Nordirland: Gesetze zur Abtreibung und gleichgeschlechtlichen Ehe ändern sich um Mitternacht

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Historischer Moment in Nordirland: Wegen des Stillstands der Regierung ist nun möglich, dass die Gesetze zur Abtreibung und gleichgeschlechtlichen Ehe reformiert werden.

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Bislang gilt in Nordirland ein strenges Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen und Abtreibungen.

Einzige Ausnahme bei Abtreibungen: Wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Damit war die Region die einzige innerhalb des Vereinigten Königreichs, die diesbezüglich derart strenge Gesetze hatte. Das Abtreibungsgesetz stammt beispielsweise noch aus dem 19. Jahrhundert - eine Abtreibung gilt somit als eine schwere Straftat.

Strenges Abtreibungsgesetz verstößt gegen Menschrechte

Doch nun stehen wesentliche Änderungen an. Das Oberste Gericht in Belfast urteilte, dass das strenge Abtreibungsgesetz Nordirlands gegen die britischen Menschenrechtsverpflichtungen verstößt. Nordirland als Teil des Vereinigten Königreich müsse sich an die gleichen Menschenrechtsabkommen halten wie die anderen Mitglieder.

Die Ausnahme war bislang möglich, weil die nordirische Regionalversammlung nach einem Gesetz von 1998 die volle Gesetzgebungskontrolle über Gesundheits- und Strafjustiz behält. Belfast ist nicht verpflichtet, die vom britischen Parlament verabschiedeten Gesetze zur Legalisierung der Abtreibung und der gleichgeschlechtlichen Ehe zu übernehmen.

Nordirland: Regierung seit 2 Jahren nicht handlungsfähig

Doch Nordirland hat seit März 2017 keine handlungsfähige Regierung - dieses nahmen die Parlamentarier in London zum Anlass, im Rest des Königreichs geltenden Gesetze bezüglich der Abtreibung und gleichgeschlechtlichen Ehe auf Nordirland auszuweiten, wenn das Land es nicht schafft, bis zum 21. Oktober eine Regierung zu bilden.

"2014, als ich abtreiben musste und nicht durfte, habe ich geschworen, dass ich meine Stimme für das Recht auf Abtreibung geben würde - allein, dass ich das geschafft habe, ist unglaublich", erklärte Ashleigh Topley, die die Klage gegen das Gesetz unterstützt hatte.

"Es wird meine Erfahrung niemals ungeschehen machen, aber jetzt hat der Schmerz endlich einen Sinn bekommen. Denn ich weiß, dass niemand das durchmachen muss, was ich hinter mir habe", so Topley, die nach viereinhalb monatiger Schwangerschaft erfahren musste, dass ihr Kind nicht überleben würde. Dennoch war sie gezwungen, das Kind auszutragen - nach 35 Wochen Schwangerschaft gebar sie eine Tochter, die wenig später verstarb.

Konservative der Protestanten als auch der Katholiken haben sich wiederholt gegen die Änderung des Abtreibungsrechts ausgesprochen. Aber der Druck, die Gesetze aus der viktorianischen Ära zu ändern, nahm in den letzten Jahren zu - besonders nachdem die katholische Republik Irland im vergangenen Jahr in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit für die Aufhebung eines ähnlich restriktiven Verbots gestimmt hatte.

Bis März 2020 sollen nun die Beratungen darüber geführt werden, wie die "entkriminalisierte" Abtreibung aussehen soll und welche Dienstleistungen angeboten werden können.

"Das ist ein schlechtes Gesetz, das durch einen schlechten Prozess umgesetzt wird. Das wird schlechte Folgen für Frauen und Kinder haben", erklärt Dawn McAvoy der Anti-Abtreibungsorganisation "Both Lives Matter".

Auch die Sicht auf die gleichgeschlechtliche Ehe hat sich in der öffentlichen Meinung geändert. Doch die konservative Demokratische Unionistische Partei (DUP) hat bislang alle Versuche ihrer Legalisierung blockiert. Immer wieder legte sie ihr spezielles Veto ein, das eigentlich dazu dienen soll, Fällen von Diskriminierung zwischen katholischer und protestantischer Gemeinde vorzubeugen.

In einem Versuch, die Reformen doch noch zu stoppen, kehren erstmals seit fast drei Jahren einige Parlamentarier nach Stormont, den Parlamentskomplex in Belfast, zurück. Dort starteten sie eine Petition, um doch noch einen Widerruf zu erreichen. Doch die Chancen, das zu schaffen, dürften gering sein.

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