Ministerpräsident Paolo Gentiloni (PD), "Italiens Stiller"

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Italien wird eine stabile Regierung haben“, sagte Gentiloni Mitte Februar der deutschen Kanzlerin. Die Wähler würden entscheiden – und für die 35 Prozent Unentschlossenen und vielen Politikmüden riskierte selbst der coole Gentiloni auf den letzten Metern ein bisschen Dramatik

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Kurz vor der Ziellinie riskierte der pragmatische Regierungschef doch noch einen dramatischen Appell: "Hier entscheidet sich, ob wir auf dem Weg der Marktwirtschaft, einer offenen Gesellschaft und eines nachhaltigen Wohlfahrtsstaates weitermachen wollen", erklärte Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni ("Corriere della Sera"). Bei den Parlamentswahlen gehe um ein Duell zwischen seiner Mitte-links angesiedelten Demokratischen Partei (PD) und den Populisten. Das seien die wichtigsten Wahlen in Italien der vergangenen 25 Jahre.

Italien drohe nach den Parlamentswahlen ein Pakt zwischen der ausländerfeindlichen Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, warnte auch Parteichef Matteo Renzi.

PRAGMATISCH DIE MISERE MANAGEN

Dabei arbeitet Gentiloni (63) an einem Paradox:

Undramatisch, für trockene Kommentare gut, hebt er sich im seit Monaten aufgeheizten und polemischen Klima des politischen Italien von vielen anderen Politikern ab. „Italy's quiet man” – “Italiens Stillen” nennt ihn die BBC. “Paolo ist ein sehr reservierter Typ”, sagt der Journalist Stefano Menichini, der ihn fast 3 Jahrzehnte kennt. Paolo Gentiloni stammt aus einer aristokratischen römischen Familie, die seit Jahrhunderten Höflinge für italienische und vatikanische Regierungen stellt.

Er begann seine Karriere als Journalist und stieg Mitte-Links in der italienischen Politik auf. Von 2006 bis 2008 war er Kommunikationsminister in der Regierung von Romano Prodi. 2014 ernannte ihn Matteo Renzi zum Außenminister, dem er nach der Niederlage beim Verfassungsreferendum im Dezember 2016 als Regierungschef nachfolgte. Sein Konzept auch in dem Amt: Pragmatisch die Misere managen: Stagnierende Wirtschaft, hohe Staatsverschuldung (130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) und eine frustrierte Bevölkerung.

Mit Erfolg: Vor der Wahl überholte der moderate Gentiloni seinen Amtsvorgänger, den Parteivorsitzenden Matteo Renzi, in der Publikumsgunst. Aber letzte Umfragen von Mitte Februar sagen übereinstimmend ein Patt voraus: Keiner der drei Blöcke komme auf eine Mehrheit, die zum Regieren reicht – weder Mitte-links, noch Mitte-rechts mit Berlusconi und auch nicht die zuletzt in Führung liegende Fünf-Sterne-Bewegung.

„Italien wird eine stabile Regierung haben“, sagte Gentiloni Mitte Februar der deutschen Kanzlerin. Die Wähler würden entscheiden – und für die 35 Prozent Unentschlossenen und vielen Politikmüden riskierte selbst der coole Gentiloni auf den letzten Metern ein bisschen Dramatik.

PS: Gentiloni bleibt auch im Amt, solange es keine neue Regierung gibt – vielleicht noch Monate, wie nicht wenige in Italien und auch in Europa hoffen.

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