Sexuelle Ausbeutung im Irak: "Bestraft für Verbrechen, die sie nicht begingen"

Sexuelle Ausbeutung im Irak: "Bestraft für Verbrechen, die sie nicht begingen"
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Von Emma BeswickAlexandra Leistner
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Grausame Realität: In allen 8 von Amnesty International besuchten Auffanglagern für Binnenflüchtlinge wurden Kinder und Frauen Opfer von Missbrauch.

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In irakischen Flüchtlingslagern werden Frauen und Kinder wegen angeblicher Verbindungen zu IS-Kämpfern sexuell ausgebeutet, ihnen wird humanitäre Hilfe verweigert und sie werden in den Lagern eingesperrt.

Zu diesem Ergebnis kommt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem neuen Bericht mit dem Titel Die Verdammten: Frauen und Kinder isoliert, gefangen und ausgebeutet im Irak. Er basiert auf Interviews von Mitarbeitern der Organisation in 8 irakischen Flüchtlingslagern.

Demnach werden Frauen, die in Lagern für Binnenvertriebene im Irak leben, von Sicherheitskräften, Mitgliedern der Lagerverwaltung und Angestellten lokaler Behörden für ihre Verwandtschaft mit IS-Männern diskriminiert.

Oft werden die Opfer zu sexuellen Handlungen genötigt- im Austausch für Geld, das sie dringend brauchen, oder für humanitäre Hilfe oder Schutz durch andere Männer im Camp.

In einem Fall reichte es schon, dass die Frauen aus IS-Hochburgen flohen oder für IS-Anhänger - und sei es in der Küche - arbeiteten, um das Lager nicht mehr verlassen zu dürfen.

Im ganzen Land werden Frauen und Kindern wegen dieser vermuteten Verbindungen zu IS-Dschihadisten Nahrung, Wasser und andere lebensnotwendige Mittel verweigert. Auch die Rückkehr in ihre Heimatstädte werde teilweise verhindert, was die Lager zu Gefängnissen macht, so Amnesty.

Der Krieg gegen den sogenannten IS im Irak gelte als beendet, "doch das Leiden der Iraker ist noch lange nicht zu Ende", erklärte Lynn Maalouf, Direktorin von Amnesty International für den Nahen Osten. "Sie werden für Verbrechen bestraft, die sie nicht begingen."

Tausende Familien sind betroffen, warnte ihre Kollegin Nicolette Waldman, Co-Autorin des Berichts, im Gespräch mit euronews. "Ihre Zukunft steht auf dem Spiel."

Die Camps seien Inkubatoren für Terror und könnten zum "IS 2.0" führen, so Waldmann.

"Wir fordern die internationale humanitäre Gemeinschaft auf, die Mechanismen zur Meldung sexueller Gewalt zu verbessern. Gegenwärtig werden sie von ihrer Gemeinschaft stigmatisiert, wenn sie sich zu Wort melden".

Um die Gewalt gegen Frauen und Kinder einzugrenzen, würden oft einfache Anpassungen helfen: "Bewaffnete Männer sollten nicht in die Lager gelassen werden, da sie in den Berichten die Haupttäter waren und ihre Autoritätspositionen ausnutzen."

In der Zukunft könnte sich die Situation sogar weiter verschärfen. Im Jahr 2018 dürfte die internationale Finanzierung für den Irak "austrocknen", erklärte Waldmann. Das führe zur Schließung der Lager und die Familien, die nicht nach Hause zurückkehren können, werden verwundbarer.

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