Alles Wahlkampf? Kurz-Biografin Grohmann sieht sich "desavouiert"

Alles Wahlkampf? Kurz-Biografin Grohmann sieht sich "desavouiert"
Copyright Judith GrohmannLeistner, Alexandra
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Von Alexandra LeistnerKirsten Ripper
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Sie gibt an, mit 17 Jahren "Europas jüngste Investigativjournalistin" gewesen zu sein.

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Die Autorin der neuen Biografie von Sebastian Kurz, Judith Grohmann, hat zu Äußerungen über ihre angeblich "geschönte" Biografie Stellung genommen.

Gegenüber Euronews spricht die Journalistin von einem Versuch, ihr Buch und den Ex-Kanzler, der sich wieder im Wahlkampf befindet, abzuwerten. "Daraus resultiert auch der Versuch, meine wahre Biografie zu desavouieren."

In ihrem Lebenslauf gibt Grohmann an, mit 17 Jahren für Profil als Investigativ-Journalistin und Chefin vom Dienst gearbeitet zu haben.

Profil hat das als "geschönte Referenzen" bezeichnet. Sie sei zwar vorübergehend bei dem Nachrichtenmagazin beschäftigt gewesen, "mit Sicherheit aber nicht als Redakteurin, geschweige denn als Chefin vom Dienst".

Kritik bringt sie zum Schmunzeln

Die Kritiker ihres Buches sind Grohmann zufolge aus anderen politischen Lagern. Auf Twitter hatten sich nach Veröffentlichung der ersten Ausschnitte des Buches einige Nutzer unter dem Hashtag #50ShadesOfKurz über den blumigen Stil der Biografie lustig gemacht. "Man muss mit ihnen leben", so Grohmann. Der Hashtag sowie das Label "Groschenroman", wie einige Medien ihren Roman nannten, brächten sie zum Schmunzeln.

In Internetbewertungen schließt sich ein Rezensent Grohmanns Kritik an: Linke Medien hätten das Buch "bespöttelt und lächerlich gemacht". Von den fünf Kommentaren auf Amazon haben alle Leser fünf Sterne vergeben.

Grohmann empfiehlt ihr Buch jedem, "egal zu welcher Partei er sich zählt".

Im Werbetext der 304 Seiten Biografie zum Preis von 24,99 € heißt es: "Sebastian Kurz ist eine politische Ausnahmeerscheinung. Österreichischer Bundeskanzler mit gerade einmal 31 Jahren, charmant und redegewandt. »Wunderknabe« (FAZ), »Polit-Popstar« (Tagesanzeiger) bis hin zu »Trojanisches Pferd« (Le Monde) titelt die Presse. Und auch neben seinem Alter sorgt sein Koalitionspartner für Aufsehen: Um die österreichischen Regierungsgeschäfte übernehmen zu können, ging der junge Konservative ein Bündnis mit der Rechtspartei FPÖ ein. Judith Grohmann hat Sebastian Kurz über die Jahre als Journalistin intensiv begleitet. In dieser autorisierten Biografie beschreibt sie den Weg des Polit- Karrieristen an die Macht, analysiert seine Haltung gegenüber der FPÖ und beleuchtet seine Position innerhalb der EU und der Weltpolitik."

Interview - Die Autorin im Wortlaut

Hier können Sie im Wortlaut nachlesen, wie Judith Grohmann unsere Fragen beantwortet hat.

Euronews Schon auf die Veröffentlichung der Auszüge aus der Biografie gab es viele Reaktionen, die über den Stil des Buches spotteten. Was sagen Sie zu dieser Kritik? Und zu dem Hashtag #50ShadesOfKurz sowie dem Label "Groschenroman"?

Judith Grohmann Die meisten Reaktionen zum Buch seit Veröffentlichung sind durchwegs positiv. Die Kritiker kommen aus anderen politischen Lagern. Man muss mit ihnen leben. Der Hashtag #50ShadesOfKurz und das Label bringen – nicht nur mich – zum Schmunzeln.

Euronews Könnten Sie uns beschreiben, wie es dazu kam, dass Sie diese Biografie schrieben? Zu welchem Moment haben Sie zuerst mit Herrn Kurz gesprochen? Wann und mit wem wurde entschieden, das Buch die "offizielle" Biografie zu nennen?

