Ex-NATO-Oberbefehlshaber: "Verfolgt man Stoltenberg-Reden, hört man Obama. Und umgekehrt"

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Von Euronews
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Die NATO-Verteidigungsminister haben in der vergangenen Woche beschlossen, das Militärbündnis auf den Cyberspace auszudehnen.

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Die NATO-Verteidigungsminister haben in der vergangenen Woche beschlossen, das Militärbündnis auf den Cyberspace auszudehnen. Angriffe über Datennetze sollen künftig als “kriegerische Akte” eingestuft werden. Im Extremfall könnte eine virtuelle Attacke demnach sogar den Bündnisfall auslösen.

Der Ex-NATO-Generalsekretär und Oberbefehlshaber der italienischen Luftwaffe, General Leonardo Tricarico, kommentierte den Beschluss der Verteidigungsminister im euronews-Interview:

“Heutige Probleme, wenn wir sie auf eine ziemlich vereinfachte Weise zusammenfassen können, sind: Migrationswellen, Terrorismus und Cybersicherheit. Um diese drei großen Probleme sollte eine Verteidigungsstrategie sorgfältig ausgearbeitet werden. Wenn ich über die Südflanke der NATO rede, spreche ich über Migration und den Terrorismus. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass es einen Wunsch gibt, sich nach diesen Prioritäten zu richten”.

Tricarico kritisierte die NATO-Manöver in Osteuropa: “Wenn man Reden von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verfolgt, hört man US-Präsident Barack Obama. Und umgekehrt. Ich habe den Eindruck, dass Stoltenberg das Sprachrohr für generellen US-Einfluss auf die NATO ist”.

Stoltenberg wies Kritik an der Aufrüstung der Allianz im Osten Europas zurück: “Wir suchen intensiv nach Wegen, eine Eskalation zu verhindern. Gleichzeitig müssen wir auf ein Russland reagieren, das seine Militärausgaben seit 2000 verdreifacht hat, das sich viel aggressiver verhält und mit militärischer Gewalt Grenzen in Europa verändert hat”, sagte Stoltenberg der Süddeutschen Zeitung. Die Warnung des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier vor einem “Säbelrasseln” gegenüber Russland sprach Stoltenberg nicht direkt an.

Steinmeier hatte zur Russland-Politik der NATO erklärt: “Was wir jetzt nicht tun sollten, ist, durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen. Wer glaubt, mit symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze des Bündnisses mehr Sicherheit zu schaffen, der irrt.” Später hob Steinmeier hervor, dass es ihm darum gegangenen sei, die Bedeutung des Dialogs mit Russland hervorzuheben.

Wie weiter im Verhältnis NATO-Russland? Antworten in #Steinmeier-Beitrag für BILDamSONNTAG</a>: <a href="https://t.co/71QSFgeCHb">https://t.co/71QSFgeCHb</a> <a href="https://t.co/QfKNVY7Z6t">pic.twitter.com/QfKNVY7Z6t</a></p>&mdash; Auswärtiges Amt (AuswaertigesAmt) June 19, 2016

General Tricarico sagte, der US-Einfluss auf die NATO habe einen “nicht akzeptablen Grad” erreicht: “Die Entwicklungen tragen in der Gesamtheit dazu bei, Wladimir Putin als einen Feind darzustellen. Dies alles, weil angenommen wird, dass sich die Russen im Cyberspace sehr aggressiv verhalten.”

Auf dem NATO-Gipfel in Wales hatten sich die NATO-Bündnispartner 2014 als Reaktion auf den Ukraine-Konflikt geeinigt, an der Ostflanke deutlich aufzurüsten und die Abschreckung zu stärken.

Stoltenberg betonte, die NATO suche keine Konfrontation mit Russland: “Der Kalte Krieg ist Geschichte. Wir wollen, dass das so bleibt. Was wir tun, ist maßvoll, verantwortungsbewusst und transparent. Die geplante rotierende Stationierung von je einem NATO-Bataillon in Polen und den drei baltischen Staaten stelle nur eine “begrenzte Militärpräsenz” dar.

Der von Tricarico beklagte US-Einfluss auf die NATO dürfte sich auch in Zukunft kaum verringern. An diesem Montag verlor Deutschland das Rennen um einen NATO-Spitzenposten.

Stoltenberg ernannte die US-amerikanische Staatssekretärin für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit, Rose Gottemoeller, zu seiner künftigen Stellvertreterin. Der von der deutschen Bundesregierung vorgeschlagene deutsche Spitzendiplomat Martin Erdmann zog damit den Kürzeren.

Delighted to announce Gottemoeller</a> as DepSecGen of <a href="https://twitter.com/hashtag/NATO?src=hash">#NATO</a>. She has wealth of experience in international security. <a href="https://t.co/Kdp0DQUqhV">https://t.co/Kdp0DQUqhV</a></p>&mdash; Jens Stoltenberg (jensstoltenberg) June 27, 2016

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