben uns eine Stadt in Trümmern.Trümmer, wirklich.Aber ich habe wirklich Vertrauen, dass wir nach und nach den Strom aus dieser Maschine nehmen können, die an die Wand zu fahren scheint. Und sie dann wieder aufs Gleis setzen, in Richtung auf eine Zukunft, in der die Bedürfnisse der Bürger wieder im Zentrum der Politik stehen.”

euronews:
“Nach Paris und Madrid gibt es einen weiteren weiblichen Bürgermeister in einer europäischen Hauptstadt – bloßer Zufall?”

Virginia Raggi:
“Ich weiß nicht, ob das Zufall ist oder nicht. Ich würde sagen, dass ist ein gutes Zeichen, ein Zeichen für Veränderung. Es ist ein Zeichen dafür, das die Menschen bereit sind, sich auf ein neues Abenteuer einzulassen. Und ich hoffe, das ist ein erster Schritt Richtung Gender Politik. Eine Politik, die zunehmend Missfallen erregt und die wieder auf die öffentliche Agenda muss.”

euronews:
“Danke Virginia Raggi, Bürgermeisterin von Rom.”

Virginia Raggi:
“Ich danke Ihnen.”

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