Rechtsruck in Spanien? In Andalusien wollen sich Vox-Anhänger nicht outen

Rechtsruck in Spanien? In Andalusien wollen sich Vox-Anhänger nicht outen
Von Valérie GauriatSophie Claudet
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Die Insiders-Reportage aus Spanien beleuchtet den Erfolg der rechtspopulistischen Partei in Andalusien.

Im Nachgang zur Insiders-Reportage aus Spanien, die Teil unserer Serie "Europa abseits der ausgetretenen Pfade" im Vorfeld der Europawahlen ist, sprachen die euronews-Reporterinnen Sophie Claudet und Valérie Gauriat über die Umstände vor Ort. Valérie Gauriat recherchierte die Gründe für den Erfolg der rechtspopulistischen Vox-Partei in der traditionell linken Hochburg Andalusien.

Sophie Claudet:"Valérie, Sie waren für diese Reportage in Spanien und konnten nicht mit den Vox-Repräsentanten vor Ort sprechen. Vor der Reise nach Andalusien hatten Sie alles arrangiert. Was ist passiert? Warum hat man sich geweigert, mit Ihnen zu sprechen?"

Valérie Gauriat: "Alle Termine waren bestätigt. Wir hatten eine Reihe von Terminen, Interviews und Filmaufnahmen geplant. Wir wollten sie bei ihrer Arbeit begleiten. Und dann sagten sie in letzter Minute alles ab mit der Begründung 'nein, das geht nicht, wir haben Anweisungen aus der Vox-Zentrale in Madrid'. Dort hatte man ein Kommunikationsverbot für alle Medien ausgegeben. Und als wir sie nach den Gründen dafür fragten, konnten sie uns nichts dazu sagen, sie wussten die Gründe nicht. Aber es ist völlig klar, dass das vor den Wahlen eine sehr wichtige Zeit für Vox ist. Sie sind sehr vorsichtig im Umgang mit den Medien. Sie hatten nach den Regionalwahlen im Dezember Fehler gemacht. Es gab sehr beleidigende Kommentare von Anhängern vor Ort, sehr rassistische Kommentare. Und es gab auch Tweets von einem der andalusischen Vertreter, die besagten, dass Einwanderer eine Bedrohung für die europäische Identität seien, oder dass er stolz darauf sei, als Sexist bezeichnet zu werden. Sie wollten dieses Bild loswerden. Aber sie haben es schwer damit. Sie bekamen Beifall bzw. Unterstützung von den meisten rechtspopulistischen Parteien in Europa und auch von einem ehemaligen Anführer des Ku-Klux-Klans."

In einem Tweet des andalusischen Vox-Chefs Francisco Serrano von 2015 heißt es: "Null Toleranz gegen Gewalt. Immer? Nein Mann, nein, es kommt darauf an, wer gewalttätig ist. Psychopathische Feministinnen zählen nicht."

Sophie Claudet: "Vox ist gegen Einwanderung. Sie machen Wahlkampf mit Sprüchen wie, die Gleichheit zwischen Mann und Frau sei inakzeptabel, vom Staat legalisierte Abtreibungen sollten verboten werden. Das sind die Fakten. Warum ändern sie jetzt den Kurs? Was geht da vor sich?"

Valérie Gauriat:"Sie behaupten, dass sie nicht rassistisch, nicht sexistisch sind."

Sophie Claudet:"Aber sie behaupten diese Sachen, man kann es auf ihrer Webseite nachlesen."

Valérie Gauriat:"Das stimmt. Aber es ist eine neue Partei, sie sind noch nicht sehr gut strukturiert, sie müssen ihre Kandidaten noch finden, ihre regionalen Anführer bestimmen. Es gibt Spaltungen innerhalb der Partei, zwischen den Parteimitgliedern und nicht das gesamte Programm wird von allen Mitgliedern, von allen Sympathisanten unterstützt. Und sie schauen auch auf die Stimmung bei ihren potenziellen Wählern. Und selbst unter ihren Anhängern sind sich die Menschen nicht über alles einig, wie zum Beispiel über den Plan der Partei, das Gesetz gegen häusliche Gewalt zu reformieren. Es hat mit die weitestgehenden Schutzrechte für Frauen in Europa. Viele Frauen sind mit den Reformplänen nicht einverstanden."

Sophie Claudet: "Nein, dagegen gab es große Demonstrationen in Spanien. Schauen wir uns die Vox-Unterstützer an. Sie haben es geschafft, mit einigen von ihnen zu sprechen. Sie haben sie auf der Straße angesprochen, es waren keine abgesprochenen Interviews. Das einzige abgesprochene Interview war mit diesem Paar, das anonym bleiben wollte. Schämen sich die Leute zuzugeben, dass sie Vox-Wähler sind? Ist es uncool, in der Ära nach Franco Positionen einzunehmen, bei denen man Migration oder Frauenrechte bekämpft?"

Vox-Anhänger fürchten Stigmatisierung

Valérie Gauriat:"Die Menschen in La Línea hatten Angst, stigmatisiert zu werden, da ganz Andalusien traditionell eine linke Hochburg ist. Und es ist überhaupt nicht gut angesehen, mit einer Partei wie Vox in Verbindung gebracht zu werden. Das hat man uns gesagt, die Vox-Anhänger, aber auch ihre Gegner. Und das Paar, das Sie erwähnten - der Mann ist ein Voxanhänger, die Frau aber nicht."

Sophie Claudet:"Sie ist nicht glücklich darüber."

Valérie Gauriat:"Sie hat ihren Mann aus ihrer Facebook-Freundesliste gelöscht."

Sophie Claudet:"Um ihn zu bestrafen, aber sie sind immer noch ein Paar."

Valérie Gauriat:"Um ihn zu bestrafen, aber auch, um zu demonstrieren, dass sie mit ihm bei Frauenthemen oder bei Fragen der Einwanderung nicht übereinstimmt. Das ist immer noch ein Tabu in vielen Teilen Andalusiens und in La Linea. Umso mehr, als viele Menschen in Gibraltar arbeiten und Vox die Grenze zu Gibraltar schließen will. Die Leute machen sich Sorgen, dass sie, sollten sie mit Vox in Verbindung gebracht werden, ihre Arbeit verlieren könnten."

Sophie Claudet:"__Danke, Valérie. Das war's für heute. Im nächsten Monat kommen wir mit einer weiteren Reportage aus unserer Serie "Insiders - Europa abseits der ausgetretenen Pfade" zurück. Danke fürs Zuschauen!"

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