Estland: Grünes Licht für umstrittenes Regierungsbündnis

**In Estland wird es nun doch keine erste Ministerpräsidentin geben. Auch der erwartete Machtwechsel entfällt. Stattdessen wird Jüri Ratas, der bisherige Ministerpräsident, weiter die Regierung führen.
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Der Vorsitzende der linksgerichteten Zentrumspartei erhielt am Mittwoch im Parlament in Tallinn mit 55 zu 44 Stimmen grünes Licht für sein umstrittenes Regierungsbündnis.
Er war am Dienstag von Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid mit der Regierungsbildung beauftragt worden, nachdem Kaja Kallas, die als Ministerpräsidentin nominierte Chefin der Reformpartei, keine mehrheitsfähige Koalition formen konnte.
Das Parlament hatte zuvor gegen die Ernennung der 41-Jährigen Siegerin der Parlamentswahl vom 3. März zur ersten Ministerpräsidentin des Baltenstaats im Nordosten Europas gestimmt.
Umstrittenes Bündnis mit den Rechtspopulisten
Gut sechs Wochen nach der Wahl steuert Estland damit auf eine Regierung zu, an der erstmals auch eine zuwanderungs- und EU-kritische Partei beteiligt sein wird.
Ratas stützt sich auf ein Bündnis seiner Zentrumspartei mit der rechtspopulistischen Estnischen Konservativen Volkspartei (EKRE) und der konservativen Partei Isamaa. Die drei Parteien, die auf eine Mehrheit von 56 der 101 Sitze im Parlament kommen, hatten bereits einen Koalitionsvertrag unterzeichnet.
Dies hatte für Kritik gesorgt und zu kleineren Protestkundgebungen in Tallinn und Tartu geführt.
Kaja Kallas Reformpartei wurde bei der Wahl am 3. März mit 34 von 101 Sitzen stärkste Kraft vor der Zentrumspartei. Ein Angebot der Reformpartei zu einer großen Koalition lehnte Ratas ab. Er wird voraussichtlich am 29. April seinen Amtseid leisten und die Regierung die Amtsgeschäfte aufnehmen.