JG Ich kenne Sebastian Kurz schon länger, habe ihn bei seiner Arbeit begleitet und auch interviewt. Die Idee zum Buchprojekt entstand vor drei Jahren. Der Verlag wollte das Buch heuer im Herbst ohne Kenntnis des erst später festgesetzten, unerwarteten Wahltermins auf den Markt bringen. Sebastian Kurz hat entschieden, dass es die offizielle Biografie sein soll. Daher habe ich auch einen Zugang zu seiner Familie, seinem engsten Mitarbeiterstab und seinen langjährigen Weggefährten erhalten.

Euronews Inwiefern würden Sie sagen, setzt sich Ihr Buch von den anderen beiden Biografien ab, die über Kurz geschrieben wurden?

JG Es war mir wichtig, einen internationalen Blick einzubringen, denn Sebastian Kurz war als Staatssekretär, als Außenminister und als Bundeskanzler, häufig auf Auslandsreisen. In dieser Biografie nehmen rund 40 Personen via Interviews und Zitaten persönlich Stellung zu Sebastian Kurz. Darunter befinden sich etwa Israels Premierminister Benjamin Netanyahu, der Deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn, der Fraktionsvorsitzende der EVP Manfred Weber, der Slowenische Ministerpräsident Marjan Šarec, die ehemalige Kroatische Außenministerin Vesna Pusić und der Präsident des EU-Rates Donald Tusk. Es sind auch Zitate von Karl-Heinz Brunner einem SPD-Politiker und von Omid Nouripour einem Politiker des Bündnis 90/Die Grünen, im Buch enthalten. Hinzu kommen mehrere Journalisten wie etwa Stefan Aust, Herausgeber Der Welt, Till Rüger von der ARD oder Stephan von Löwenstein von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie der Europa-Korrespondent der Financial Times, Tony Barber.

Euronews Wissen Sie, ob Herr Kurz Ihr Buch gelesen hat?

JG Sebastian Kurz hat das allererste Exemplar nach Druck erhalten, er war aber in die Erstellung des Buches eingebunden.

Euronews Ihre Beschreibungen im Buch lesen sich wie eine Unterstützungserklärung. Ist das gewollt?

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JG Finden Sie? Ich glaube, das interpretiert jeder Leser, wie er es möchte. Im Buch werden vor allem minutiös seine Höhen und Tiefen dargestellt. Ich darf gerne die

Frankfurter Allgemeine Zeitung zitieren: »Über weite Strecken ist das Buch eine mit Fleiß zusammengetragene Chronologie des politischen Handelns von Kurz, gespeist aus dem Archiv sowie einer Reihe von Interviews mit (durchaus auch kritischen) Beobachtern, Begleitern und auch auswärtigen Staatsmännern.«

Euronews Sie als Journalistin wollten Sie nicht auch über sein Schwächen schreiben?

JG Ich denke, wer sich die Mühe macht, das Buch in Ruhe zu Lesen, wird fündig werden.

Euronews Denken Sie, dass das Buch Herrn Kurz bei den vorgezogenen Neuwahlen mehr Zuspruch bringt?

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JG Es war nicht geplant, das Buch im Rahmen eines Wahlkampfes herauszubringen, sondern dieser Wahlkampf hat das Buch ereilt. Mir geht es um das Verständnis der Politiker-Persönlichkeit. Ich möchte mit dem Buch erreichen, dass man ein Bild eines jungen Ausnahmepolitikers namens Sebastian Kurz erhält und seine politischen Schritte besser versteht. Das Buch ist für jeden geeignet – egal zu welcher Partei er sich zählt.

Euronews Sie geben an, als Investigativ-Journalistin und CvD für Profil gearbeitet zu haben. Das Nachrichtenmagazin nennt diese Angaben "geschönt". Was sagen Sie dazu?

JG Es ist September und wir befinden uns in Österreich mitten in einem Wahlkampf. Sebastian Kurz ist der Spitzenkandidat der stärksten Partei. Offenbar versucht eine Gruppe auf diese Art und Weise das Buch und auch den in diesem Jahr abgewählten Ex-Bundeskanzler abzuwerten. Daraus resultiert auch der Versuch, meine wahre Biografie zu desavouieren.

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